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       # taz.de -- US-Fernsehköchin Paula Deen: Rassismus verkauft sich
       
       > Paula Deen kochte erfolgreich im US-Fernsehen – bis herauskam, dass sie
       > eine Angestellte als „Nigger“ bezeichnet haben soll. Die Fans bleiben ihr
       > treu.
       
   IMG Bild: Wird ihr Wohlfühlessen jetzt selber brauchen: Paula Deen
       
       BERLIN taz | Ihr Marken-Gericht ist ein [1][Hamburger zwischen zwei
       Donuts]. Fett auf Fett zwischen Fett. Gern noch garniert mit einem
       Spiegelei und einer Scheibe Speck. Mit dieser gehaltvollen Südstaaten-Küche
       hat es Paula Deen in den USA von einem Catering-Unternehmen in die
       Kochbuch-Bestseller-Listen und die Studio-Küchen der großen Fernsehsender
       geschafft. Jeder kennt die „Butter-Königin“ in den USA, die selbst gern zu
       ihrem „Comfort Food“, ihrem Wohlfühlessen, greift und vor einigen Jahren
       mit einer Diabetes-Beichte wohl nur wenige überraschen konnte.
       
       Doch nun kommt es von anderer Seite ganz dick für die 66-Jährige: In einem
       Prozess vor einem Gericht in Savannah im US-Bundesstaat Georgia gab die
       Südstaaten-Lady zu Protokoll, eine ihrer ehemaligen Mitarbeiterinnen als
       „Nigger“ bezeichnet zu haben.
       
       Lisa T. Jackson, die die Klage eingereicht hat, wirft dem Star und ihrem
       Bruder Rassimus und sexuelle Belästigung vor. [2][Im Protokoll von Deens
       Befragung] heißt es: „'Haben Sie jemals das N-Wort benutzt?' Deen: 'Ja,
       natürlich.'“ Im weiteren Verlauf sagt Deen aus, sie habe es benutzt, als
       ein afro-amerikanischer Mann eine Bank überfallen und ihr eine Waffe an den
       Kopf gehalten hätte. An andere spezifische Situationen – auch in
       Zusammenhang mit ihrer Mitarbeiter – könne sie sich nicht erinnern. Zum
       Vorwurf, dass ihr Bruder das Wort regelmäßig in einem von Deens Restaurants
       gebraucht haben soll, äußert sich Deen nicht.
       
       Deens Zeugenaussage ist vom 17. Mai, wurde aber erst Ende Juni publik. Die
       US-Medien stürzen sich auf den Fall: Die weiße, reich Frau, die in den
       Südstaaten aufwuchs als Afro-Amerikaner dort noch im hinteren Teil
       öffentlicher Busse sitzen mussten, ist eine Rassistin. Von der [3][New York
       Times] bis zum Klatschblatt [4][People] wird nicht nur Deens Vergangenheit
       auf der Suche nach weiteren rassistischen Ausfällen durchleuchtet, sondern
       auch die Frage gestellt, ob ihr Verhalten ein Einzelfall ist.
       
       ## Hochzeit im „Plantagen-Stil“
       
       Denn auch 49 Jahre nach der formalen Aufhebung der Rassentrennung in den
       USA durch den „Civil Rights Act“ und den „Voting Rights Act“ ist die Frage
       nach einer wirklich gleichberechtigten Gesellschaft aller Bürger nach wie
       vor eine unbeantwortete.
       
       Eine Zerrissenheit, die am Fall Paula Deen deutlich wird: Nach
       Bekanntwerden des Skandals und weiterer Vorwürfen – etwa Deen habe sich für
       ihren Bruder eine Hochzeit im „Plantagen-Stil“ gewünscht mit
       afro-amerikanischen Kellnern in weißer Kleidung – verliert Deen innerhalb
       weniger Tage diverse Werbedeals und Engagements. Nicht nur hat sich das
       [5][Food Network] von seiner Star-Moderatorin getrennt, auch Supermärkte
       und Kaufhausketten von Walmart bis J.C. Penny gaben bekannt, die Produkte
       von Deen aus den Regalen zu nehmen.
       
