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       # taz.de -- Ein Jahr nach der EM in der Ukraine: Leere Versprechen, Leere Rollfelder
       
       > Mit der Ausrichtung der Fußball-EM sollte die Ukraine näher an Europa
       > heranrücken. Geblieben ist von der großen Vision wenig.
       
   IMG Bild: Orientierung für Euro-Pilger: Wegweiser eines verschwundenen Events in Lemberg
       
       LEMBERG taz | Unzählige Autos reihen sich täglich vor dem
       polnisch-ukrainischen Grenzübergang in Krakiwez zu einer kilometerlangen
       Schlange auf. Nur schleppend geht die Abfertigung voran. Die meisten
       Grenzgänger sind Ukrainer – Kleinhändler aus der Grenzregion oder
       Eigentümer von Geschäften, die im Nachbarland billiger einkaufen wollen.
       
       Dazu einige Autos mit polnischen Kennzeichen – meistens die sogenannten
       „Benzintouristen“. Und ein paar unglückliche Touristen, die in den Urlaub
       fahren. „Es sind die Polen, die hier die Abfertigung verzögern“, sagt
       Taras, der mit seinem Minibus Lebensmittel und Möbel an ukrainische Kunden
       liefert. „Sie müssen hier ja die Außengrenze der EU vor dem Ansturm der
       Barbaren schützen“, erklärt er verbittert. Er wird noch mehrere Stunden
       hier warten müssen.
       
       Dabei hat man gehofft, dass die EM 2012 die Situation verbessern werde.
       Doch hier wurde nur während der EM eine Spur für die Fans reserviert. Nun
       läuft alles wieder so wie vorher. Dabei betonte die Regierung immer wieder,
       dass die EM in erster Linie einen Investitionsschub für die Infrastruktur
       bedeuten und das Land an Europa näher bringen werde. Ein leeres
       Versprechen. Auch mit dem Zug passiert man die Grenze nur sehr
       beschwerlich. Die einzige halbwegs vernünftige Möglichkeit, in den Westen
       zu fahren, bleibt der Zug von Lemberg nach Krakau, der für etwas mehr als
       300 Kilometer rund siebeneinhalb Stunden braucht.
       
       Mit dem Fliegen sieht es kaum besser aus. Der polnische Anbieter EuroLOT
       hat die Flüge von Lemberg nach Krakau und Wroclaw eingestellt genauso wie
       die tschechische CSA nach Prag. Nur Warschau ist im Flugplan geblieben.
       Donezk wird von den beiden Fluggesellschaften nach der EM gar nicht mehr
       angeflogen, weil die Destination sich als unrentabel erwiesen hat. Die
       schönen neuen und sündhaft teuren Flughäfen, die man bereits beim Bau als
       überdimensioniert kritisiert hat, sind unausgelastet.
       
       Wie die ukrainische Zeitung Zerkalo Nedeli berichtet, werden die
       Kapazitäten in Lemberg und in Donezk nur zu 8 bis 10 Prozent genutzt. Dabei
       haben die beiden Großflughäfen fast 1,5 Milliarden Dollar Steuergelder
       gekostet. In Donezk kann heute gar eine A 380 landen – vorausgesetzt, dass
       sie sich in der ostukrainischen Steppenlandschaft verirrt. Und Lemberg
       könnte interkontinentale Flüge empfangen, von denen man aber noch keinen
       gesehen hat.
       
       ## Fragwürdige Milliarden-Investitionen
       
       Niemand weiß so richtig, wie viel Geld das Land in die Vorbereitung
       gesteckt hat. In der Presse werden Beträge zwischen 5 und 15 Milliarden
       US-Dollar genannt. Die Regierung spricht von 5 Milliarden aus dem Haushalt,
       dazu kommen noch 2,5 Milliarden von den Kommunen. Geblieben sind davon aber
       nicht nur die überdimensionierten Flughäfen. Die zur Europameisterschaft
       bestellten Schnellzüge von Hyundai sind auch noch da, die im vergangenen
       Winter auf den alten ukrainischen Gleisen nicht fahren wollten und immer
       wieder auf der Strecke mit ausgefallener Heizung stundenlang herumstanden.
       
       Mittlerweile fahren sie wieder nach [1][Fahrplan], die schlimmsten Mängel
       wurden behoben, für die Modernisierung der Gleise hat die ukrainische
       Eisenbahn aber kein Geld übrig. Geblieben sind auch ein paar Kilometer
       Schnellstraßen, die vor der EM renoviert wurden und den letzten Winter
       relativ glimpflich überstanden haben. Beim Rest hat der Asphalt den Härten
       des Winters nicht standgehalten, was bereits zahlreiche Proteste wütender
       Autofahrer zur Folge hatte.
       
       Auch die Stadien stehen natürlich noch da, modern und futuristisch. In
       Donezk und in Charkiw wurden sie von den Oligarchen, denen auch die
       Fußballklubs gehören, privatfinanziert. Schachtar und Metallist, der
       Meister und Vizemeister der letzter Saison, können über fehlende Fans nicht
       klagen. Nur über fehlende Touristen.
       
       In Lemberg und in Kiew ist es andersherum. Hier gab die EM einen Schub für
       den Tourismus, die Stadien aber, in beiden Städten steuerfinanziert, stehen
       leer. In Lemberg kursiert sogar ein Gerücht, dass der Neubau bereits wieder
       abgerissen werden soll, weil niemand die laufenden Kosten von umgerechnet 2
       Millionen Euro im Jahr übernehmen will. Der [2][FC Karpaty] spielt in
       seinem eigenen Stadion und allein durch ein paar Konzerte und Länderspiele
       im Jahr können die Kosten nicht gedeckt werden.
       
       23 Jun 2013
       
       ## LINKS
       
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