URI: 
       # taz.de -- Innere Sicherheit: Spionageabwehr light gegen die USA
       
       > Der Verfassungsschutz prüft Vorwürfe gegen US-Geheimdienste. Aber erst,
       > wenn konkrete Hinweise von außen kommen.
       
   IMG Bild: Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen (li.) und sein Minister Hans-Peter Friedrich (CSU).
       
       BERLIN taz | Spähen US-Geheimdienste systematisch den Telefon- und
       E-Mail-Verkehr von Bundesbürgern aus? Solchen Vorwürfen will nun auch das
       Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) nachgehen. Die Spionageabwehr des
       Amtes schütze auch gegenüber Nato- und EU-Verbündeten, erläuterte am
       Mittwoch BfV-Präsident Hans-Georg Maaßen, allerdings greife man gegenüber
       Partnern erst ein, wenn es konkrete Hinweise, zum Beispiel Presseberichte,
       gebe.
       
       Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kündigte an, dass nächste
       Woche eine deutsche Regierungsdelegation „auf Unterabteilungsleiterebene“
       nach Washington reisen werde, um mehr über die Praktiken der US-Dienste zu
       erfahren. Außerdem arbeite Deutschland mit fünf anderen Staaten in einer
       EU-Arbeitsgruppe zusammen, um Fakten zu sammeln.
       
       Friedrich betonte, es gebe bisher keine konkreten Erkenntnisse, dass
       US-Dienste Internet-Knotenpunkte auf deutschem Boden angezapft hätten. Auch
       Lauschangriffe auf deutsche Botschaften oder gar die Bundesregierung seien
       bisher nicht bekannt.
       
       „Das wäre auch ungeheuerlich“, sagte Friedrich. Whistleblower Ed Snowden
       hatte von der Verwanzung von EU-Einrichtungen in den USA berichtet.
       
       Kein besonderes Problem sieht Friedrich jedoch, wenn US-Dienste den
       internationalen Telefon- und Internetverkehr von und in die USA
       überwachten. „So etwas machen alle Geheimdienste, auch der BND.“
       
       Eigentlich wollten Friedrich und Maaßen am Mittwoch die Ergebnisse der
       Verfassungsschutz-Reform präsentieren, die im letzten September eingeleitet
       wurde. Beide vermieden, die Reform als Reaktion auf das NSU-Desaster der
       deutschen Sicherheitsbehörden darzustellen.
       
       ## Neue Regelungen für Akten
       
       „In jeder Behörde ist nach einigen Jahren Reformbedarf erkennbar“, erklärte
       Friedrich lapidar. Maaßen sagte, das Bundesamt sei im NSU-Skandal nur wegen
       seiner Vernichtung von NSU-Akten „ins Rampenlicht getreten“. Als Konsequenz
       wurden jetzt die Regelungen zur Aufbewahrung von Akten präzisiert.
       
       Das Bundesamt werde weiter mit V-Leuten zusammenarbeiten, die dem Amt gegen
       Geld aus ihrer extremistischen Szene berichten. Die Einschleusung von
       Beamten als verdeckte Ermittler oder Undercover-Agenten sei keine
       Alternative, sagte Friedrich. Schon „aus Fürsorgegründen“ sei es nicht
       möglich, Beamte über Jahre in rechten oder islamistischen Kreisen zu
       platzieren.
       
       Bundesweit einheitliche V-Leute-Standards regeln jetzt, dass niemand
       Spitzel werden kann, der bereits schwere Straftaten begangen hat.
       Spitzelprämien soll es nur für „wertige Informationen“ geben, die Prämien
       sollen auch nicht so hoch sein, dass man davon leben kann.
       
       ## Bundesweites Register
       
       Alle fünf Jahre sollen die Spitzel einen neuen V-Mann-Führer in der Behörde
       erhalten. Um zu verhindern, dass sich V-Leute von Bund und Ländern
       gegenseitig bespitzeln oder ihre Informationen mehrfach verkaufen, soll bis
       Jahresende ein bundesweites V-Leute-Register eingerichtet werden. Dort soll
       nachzulesen sein, welches Amt in welcher Szene in welcher Region wie viele
       V-Leute mit welcher Qualifikation zur Verfügung hat.
       
       „Auf dieser Grundlage sprechen wir dann mit dem jeweiligen Landesamt über
       die Details“, sagte Maaßen. Das Register soll nicht die Namen der V-Leute
       enthalten.
       
       Generell soll sich der Verfassungsschutz im Bund künftig auf
       „gewaltorientierte Bestrebungen“ konzentrieren. Außerdem soll künftig mehr
       auf konkrete Personen geachtet werden. Seit 1. Juli gibt es im Bundesamt
       eine „Querdenker-Gruppe“, die direkt Maaßen untersteht. Sie soll die
       Ergebnisse der Fachabteilungen künftig kritisch überprüfen.
       
       3 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
       ## TAGS
       
   DIR Geheimdienst
   DIR Verfassungsschutz
   DIR Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
   DIR BND
   DIR Hans-Peter Friedrich
   DIR Abhörskandal
   DIR NSA
   DIR USA
   DIR USA
   DIR NSA
   DIR NSA
   DIR USA
   DIR V-Leute
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Anwaltverein übt Kritik wegen NSA: Angela Merkel muss uns schützen
       
       Der Präsident des Deutschen Anwaltvereins ist unzufrieden. Die Regierung
       könne wegen der NSA-Spitzeleien auch den UN-Menschenrechtsausschuss
       anrufen.
       
   DIR USA registrieren Briefverkehr: Mal eben den Empfänger scannen
       
       Laut „New York Times“ scannen die US-Behörden alle Postsendungen im Land –
       und gewinnen unendlich viele Daten. Wie lange sie sie speichern, ist offen.
       
   DIR Kommentar Verweigerung Überflugrecht: Willfährige Hampelmänner
       
       Der Irrflug der bolivianischen Präsidentenmaschine ist ein unglaublicher
       Vorgang. Die Affäre Snowden insgesamt zeigt auf peinliche Weise die
       Unfähigkeit der EU.
       
   DIR Der NSA-Skandal und die Folgen: Aufreger Wirtschaftsspionage
       
       Der Verfassungsschutz warnt schon lange, dass sich Firmen zu wenig vor
       Industriespionage schützen. Die USA hatte man dabei bisher nicht im Blick.
       
   DIR NSA-Abhörskandal und der BND: Opposition verlangt Antworten
       
       Die SPD bezweifelt, dass die Regierung im Fall der NSA-Spitzeleien
       ahnungslos war. Und beruft das Parlamentarische Kontrollgremium ein.
       
   DIR NSA bespitzelt Deutschland: Anlasslose Überwachung
       
       Warum es nicht egal ist, dass der US-Geheimdienst NSA und andere Behörden
       so viele Informationen sammeln. Eine Handreichung.
       
   DIR Honorare für rechte V-Leute: 20.000 Mark für den „Tacho“
       
       Rechte V-Leute des Verfassungsschutzes kassierten ab Mitte der 90er hohe
       Summen. Nach Beginn der NSU-Ermittlungen 2011 wurden deren Akten
       vernichtet.