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       # taz.de -- Polizeieinsatz in Berlin: Elektroschocks bringen nichts
       
       > Nach dem tödlichen Schuss am Neptunbrunnen bringt Innensenator Henkel den
       > Einsatz von Tasern ins Spiel. Der Koalitionspartner lehnt das ab.
       
   IMG Bild: Schockierendes Gerät: Ein Taser.
       
       BERLIN taz | Nach dem tödlichen Polizeieinsatz am Neptunbrunnen am
       vergangenen Freitag steht die CDU im Abgeordnetenhaus mit der Forderung
       nach dem Einsatz von Tasern durch Polizisten allein da. „Ich habe große
       Zweifel am Taser“, sagte Thomas Kleineidam, innenpolitischer Sprecher der
       SPD-Fraktion, der taz.
       
       Es gebe „genug Situationen und Fälle, wo er tödlich gewirkt hat“. Er könne
       sich „schwer vorstellen, dass es ein alltagstauglicher Gegenstand für
       Streifenbeamte wird“. Auch Linke, Piraten und Grüne lehnen die
       Elektroschockpistole ab. Damit steht der Vorstoß von Innensenator Frank
       Henkel (CDU) auf der Kippe.
       
       Am Freitag hatte ein Polizist einen offenbar verwirrten Mann erschossen.
       Der 31-Jährige hatte vor dem Roten Rathaus seine Kleidung ausgezogen, war
       in den Neptunbrunnen gestiegen und sich mit einem Messer in Hals und Arme
       gestochen. Ein Polizist stieg in den Brunnen, um den Mann davon abzuhalten.
       Dieser ging mit dem Messer auf den Polizisten zu. Kurz bevor er ihn
       erreichte, schoss der Beamte ihm in den Oberkörper.
       
       Frank Henkel sagte der B.Z., der Taser sei „trotz Risiken ein
       vergleichsweise mildes Mittel“. Er habe sich schon früher in der Opposition
       für den Taser ausgesprochen und halte daran fest. „Aus meiner Sicht wäre es
       durchaus ratsam, darüber erneut zu diskutieren. Allerdings ist völlig
       unklar, ob es dafür eine politische Mehrheit gäbe.“
       
       In Berlin verfügt derzeit nur das Sondereinsatzkommando (SEK) über Taser.
       Ein Taser ist so groß wie eine Pistole, das Gerät schießt Drähte mit
       Spitzen ab, die die Kleidung durchdringen sollen. Über die Drähte werden
       dann Elektroschocks übertragen, die sehr schmerzhaft sind und die
       getroffene Person bewegungsunfähig machen sollen. Langzeitschäden sind
       selten.
       
       ## Tödliche Taser-Einsätze
       
       Aber nicht jeder Taser-Einsatz hat das gewünschte Ergebnis. Im Februar 2005
       hatte ein 28-Jähriger in seiner Wohnung damit gedroht, sich das Leben zu
       nehmen. Er hielt sich eine Waffe an den Kopf. Ein SEK-Beamter traf ihn mit
       einem Taser-Schuss, doch ohne Erfolg: Der Mann lief anschließend auf den
       Balkon und stürzte sich aus dem neunten Stock in die Tiefe – und starb.
       
       Die Situation im Neptunbrunnen ist für Hakan Tas, innenpolitischer Sprecher
       der Linken, kein Anlass für die Debatte über die flächendeckende
       Ausstattung der Polizei mit Tasern. „Die Frage ist, ob am Freitag von der
       Dienstwaffe überhaupt Gebrauch gemacht werden musste oder ob sich die
       Situation nicht auch anders hätte klären lassen. Das müssen wir im
       Innenausschuss besprechen.“ Es gehe auch darum, ob Polizisten ausreichend
       geschult seien, mit solchen Situationen umzugehen. „Taser lehnen wir
       jedenfalls ab. Elektroschocker können zu erheblichen Verletzungen führen“,
       so Tas.
       
       Auch Christopher Lauer, innenpolitischer Sprecher der Piraten, lehnt Taser
       ab. „Ein Polizist weiß ja nicht, ob die Person gerade herzkrank ist, einen
       Schrittmacher hat oder sonst eine Erkrankung, die dazu führt, dass der
       Taser-Einsatz tödlich ist.“ Das Gerät verführe dazu, es häufig einzusetzen,
       weil es vermeintlich keine Schäden verursache. Lauer: „Eigentlich müsste
       man dahin kommen, dass die Polizei so geschult wird, dass man in solchen
       Situationen keine Waffe einsetzen muss.“
       
       Dirk Behrendt, rechtspolitischer Sprecher der Grünen, hatte der taz zuvor
       gesagt: „Das Blut ist noch nicht aus dem Brunnen, da holt Henkel schon
       seine ganzen alten Sicherheitsforderungen aus der Schublade.“
       
       1 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sebastian Heiser
       
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