# taz.de -- Kommentar Wahlbeteiligung: Unser aller Frust
> Die Wahlbeteiligung sinkt. Das lässt sich nicht allein den Parteien
> anlasten. Es klingt platt, ist aber in diesem Fall wahr: Nichtwähler
> gehen uns alle an.
Es ist einfach, den Parteien die Schuld für die sinkende Wahlbeteiligung in
Deutschland zu geben. Sie sind es doch, die die Menschen stets aufs Neue
für die Demokratie – und also für sich selbst – begeistern müssen. Und seit
Jahrzehnten scheitern sie an dieser großen Aufgabe. Zwei Studien belegen
jetzt einmal mehr den traurigen Trend, dass mehr und mehr Menschen nicht
wählen.
Doch einseitige Schuldzuweisungen werden dem vielschichtigen Phänomen nicht
gerecht. In manchen Parteizentralen hat man durchaus erkannt, welche Gefahr
es birgt, wenn sich das Volk aus der Demokratie abmeldet. Von der CDU bis
zur Linkspartei experimentieren alle mit neuen Beteiligungsformaten, im
Internet wie in der Fußgängerzone. Die SPD setzt im Wahlkampf auf
Hausbesuche, die Linkspartei versucht mit einfachen Botschaften gezielt
Ungebildete zu adressieren.
Die Parteien bemühen sich also, mit Nichtwählern ins Gespräch zu kommen,
wenn auch mit wenig Erfolg. Anderswo in der Gesellschaft sieht es anders
aus: Nichtwählen gilt längst auch in vermeintlichen Eliten als sexy. Ein
Hochschullehrer, der sich sonst gerne vom Staat bezahlen lässt, begründete
unlängst in einem Spiegel-Essay, warum keine Partei seinen hohen
Reformansprüchen genüge. Solche provokanten (und sehr eitlen) Thesen
garantieren Publicity. Und nebenbei lassen sie Leute, die sonntags brav ins
Wahllokal gehen, wie Minderbemittelte erscheinen.
Auch wir, die Journalisten, arbeiten munter an der Vergrößerung des
Nichtwähler-Lagers, indem wir jede Meinungsverschiedenheit zum Krawall
hochjubeln oder Politiker als machtgeile Egomanen darstellen. Wer wählt
schon Leute, die er nur als karrieristische Vollidioten vorgestellt
bekommt? Die Liste derer, die Politikfrust fördern, ließe sich fortführen.
Es klingt platt, ist aber in diesem Fall wahr: Nichtwähler gehen uns alle
an.
18 Jun 2013
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DIR Ulrich Schulte
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