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       # taz.de -- NSA-Überwachungsskandal: Ed Snowden chattet mit der Welt
       
       > Der Whistleblower stellt sich im Live-Chat der Öffentlichkeit und kündigt
       > neue Enthüllungen an. Für den Fall, dass ihm was zustößt, habe er
       > vorgesorgt.
       
   IMG Bild: Edward Snowden sucht die Öffentlichkeit – auch als Schutz vor Verfolgung.
       
       WASHINGTON taz | Die beiden Männer im Zentrum des US-amerikanischen
       Schnüffelskandals kommunizierten am Montag über die elektronischen Medien
       miteinander. Whistleblower Edward Snowden dankt in einem Life-Chat aus
       seinem Versteck in Hong Kong UnterstützerInnen und fühlt sich durch die
       heftigen Reaktionen aus Washington in seinem Vorgehen bestätigt. Er kündigt
       weitere Enthüllungen – über „NSA, FBI, CIA und DIA“ – an und wirft dem
       US-Präsidenten „missbräuchliche Überwachungsprogramme“ vor.
       
       Stunden später strahlt der Sender PBS ein Fernseh-Interview mit Barack
       Obama aus. Darin spricht der US-Präsident von dem „Kompromiss zwischen
       Privatleben und Sicherheit“. Er erklärt, dass Anschläge „Zuhause und in
       Übersee“ verhindert worden seien. Und lässt durchblicken, dass das
       Justizministerium sowohl an einer Anklage gegen Snowden, als auch an einem
       Auslieferungsantrag arbeitet.
       
       In Snowdens sorgfältigem Timing ist der Life-Chat auf der Webseite der
       britischen Tageszeitung [1][The Guardian] eine neue Eskalation. Erst am
       Morgen hatten seine Enthüllungen über die Bespitzelung von DiplomatInnen
       beim G-20-Gipfel in London im Jahr 2009 weltweit Schlagzeilen gemacht unnd
       dem G-8-Gipfel, der am selben Tag in Nord-Irland eröffnete, die Schau
       gestohlen.
       
       ## Fragen in Echtzeit beantwortet
       
       In dem mehr als eineinhalbstündigen Life-Chat beantwortet Snowden Fragen
       aus aller Welt. Sein Gesicht ist nicht zu sehen. Zu Zweifeln, ob er
       tatsächlich live diskutiere, sagen KommentatorInnen, er habe ihre Fragen in
       Echtzeit beantwortet.
       
       Snowden versichert, dass er es nicht bereue, an die Öffentlichkeit gegangen
       zu sein. Er sagt patriotisch: „Dieses Land (die USA, d. Red.) ist es wert,
       dafür zu sterben“. Und er zeigt sich erfreut über die anfänglichen
       Reaktionen der Medien auf seine Enthüllungen. Inzwischen freilich findet
       Snowden, dass „Mainstream-Medien“ dazu übergegangen seien: „mehr über mich
       als 17jährigen und über Fotos von meiner Freundin“ zu berichten, als über
       die Geheimdienste.
       
       Seinen Mitdiskutanten legt er nahe, dass die Überwachungsprogramme der
       US-Geheimdienste „nicht okay sind“. Auch dann, „wenn man selbst nicht das
       Ziel der Überwachung ist“. Ganz nebenbei streut er im Chat eine mögliche
       neue Enthüllung ein: dass nämlich die NSA keine US-Kongressabgeordneten
       beschnüffelt. Das könnte erklären, warum die in der vergangenen Woche laut
       gewordenen Fragen einzelner Abgeordneter nach ihrer eigenen Beschnüffelung
       in den vergangenen Tagen wieder verstummt sind
       
       Der Vorwurf, Terroristen hätten aufgrund seiner Enthüllungen ihre
       Internetkommunikation verändert, beeindruckt Snowden nicht. Mit diesem
       Argument würden regelmäßig kritische Diskussionen über
       Geheimdienstaktivitäten abgewürgt, kontert er. Snowden fügt hinzu:
       „Tatsächlich sterben mehr Amerikaner durch Badezimmerstürze und
       Polizeischüsse, als durch Terrorismus.“ Von Ex-Vizepräsident Dick Cheney
       „Verräter“ genannt zu werden, hält er für „eine Ehre für einen Amerikaner“.
       
       ## Für alle Fälle vorgesorgt
       
       Seine Wahl Hongkongs als Zufluchtsort begründet Snowden damit, dass
       NSA-Beschäftigte ihre Auslandsreisen 30 Tage vorab bekannt geben müssen.
       Und er sich für ein Land entscheiden musste, das es ihm erlaubt, zu
       arbeiten, ohne sofort verhaftet zu werden. Freiwillig in die USA
       zurückkehren, will er nicht: „Weil ich mehr Gutes ausserhalb eines
       Gefängnis tun kann“. Den in den USA erhobenen Vorwurf der Spionage für
       China weist er von sich: „Ich habe keinen Kontakt mit der chinesischen
       Regierung gehabt“.
       
       Viele TeilnehmerInnen im Chat loben Snowden. Er selbst verweist auf
       Whistleblower, die ihm vorausgegangen sind; erwähnt Bradley Manning und
       John Kiriakou und andere: „Bürger mit Gewissen, die nicht bereit sind,
       falsches Tun zu ignorieren. Obwohl sie zerstört werden“. Und versichert,
       dass selbst die härteste Verfolgung künftige Whistleblower nicht
       abschrecken werde. Im Gegenteil glaube er, dass „drakonische Strafen
       bessere Whistleblower hervorbringen werden.“
       
       Er selbst habe für alle Fälle vorgesorgt. Selbst wenn ihm etwas zustöße,
       werde – so Snowden per Chat - „die Wahrheit herauskommen und kann nicht
       gestoppt werden.“
       
       Präsident Obama, der sein Interview mit Charlie Rose am Abend vor dem Chat
       aufgezeichnet hat, spricht von dem Whistleblower als „Herr Snowden“. Er
       kündigt an, dass er in den nächsten Tagen eine Debatte mit seinen
       Geheimdienstchefs, sowie mit einem neuen Aufsichtskomitee über Privatheit
       und Grundrechte beginnen will. Leitfrage, so Obama sei: „Wie viele geheime
       Verschlußsachen können wir freigeben“.
       
       18 Jun 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.guardian.co.uk/world/2013/jun/17/edward-snowden-nsa-files-whistleblower?INTCMP=SRCH
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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