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       # taz.de -- Die Wahrheit: Italien, du brühendes Land
       
       > Wenig hört man dieser Tage aus Italien, das ist eher ein gutes Zeichen.
       > Wie heißt der amtierende Ministerpräsident? Muss man googeln: Enrico
       > Letta.
       
   IMG Bild: Halb zog er ihn, halb sank er hin.
       
       Wenig hört man dieser Tage aus Italien, das ist eher ein gutes Zeichen. Wie
       heißt der amtierende Ministerpräsident? Muss man googeln: Enrico Letta.
       Generell ist es ja albern, sich mit irgendwelchen Politikern zu befassen,
       zumal in Italien, denn wer hat dort tatsächlich das Sagen? Die Mamma!
       
       Das war schon immer so: „Kennst du das Land, wo die Matronen glühn?“ Ohne
       Mamma? Vergiss es! Schon bei Nero hatte sie den Daumen drauf, nie durfte er
       Mädels in den Palast mitbringen. Jeder weiß, was aus Rom geworden ist, und
       selbst dafür musste Nero seine Mutter um Streichhölzer anbetteln.
       
       Alle lieben Italien, aber keine Nation hat Italien so inbrünstig geliebt
       wie die Deutschen. Ständig nudeln im Hintergrund italienische Schlager:
       „When the moon hits the eye like a great pizza pie, that’s amore!“ Wobei
       italienische Männer mehr Randaliere als Gondoliere sind! Oder wie Ivana
       Trump einmal sagte: „Römer sind der Rolls-Royce unter den Männern!“ Wieso
       Rolls-Royce? Schlucken die so viel?
       
       Plötzlich aber lässt die Bewunderung der Italiener für alles Deutsche nach,
       und umgekehrt. Nur Frau Merkel hat das nicht mitgekriegt: „Ich bin gern auf
       Ischias!“, behauptet sie kapriziös jedes Jahr im Frühling. Dann kommt sie
       mit dem Hubschrauber – Ausländer, die sich per Boot einer italienischen
       Insel nähern, haben wenig zu lachen.
       
       Zugegeben, die Italophilie hat uns eine Menge gebracht. Wo früher der
       sturzbiedere Hausaltar stand, thront nun die Espressomaschine. Endlich
       haben wir das, was uns Helmut Kohl immer versprochen hat: brühende
       Landschaften! Dabei ist der Latte macchiato via Amerika über uns gekommen.
       Grazie, Starbucks!
       
       Dennoch sieht es gerade danach aus, als würde sich die Italianità
       allmählich wieder aus unserem Leben verabschieden. Peccato! Haben wir dafür
       über Jahre hinweg Lockerheit gebüffelt und Spontanitätskurse an der Fernuni
       Hagen belegt? So richtig locker ist bei uns nur der Kündigungsschutz
       geworden.
       
       Die Zeiten haben sich geändert: Der Teutonengrill in Rimini wird zum
       Kosakengrill, dafür erlebt Italien deutsche Gastarbeiter auf Sizilien, die
       dort Zitrusfrüchte von den Bäumen holen: Blutorangen natürlich – das ist
       Sizilien! Zum Spargelstechen sind die Deutschen ja bekanntlich zu doof.
       
       Doch auch wenn die Politiker so effektiv arbeiten wie die Müllabfuhr in
       Neapel und Roma längst im Koma liegt, wollen wir unser Italien etwa lieber
       preußisch? No, grazie! Besonnen und organisiert sind wir selber, das können
       wir besser. Gerade deshalb wollen wir ab und zu einen lustvoll-schaudernden
       Blick auf das Chaos werfen, auf die Anarchie und das Unorganisierte
       Verbrechen in spätrömischer Dekadenz. Dafür eignet sich kein Land besser
       als Italien, in dem der Lotto-Jackpot häufig höher ist als das
       Bruttoinlandsprodukt.
       
       Womöglich haben wir Italien auch die ganzen Jahre überschätzt. Denken wir
       nur an italienische Autos. In unserer Familie gab es einmal einen Fiat 500,
       einen Cinquecento, der eines schönen Tages mit einem Schäferhund
       kollidierte. Musste natürlich eingeschläfert werden – der arme Fiat. Ciao,
       Bello!
       
       19 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas C. Breuer
       
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