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       # taz.de -- Kommentar Ägypten: Welcher Militärputsch?
       
       > In Ägypten hat die Armee bereits den zweiten Präsidenten verjagt. Sie hat
       > nie aufgehört, zu regieren. Trotzdem muss das Militär nun die
       > Muslimbrüder mit einbeziehen.
       
   IMG Bild: Knarre in der Hand, Präsident weg: ägyptische Soldaten in Kairo.
       
       Jubel brach aus auf dem Tahrir-Platz als die ägyptische Armee verkündete,
       Mohammed Mursi sei nicht länger im Amt. Zum zweiten Mal innerhalb von
       zweieinhalb Jahren wurde ein Präsident aus dem Amt gefegt. Und jedes Mal
       waren es nicht in erster Linie die Demonstranten, die das geschafft haben,
       sondern es war die Armee.
       
       Hochrangige Generäle distanzierten sich von Hosni Mubarak und zwangen ihn
       so zum Rücktritt. Die Militärs waren es auch, die den Aufstieg der
       Muslimbrüder bis in höchste Regierungsämter zuließen. Und sie sind es
       jetzt, die die Islamisten wieder stürzen.
       
       Die Muslimbruderschaft spricht verbittert von einem Militärputsch. Doch
       welcher Putsch? Die Armee regiert seit über 30 Jahren. Ihr scheint es
       relativ gleichgültig, wer unter ihr die Regierungsgeschäfte führt - solange
       ihre Machtposition und ihre wirtschaftliche Interessen unberührt bleiben.
       Mursis Regentschaft und der Aufstand gegen ihn aber gefährden die
       Interessen der Armee. Deshalb greift sie nun ein.
       
       Für die Opposition ist der Niedergang der „Brüder" also ein Pyrrhussieg.
       Ja, Mursi ist abgesetzt und steht unter Hausarrest. Aber die Militärs sind
       die falschen Freunde. Sie sind keine Demokraten und sie sind ganz bestimmt
       nicht an einer demokratischen Entwicklung interessiert. Jetzt hat es Mursi
       getroffen, das nächste Mal trifft es vielleicht einen Präsidenten, der der
       Opposition gefällt.
       
       ## Demokratische Legitimation
       
       Die Absetzung von demokratisch gewählten Islamisten ist zudem eine
       hochgefährliche Angelegenheit. Sie könnte das ganze Land ins Chaos stürzen.
       Mursi ist zwar nicht der Präsident aller Ägypter geworden und hat
       knallharte Interessenpolitik betrieben ohne der säkularen Opposition die
       Hand zu reichen. Aber es ist durchaus verständlich, dass die Bruderschaft
       darauf beharrt, demokratisch legitimiert zu sein.
       
       Mursi ist eben nicht Mubarak. Er wurde gewählt in einigermaßen freien und
       fairen Wahlen. Seine Stärke ist die Schwäche der Opposition gewesen. Die
       schaffte es nicht, sich hinter einem Kandidaten zu versammeln. Was
       passieren kann, wenn demokratisch gewählte Islamisten gestürzt werden,
       zeigt das algerische Beispiel. Es folgten grauenhafte, blutige Jahre. Das
       Land hat sich bis heute nicht davon erholt.
       
       Eine politische Lösung muss daher auch die Muslimbrüder einbeziehen. Sie
       abzusetzen reicht nicht. Doch ein Kompromiss ist derzeit nicht mehr sehr
       wahrscheinlich. Die Armee hat die protestierenden Mursi-Anhänger bereits
       mit Panzern eingekreist. Sowohl der Armeechef als auch der Präsident haben
       geschworen, Ägypten mit ihrem Leben zu verteidigen. Sie bereiten die
       Bevölkerung auf die kommende Gewalt vor.
       
       4 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Silke Mertins
       
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