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       # taz.de -- Notbremse für die Umwelt: China will wieder atmen können
       
       > Das Land plant, seine Umweltverschmutzung einzudämmen. So soll der
       > CO2-Ausstoß binnen vier Jahren um 30 Prozent reduziert werden.
       
   IMG Bild: In China leiden die Menschen unter der Umweltverschmutzung, wie hier auf einer kohlenverstaubten Straße in der Stadt Taiyuan
       
       BERLIN taz | Dauersmog, verseuchte Böden, giftige Flüsse und Krebsdörfer
       bestimmen die Schlagzeilen, wenn es um Chinas Umwelt geht. Das will die
       Führung des Landes ändern. Am Freitag hat die Regierung in Peking einen
       Zehn-Punkte-Plan beschlossen. Er sieht unter anderem vor, den
       Schadstoffausstoß der Schwerindustrie bereits bis 2017 um mindestens 30
       Prozent zu senken. Darunter fällt auch das Klimagas CO2.
       
       Welche Branchen konkret von diesen neuen Auflagen betroffen sind gab die
       Regierung zunächst nicht bekannt. Zu Jahresbeginn war davon die Rede, dass
       vor allem die Eisen- Stahl-, Petrochemie- und Zementindustrie mit sehr viel
       strengeren Vorgaben rechnen müssten. Sollten Fabriken diese neuen Vorgaben
       nicht einhalten, drohe ihnen die Schließung, heißt es nun in dem Plan. Bei
       der Vergabe von neuen Lizenzen gelten ab sofort die neuen Umweltauflagen.
       
       Tatsächlich ist die Lage in weiten Teilen des Landes dramatisch. 70 Prozent
       aller Gewässer sind mit Chemikalien und Fäkalien verseucht, viele Böden
       überdüngt, 16 der 20 weltweit schmutzigsten Städte befinden sich in der
       Volksrepublik. Rund 750.000 Menschen – so die Schätzungen von
       Umweltverbänden – sterben jährlich vorzeitig an den Folgen der
       Umweltverschmutzung.
       
       Wenige Tage zuvor hatte Chinas neuer Vizeministerpräsident Zhang Gaoli auf
       einer großen internationalen Wirtschaftskonferenz in der
       südwestchinesischen Stadt Chengdu das Ende des bisherigen Wachstumsmodells
       der Volksrepublik verkündet. „Das extensive Entwicklungsmodell ist weder
       aufrechtzuerhalten noch machbar“, sagte Zhang. Die chinesische Führung
       kündigte „energische Aktionspläne“ an, um die Umwelt zu schützen. Sie will
       den schweren Smog, die gefährlichen Konzentrationen von Feinstaub in der
       Luft sowie die Boden- und Wasserverschmutzung im Land stärker bekämpfen.
       
       ## „Es geschieht sehr viel in China“
       
       Derzeit gibt China umgerechnet rund 91 Milliarden Euro im Jahr für den
       Umweltschutz aus, rund 1,3 Prozent seines BIP. Künftig soll es viermal so
       viel werden. Die Weltbank hat allerdings errechnet, dass die Kosten durch
       die Umweltverschmutzung fast 6 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung
       verschlingen.
       
       Auch ländliche Regionen sind betroffen. Im aktuellen Jahresbericht des
       Umweltministeriums heißt es, Chinas Landwirtschaftsbetriebe würden
       mittlerweile stärker zur Verschmutzung der Umwelt beitragen als die großen
       Metropolen mit ihrem Smog. Vor allem der Bergbau und die steigenden Vieh-
       und Geflügelbestände hätten die Situation dramatisch verschlimmert.
       
       Der Generalsekretär des Umweltprogramms der Vereinten Nationen Unep, Achim
       Steiner, zeigt dennoch Verständnis für die derzeitige Entwicklung. China
       mache momentan eine Entwicklung durch, wie sie typisch für Industrieländer
       sei. Seit Jahrzehnten sei einseitig auf die Industrie und der Schaffung von
       Arbeitsplätzen gesetzt worden – was die Umwelt an den Rand des Kollaps
       gebracht habe.
       
       Steiner, der die Volksrepublik regelmäßig bereist, lobt dennoch die
       Bemühungen des Landes: Im Zeitrafferverfahren hole China Dinge nach, wofür
       andere Länder 20, 30 oder 50 Jahre gebraucht hätten. „Die Chinesen könnten
       das in zehn Jahren schaffen“, sagt Steiner. Als Beispiel nennt er die
       schnelle Einführung von neuen Emissionsstandards für Autos. Dafür habe
       Europa 25 Jahre gebraucht. „Es geschieht sehr viel in China“, sagt Steiner.
       
       17 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Felix Lee
       
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