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       # taz.de -- Die Wahrheit: Hütchenspiel für Banken
       
       > Die Empörung über die irischen Banker ist groß. Dabei haben korrupte
       > Politiker jahrelang ihre Komplizen in der Finanzindustrie geschützt.
       
   IMG Bild: Das Zentrum der Macht: der EZB-Neubau in Frankfurt.
       
       Jetzt haben sie den Salat. Irlands Regierung muss einen gigantischen
       Flohmarkt organisieren, um Geld für die Anteilseigner irischer Banken
       aufzutreiben. Wie die Webseite PornCrabCombo erfahren hat, sollen in den
       Ferien auf dem Platz vor dem Dubliner Parlament Leinster House Stände
       aufgebaut werden, an denen allerlei Waren und Dienstleistungen angeboten
       werden. Gesundheitsminister James Reilly soll Organspenden entgegennehmen
       und für fünf Euro den Blutdruck messen. Kunden, die wegen stark erhöhtem
       Blutdruck kurz vor einem Schlaganfall stehen, kann Reilly beruhigen, denn
       der Minister ist es gewohnt, Probleme im Gesundheitsbereich
       herunterzuspielen.
       
       Transportminister Leo Varadkar soll den Verkehr vor dem Parlament regeln,
       denn der Andrang wird groß sein. Justizminister Alan Shatter kommt am
       Alkoholstand zum Einsatz. Zu jedem Schnaps gibt es ein von Reilly
       ausgestelltes Asthmaattest für den Nachhauseweg. Shatter kam nämlich
       neulich bei einer Verkehrskontrolle um den Alkoholtest herum: Er sei
       Asthmatiker und könne nicht ins Röhrchen blasen, hatte er den Beamten
       weisgemacht. Kunstminister Jimmy Deenihan verkauft selbstgestrickte
       Topflappen, während Sozialministerin Joan Burton Buttergutscheine verlost.
       
       Der Chef hingegen, Premierminister Enda Kenny, betätigt sich als
       Hütchenspieler, denn es gehört zu seinen Spezialitäten, die Leute hinters
       Licht zu führen. Seine Empörung über die Chefs der Pleitebank Anglo Irish,
       die sich in Telefongesprächen über die staatliche Bankenaufsicht und die
       Politiker lustig gemacht hatten, wirkte fast echt. Dabei hatten die
       Bankiers allen Grund für Lästereien.
       
       Schließlich haben korrupte Politiker jahrzehntelang die kriminellen
       Aktivitäten der Banken und der Bauwirtschaft nicht nur geduldet, sondern
       mit Gesetzen gefördert und gedeckt. Die berechtigte Verachtung für diese
       Baggage klingt in jedem Satz der aufgenommenen Telefongespräche zwischen
       den beiden Spitzenmanagern der Anglo Irish Bank mit. Die Veröffentlichung
       dieser Aufzeichnungen ist allerdings ein Geschenk des Himmels für die
       Regierung: Sie steht nun als Opfer da, die Bankiers haben den schwarzen
       Peter. Bestraft werden sie aber nicht, denn das würde jede Menge Dreck
       aufwühlen.
       
       Die Wähler sind selbst schuld. Sie wählen den Politiker, der sich am
       meisten bereichert, aber ein paar Krümel für den Wahlkreis übrig lässt. Die
       Renovierung des lokalen Schwimmbads bringt genug Stimmen, um den Politiker
       ins Parlament zu hieven, wo er Steuergelder plündert und Pakete mit kleinen
       Geschenken in seinen Wahlkreis schickt, um seine Wiederwahl zu sichern. Die
       Liste der Beispiele ist lang, und sie beginnt schon kurz nach der
       Staatsgründung vor knapp hundert Jahren. So herrscht auf der Grünen Insel
       schönste Harmonie: Politisch ignorantes Stimmvieh wählt korrupte Politiker,
       die ihren schützenden Mantel über ihre Komplizen in der Finanzindustrie
       breiten. Und das geprellte Volk geht zum Flohmarkt vor dem Parlament, um
       der Bande aus der Patsche zu helfen.
       
       30 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
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