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       # taz.de -- Mollath-Untersuchungsauschuss: „Keine Fehler gemacht worden“
       
       > Im bayerischen Landtag weist Justizministerin Merk die Verantwortung von
       > sich. Sie habe, ganz korrekt, die Unabhängigkeit der Justiz garantiert.
       
   IMG Bild: Justizministerin Beate Merk vor Beginn des Untersuchungsausschusses.
       
       MÜNCHEN taz | Beate Merk (CSU) ringt um ihre politische Glaubwürdigkeit. Es
       ist der letzte Vernehmungstag im Mollath-Untersuchungsausschuss vor dem
       bayerischen Landtag. Die bayerische Justizministerin ist eine der letzten
       ZeugInnen, die zum Fall des seit mehr als sieben Jahren gegen seinen Willen
       in der psychiatrischen Anstalt untergebrachten Mannes befragt werden.
       
       Der Untersuchungsausschuss – initiiert von der sonst selten so einigen
       Opposition aus Freien Wählern, Grünen und SPD – soll klären, wo und
       inwieweit Gustl Mollath von Seiten der Justiz- und Finanzbehörden womöglich
       Unrecht geschah. Die Justizministerin aber weicht in der
       dreieinhalbstündigen Sitzung von ihrer schon seit Beginn der Affäre
       geäußerten Grundposition nicht ab: Es stehe ihr nicht zu, die Entscheidung
       unabhängiger Gerichte zu kommentieren oder in Frage zu stellen, sagt sie
       immer wieder.
       
       Mehr noch: „Ich bin in meinem Haus nicht Sachbearbeiterin, das sage ich
       frei von Ironie, sondern die politische Spitze.“ Will heißen: Was
       bayerische Richter, Staatsanwälte und Gerichte urteilen, ficht sie nicht
       an.
       
       „Das heißt, ein Vorsitzender Richter kann machen was er will?“ fragt die
       SPD-Abgeordnete Inge Aures und spielt auf Otto Brixner an, dem Mollaths
       Verteidiger vorsätzliche Rechtsbeugung vorwirft. „Über Richter entscheiden
       nur Richter“, sagt Merk. Zugunsten der Unabhängigkeit der Justiz müsse man
       in Kauf nehmen, dass in Ausnahmefällen schlecht gearbeitet werde.
       
       Um die 57-jährige CSU-Ministerin war es zuletzt einsam geworden. Die
       Opposition fordert seit Beginn der Affäre ihren Rücktritt. Auch der
       Koalitionspartner FDP griff die CSU-Politikerin am Donnerstag heftig an.
       Merk habe im Fall Mollath „die ein oder andere unglückliche Figur
       abgegeben“, sagte FDP-Fraktionschef Thomas Hacker. Er bezweifelte, dass von
       Merk „immer der richtige Sachstand vorgetragen wurde.“
       
       Auch die Vorsitzende der CSU-Fraktion im Landtag Christa Stewens ging auf
       Distanz. „Dort, wo Fehler passiert sein sollten, müssen wir die Kraft
       haben, diese zu korrigieren“, sagte sie dem Münchner Merkur. Zwar wisse sie
       noch nicht, zu welchen Ergebnissen der Untersuchungsausschuss des Landtags
       in seinem Bericht kommen werde. „Aber es gibt für die CSU überhaupt keinen
       Grund, dieses Thema nicht aus eigener Stärke offensiv anzupacken.“ Davon
       war am Donnerstag im Untersuchungsausschuss jedoch nichts zu spüren.
       
       ## Nicht im Ermessen des Ministeriums
       
       „Ich habe volles Verständnis, wenn hinterfragt wird, ob jemand zu Recht
       oder zu Unrecht einsitzt“, sagte Merk gleich zu Beginn. Das zu beurteilen
       liege jedoch nicht im Ermessen ihres Ministeriums. 2006 wurde Gustl Mollath
       vom Landgericht Nürnberg-Fürth zwar vom Vorwurf der Körperverletzung und
       Sachbeschädigung freigesprochen. Jedoch wiesen ihn die Richter wegen
       angeblicher Wahnvorstellungen als gemeingefährlich in die Psychiatrie ein.
       
       Mollath hatte während des Gerichtsverfahrens, bei dem ihn seine Frau, eine
       ehemalige Mitarbeiterin der Hypovereinsbank (HBV), beschuldigte, sie
       geschlagen zu haben, immer wieder darauf hingewiesen, dass Mitarbeiter der
       Bank in Schwarzgeldverschiebungen in die Schweiz beteiligt waren. Ein
       internen Revisionsbericht der HBV kam später zu dem Schluss: „Allen
       Mitarbeitern waren viele und gravierende Verfehlungen bzw. Verstöße gegen
       interne Richtlinien und externe Vorschriften (u.a. Abgabenordnung und
       Geldwäschegesetz, Wertpapierhandelsgesetz) anzulasten.“
       
       Trotzdem beteuerte Merk vor dem Untersuchungsausschuss: „Ich habe den
       Bericht mit meinen Mitarbeitern, hochkarätigen Juristen, Seite für Seite
       zerpflückt.“ Der Vorwurf der Schwarzgeldverschiebung habe sich aus dem
       Bericht nicht ergeben. Ein Anfangsverdacht, der Ermittlungen durch die
       Staatsanwaltschaft gerechtfertigt hätte, habe nicht bestanden. „Es sind
       keine Fehler gemacht worden“
       
       Dennoch habe sie versucht, Mollath zu helfen. „Ich wollte Herrn Mollath die
       Möglichkeit geben, sich von einem neuen, unabhängigen Gutachter beurteilen
       zu lassen“, so Merk. Mollath lehnte das Gutachten ab. Schließlich habe sie
       die Staatsanwaltschaft angewiesen einen Antrag auf Wiederaufnahme des
       Verfahrens zu stellen, sobald sie dafür einen Grund gesehen habe. Über
       diesen und einen weiteren Antrag von Mollaths Verteidigung entscheidet nun
       das Landgericht Regensburg – Mollaths einzige Chance auf eine vorzeitige
       Freilassung. Ob Justizministerin Merk aber nach der bayerischen
       Landtagswahl im September bei einem Wahlsieg der CSU wieder einen
       Ministerposten erhält, steht in den Sternen.
       
       14 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marlene Halser
       
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