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       # taz.de -- Macht im Netz: Gott ist ein Admin
       
       > Wozu Hacker? Edward Snowden hatte Zugang zur Wurzel, zu allen Daten. Er
       > hat die USA und den mächtigsten Geheimdienst der Welt blamiert.
       
   IMG Bild: Der Admin muss nicht durch irgendeine Tür ins Innere gelangen. Er ist längst drin.
       
       BERLIN taz | Eines der größten Missverständnisse des IT-Zeitalters sind
       Hacker. Erboste Politiker oder geschädigte Manager adeln sie als
       Cyber-Terroristen. In Filmen werden sie als coole Anarcho-Cyberpunks
       porträtiert und bisweilen kichert die Öffentlichkeit verschämt-erfreut,
       wenn ein paar Nerd-Kids zur Selbstjustiz greifen und Firmen oder Staaten
       (Sony, Nordkorea) attackieren, die es irgendwie verdient haben.
       
       Weil die meisten Menschen keine Ahnung haben, wie Computer und Internet
       genau funktionieren, umweht den Hacker der Hauch von Übernatürlichem. Die
       Macht von Hackern wird notorisch überschätzt.
       
       Gott ist kein Hacker. Gott ist ein Administrator. Es gibt sie wirklich, die
       im Verborgenen sitzenden Menschen mit geradezu schwindelerregender Macht.
       Edward Snowden war einer von ihnen.
       
       Der Mann hat der Welt erzählt, wie absolut und totalitär Geheimdienste
       jeden Menschen auf diesem Planeten, der nicht freiwillig den ganzen Tag
       nackt in einer Höhle sitzt und sich von Insekten ernährt, überwachen
       können. Er hat das Innerste eines Geheimdienstes samt sensibelster Daten
       nach außen getragen. Davon träumt jeder der politisch motivierten
       Cyberpunks aus Gruppen wie Anonymous.
       
       ## Farbbeutel im Netz
       
       ## 
       
       Gelungen ist es keinem Hacker. Weil sie es offensichtlich nicht konnten.
       Dafür brauchte es einen Admin. Politische Web-Guerilleros legen zwar böse
       Webseiten lahm, indem sie sie mit Datenmüll überhäufen, oder sie knacken
       E-Mail-Accounts von Tröten wie Sarah Palin, weil einem Yahoo das Passwort
       verrät, wenn man das Geburtsdatum kennt. Das erschüttert aber kein System
       in den Grundfesten. Hacker werfen, verglichen mit Snowdens medialem
       Bombenanschlag, Farbbeutel im Netz.
       
       Administratoren sind eigentlich die, die man kontaktiert, wenn der Rechner
       nicht geht oder das E-Mail-Programm spinnt (auch wenn Snowden dafür nicht
       zuständig war). Sie installieren Computersysteme in Firmen und halten es am
       Laufen.
       
       Der Admin hat Root-Access, Zugang zur Wurzel, zu allen Daten. Er legt fest,
       wer auf was zugreifen kann – und muss dafür selbst Zugang zu allem haben.
       Zugleich sind Admins normalerweise die, die im System sitzen, wenn Hacker
       von außen angreifen. Wobei hier klargestellt werden muss: Ein Hacker muss
       kein Cyberspion sein, der Böses will.
       
       ## Admins sind nicht aufzuhalten
       
       Dass nun ein Admin von innen, mit seiner von Gott und Passwort verliehenen
       Macht, die Nationale Sicherheitsbehörde NSA blamiert, hat in den USA zu
       einer Debatte um nicht systemtreue Administratoren in der IT-Sicherheit
       geführt.
       
       Aus der Sicht der NSA war Snowden nicht systemtreu: Snowden fand das
       Argument, man müsse als stolzer US-Bürger im Namen der Sicherheit die
       Bürgerrechte so gut wie abschaffen, nicht schlüssig. Man kann solchen
       vermeintlichen Admin-Verrätern zwar mit Haft und Hölle drohen, ansonsten
       gilt: Wenn ein Admin ein schlechtes Gewissen bekommt, ist er nicht
       aufzuhalten. Er ist ja schon drin.
       
       „Ich bin ein ganz normaler Typ, der jeden Tag im Büro sitzt und sieht, was
       passiert“, sagt Snowden über sich in einem [1][Guardian-Interview]. Er habe
       aus reinem Gewissen gehandelt. „Man ist bereit, jedes Risiko einzugehen“,
       sagt er, wenn man sehe, wie weit die Überwachung bisher geht. Er sieht die
       Demokratie in Gefahr. Schwer, dem zu widersprechen.
       
       Und auch wenn Barack Obama danach beteuerte, dass die Verwendung der
       gesammelten Daten strengen Regeln unterworfen sei: Na und? Wo Macht nicht
       kontrolliert wird, wird sie missbraucht. Welche größere Macht könnte es
       geben, als auf einem Datenberg zu sitzen, der einen absolut gläsernen
       Menschen schafft, wenn man ihn nur richtig auswertet? Ein Admin hat es der
       Welt vor Augen geführt. Auch wenn man es schon immer geahnt hat.
       
       25 Jun 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.guardian.co.uk/world/video/2013/jun/09/nsa-whistleblower-edward-snowden-interview-video
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ingo Arzt
       
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