       Daran ändert auch ihr tränenreiches [6][Interview beim US-Sender NBC]
       vergangenen Mittwoch nichts, in dem sie beteuert, keine Rassistin zu sein.
       Sie sagt aber auch: „Ich bin, was ich bin und ich werde mich nicht ändern.“
       Die Werbepartner jedoch haben mit diesem Selbstbild der Millionärin ein
       Problem und wenden sich von ihr ab. Home Depot stoppte den Verkauf der
       Töpfe und Pfannen und die Kaufhauskette Target startet ebenfalls den
       Ausverkauf, wie ein Sprecher dem Sender ABC sagte: „Wir haben die
       Entscheidung getroffen, in unseren Läden und auf target.com unsere Produkte
       von Paula Deen auslaufen zu lassen. Wenn sie ausverkauft sind, werden wir
       den Bestand nicht auffüllen.“
       
       Ein herber Fall vom Butter-Thron für die Multi-Millionärin Deen, die auf
       der [7][Liste von Forbes der bestbezahltesten Köche] auf Rang 4 geführt
       wird. Finanziell wird sich die 66-Jährige zunächst nicht sorgen müssen, 17
       Millionen Dollar soll sie allein 2012 eingenommen haben.
       
       ## Kreuzfahrt mit Paula
       
       Und auch die Fans scheinen sich ob der rassistischen Ausfälle nicht von
       Deen abzuwenden und halten nichts von dem nun gezeichneten Bild einer tief
       in Südstaaten-Klischees festgefahrenen Frau. Der Reiseveranstalter „Alice
       Travel“, der [8][Kreuzfahrten mit Deen] im Programm hat, kündigte an,
       aufgrund der großen Nachfrage im kommenden Jahr zwei statt einer Reisen mit
       der Köchin anzubieten. „Leute rufen an und sagen, dass sie sie unterstützen
       wollen“, sagt Phyllis Loverdi von der Agentur ABC News.
       
       Auf der amerikanischen Amazon-Seite führen zwei der insgesamt 14
       Veröffentlichungen von Deen die Bestseller-Liste bei den Kochbüchern an.
       „Paula Deen's Southern Cooking Bible“ bietet „teuflische Eier“, „Savannah
       Shrimp Dip“ und andere Südstaaten-Bomben für unter 20 Dollar an. Für Deens
       Fans ist der Kauf auch ein Zeichen. „Normalerweise kaufe ich nichts, um ein
       politisches Statement zu machen, aber dieses Mal habe ich es getan“,
       schreibt Sher. Und Robert A. Brewer nennt Deen „eine Sünderin und eine Lady
       … und alles andere als eine Rassistin.“
       
       Sehnlichst erwartet bei den Amazon-Vorbestellungen wird außerdem Deen's
       neues Kochbuch „Paula Deen's New Testament: 250 Favorite Recipes, All
       Lightened Up“, das eigentlich im Oktober erscheinen sollte. Dumm nur:
       Random House hat den Deal platzen lassen und wird das Buch nicht
       veröffentlichen.
       
       2 Jul 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.youtube.com/watch?v=MMRHGW_K-M8
   DIR [2] http://edition.cnn.com/interactive/2013/06/entertainment/deen-deposition/
   DIR [3] http://www.nytimes.com
   DIR [4] http://www.people.com
   DIR [5] http://www.foodnetwork.com/
   DIR [6] http://www.today.com/news/paula-deen-i-would-not-have-fired-me-6C10454147
   DIR [7] http://www.forbes.com/sites/dorothypomerantz/2012/07/18/gordon-ramsay-tops-our-list-of-the-highest-earning-chefs/
   DIR [8] http://www.pauladeencruise.com/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rieke Havertz
       
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       gegangen.