# taz.de -- Solidarität mit Türkei-Protesten: Die Reise in den Aufstand
> Die Auseinandersetzungen in der Türkei wirken anziehend: Dutzende
> deutsche Aktivisten unterstützen inzwischen vor Ort die Demonstranten in
> Istanbul.
IMG Bild: Bloß nicht an die Ostsee: Dutzende deutsche Aktivisten sind inzwischen in die Türkei gereist
BERLIN taz Sein Freund saß in Istanbul auf der Straße. Erst kam der Strahl
des Wasserwerfers, dann wurden zwei Kartuschen Pfefferspray über ihm
entleert, bis er ohnmächtig wurde. Anton Pieper war dabei, als es in
Istanbul in den vergangenen Tagen zu massiven Übergriffen der Polizei kam.
Zehn Tage Urlaub hatte sich der Menschenrechtsaktivist genommen, um seine
Freunde in der Türkei zu unterstützen – hat Wasser geschleppt, Gasmasken
verteilt, Essen gereicht. „Dafür muss man kein Türkisch können“, sagt
Pieper.
In Internetvideos hatte er zuvor alte Bekannte wiedererkannt, die von der
Polizei verprügelt wurden. [1][Bei Protesten 2009 gegen die Weltbank] hatte
Pieper sie in Istanbul kennengelernt - auch damals schon war es zu massiven
Polizeieinsätzen gekommen. Kurz entschlossen stieg Pieper nun wieder ins
Flugzeug, um zu helfen. „Es ist für Leute sehr wichtig, zu sehen, dass die
Menschen auch aus dem Ausland zu ihnen kommen, weil es ihren Protest
aufwertet. Viele wissen aufgrund der Medienzensur in der Türkei gar nicht,
wie ihr Protest aufgenommen wird“, sagt Pieper.
Der Konflikt rund um den Taksim-Platz ist längst zum Anziehungspunkt für
AktivistInnen aus Deutschland geworden. Einige Dutzend sind inzwischen vor
Ort. Felix Hartung hatte erst am Mittwoch in Berlin eine Podiumsdiskussion
zu den Protesten in der Türkei organisiert, bei der 300 Euro Spendengelder
zusammenkamen. Am Donnerstag saß Hartung im Flugzeug, am Freitag
finanzierten die Spenden ein großes Frühstück für die AktivistInnen im
Gezi-Park.
Auch ein zweiköpfiges Team des Bewegungsblogs [2][www.metronaut.de] flog
als Wochenendtrip in den Aufstand – um Podcasts aus Aktivistenperspektive
zu machen. Am heutigen Montagmorgen flogen beide zurück – und gingen vom
Flughafen direkt zurück an ihren Arbeitsplatz.
## Mahnwache in Berlin
Noch bis Dienstag ist außerdem eine Delegation von 38 AktivistInnen des
globalisierungskritischen Netzwerks [3][Attac] und anderer Gruppen in
Istanbul, um Kontakt zu türkischen AktivistInnen zu pflegen – ein Hinweis
darauf, wie der türkische Konflikt über die Landesgrenzen hinweg die
Menschen berührt. Ein Hinweis auch auf die Nähe zwischen deutschen und
türkischen Aktivistengruppen.
Auf der Internetseite [4][gezipark.nadir.org] betreiben AktivistInnen einen
mehrsprachigen Liveticker zu den Geschehnissen vor Ort – deutsche
Übersetzung inklusive. Auch in den sozialen Netzwerken beherrschen die
Schlagzeilen aus Istanbul die Auseinandersetzung.
Die Proteste haben so längst auch die deutschen Innenstädte erreicht. In
Berlin fuhr am Samstagabend ein Autokorso aus rund 100 Fahrzeugen zur
türkischen Botschaft, um eine Mahnwache abzuhalten. In zahlreichen
deutschen Städten gingen Menschen am Sonntagnachmittag gegen das harte
Vorgehen der türkischen Regierung auf die Straße – [5][allein in Berlin
waren es mehrere tausend].
17 Jun 2013
## LINKS
DIR [1] /!41789/
DIR [2] http://www.metronaut.de/
DIR [3] http://www.attac.de/
DIR [4] http://gezipark.nadir.org/index_ger.html
DIR [5] /Berliner-Solidemo-fuer-tuerkische-Aktivisten/!118219/
## AUTOREN
DIR Martin Kaul
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