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       # taz.de -- Kolumne die Liebeserklärung: Filibuster
       
       > Niemand liebt den Langredner – schon gar nicht in Parlamenten. Falsch, es
       > müsste mehr von ihnen geben.
       
   IMG Bild: Urdemokratisches Spektakel: Die Abgeordnete Wendy Davis filibustert im texanischen Oberhaus das Abtreibungsgesetz.
       
       Die Ursache der Langeweile heißt § 35. Dort regelt die Geschäftsordnung des
       Bundestages, wie lange Abgeordnete reden dürfen. Das papierne Stück
       Bürokratie verhindert, dass es zu urdemokratischen Spektakeln kommt wie
       gerade im texanischen Oberhaus, wo die Abgeordnete Wendy Davis das geplante
       [1][Abtreibungsgesetz filibusterte], das heißt elf Stunden lang
       dauerzerredete. Seitdem liebt – dank Twitter und Facebook – die halbe Welt
       die 50-Jährige.
       
       Kann man jemanden für langes Reden lieben? Im Bundestag jedenfalls nicht.
       Dort dürfen Abgeordnete in der Regel nur 15 Minuten ans Mikro. Einem vom
       Volk mit Erststimme mandatierten MdB das Wort abzuschneiden, ist ein Unding
       – und ein Aufmerksamkeitsblockierer. Aber man stelle sich einen Filibuster
       im Bundestag vor. Die Zuschauerreihen wären voll, alle würden miterleben
       wollen, wie ein MdB so verrückt/eloquent/prinzipientreu sein kann, im Stile
       des römischen Senators Cato Gesetze zu verzögern.
       
       Es gibt genug Momente in der deutschen Geschichte, denen ein Filibuster
       gutgetan hätte. Zur Wiedervereinigung etwa wurden waggonweise
       Gesetzesvorlagen in Volkskammer und Bundestag gekarrt. Die Volksvertreter
       schimpften – und nickten ab. Nein, verhindern können hätte damals kein
       Abgeordneter den Beschluss. Aber präzisieren und bewusst machen.
       
       Niemand muss sich einbilden, ein Marathon redender Abgeordneter wolle immer
       das Beste. Dafür gibt es genug Gegenbeispiele. Aber für das 21. Jahrhundert
       ist der Filibuster wie geschaffen. Denn mit Wendy Davis hat die Welt sich
       in eine ihrer ältesten und langweiligsten Institutionen neu verliebt: das
       Parlament.
       
       28 Jun 2013
       
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