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       # taz.de -- Berlusconi vor dem Verfassungsgericht: Justiz rückt Berlusconi auf die Pelle
       
       > Nach einer Niederlage vor dem Verfassungsgericht muss sich der
       > Ex-Regierungschef wohl um seine politische Karriere sorgen.
       
   IMG Bild: Berlusconi drohen wegen Steuerbetrugs vier Jahre Haft.
       
       ROM taz | Seit nunmehr fast 20 Jahren gilt Silvio Berlusconi als das
       Stehaufmännchen der italienischen Politik – doch am Mittwoch machte das
       Verfassungsgericht den Weg zum womöglich endgültigen Knock-out frei.
       
       Noch im Herbst droht ihm die letztinstanzliche Verurteilung zu vier Jahren
       Haft und vor allem der Mandatsverlust, da die Verfassungsrichter den
       Einspruch gegen die angeblich unrechtmäßig erfolgte Verurteilung in den
       Vorinstanzen am Mittwochabend zurückgewiesen haben.
       
       Seit 2009 läuft der Prozess wegen des Ankaufs von Filmrechten durch
       Berlusconis TV-Gesellschaft Mediaset. Mit Hilfe aufgeblähter Rechnungen
       soll Berlusconi Schwarzgeldkonten im Ausland in Höhe von hunderten
       Millionen Euro angelegt haben; in zweiter Instanz wurde er im Mai 2013
       deshalb wegen Steuerhinterziehung zu vier Jahren Haft und zum Verlust des
       passiven Wahlrechts für fünf Jahre verurteilt. Doch seine Anwälte
       behaupteten, das ganze Verfahren sei illegal.
       
       Im März 2010 hatte das Mailänder Gericht nämlich einen Prozesstermin
       durchgeführt, obwohl der damalige Ministerpräsident Berlusconi die
       Verschiebung beantragt hatte, da er wegen einer Kabinettsitzung in Rom
       unabkömmlich sei.
       
       ## Entschuldigung künstlich konstruiert
       
       Die Richter gingen seinerzeit jedoch davon aus, dass Berlusconi sich den
       Entschuldigungsgrund künstlich konstruiert habe. Erst nämlich hatten seine
       Anwälte den 1. März 2010 als Verhandlungstermin vorgeschlagen; wenige Tage
       vorher aber verlegte die Regierung die Kabinettssitzung vom 26. Februar
       just auf den 1. März. Und mit feinem Berlusconi-Humor setzte sie die
       Verabschiedung eines Anti-Korruptions-Gesetzentwurfs auf die Tagesordnung.
       
       Jetzt bestätigte das Verfassungsgericht mit elf zu vier Stimmen die
       Rechtsauffassung der Mailänder Richter. Damit ist Berlusconis Hoffnung
       zerstoben, sich mit einer Neuauflage des gesamten Prozesses in die
       Verjährung retten zu können.
       
       Die Verjährungsfrist nämlich greift Mitte 2014 – genug Zeit für das
       Kassationsgericht, womöglich noch im kommenden Herbst das endgültige Urteil
       zu fällen. Stärker als die Gefängnisstrafe fürchtet Berlusconi den
       drohenden Entzug des Parlamentsmandates, der ihn aus der Politik kegeln
       würde.
       
       ## Rubygate-Urteil folgt
       
       Und der juristische Ärger wird für Berlusconi in den nächsten Tagen
       weitergehen. Am Dienstag nächster Woche wird in Mailand das Urteil zu
       „Rubygate“ erwartet. Die Anklage lautet auf Prostitution der minderjährigen
       Karima El Mahroug, die Gast auf Berlusconis Sexpartys war, sowie auf
       Nötigung im Amt:
       
       Als Ministerpräsident nämlich soll Berlusconi im Jahr 2009 die Mailänder
       Polizeispitze mit Erfolg bedrängt haben, El Mahroug sofort auf freien Fuß
       zu setzen, nachdem die junge Frau unter Diebstahlsverdacht festgenommen
       worden war.
       
       Doch damit nicht genug: Nächste Woche auch wird in letzter Instanz die
       Entscheidung des Kassationsgerichtes in einem Zivilrechtsstreit erfolgen,
       in dem Berlusconi die Zahlung von stolzen 560 Millionen Euro an einen
       konkurrierenden Verleger droht. Der Streit geht zurück auf das Jahr 1989;
       damals gelang es dem Medienmogul, unter dubiosen Umständen Italiens größten
       Verlag, die Mondadori-Gruppe, zu übernehmen und den Konkurrenten Carlo De
       Benedetti auszubooten, obwohl der ein Vorkaufsrecht hatte.
       
       Die Vorinstanzen sahen es als erwiesen an, dass Berlusconi dabei nur dank
       Richterbestechung erfolgreich war. Sollte die Strafe vom Kassationsgericht
       bestätigt werden, muss Berlusconi ordentlich blechen.
       
       20 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Braun
       
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