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       # taz.de -- Brasiliens Nationalelf vor Confed Cup: Einsamer Identitätsstifter
       
       > Die Fußballfans fremdeln mit der verjüngten Seleção. Weil es ihr an
       > individueller Klasse fehlt, richten sich alle Hoffnungen der Brasilianer
       > auf Neymar.
       
   IMG Bild: Zu klein? Zu leicht? Neymar muss es dennoch richten.
       
       RIO DE JANEIRO taz | Die Flughäfen sind geschmückt, die Stadien
       fertiggestellt, und im Hintergrund wird allerorts in der Stadt gebaut. Auch
       wenn viele Bauarbeiten erst im letzten Moment beendet wurde, scheint
       Brasilien für die kommenden Großereignisse, beginnend mit dem
       [1][Confederations Cup] an diesem Wochenende, bereit zu sein. Eine
       Großbaustelle indes bleibt: das Nationalteam. Es gibt durchaus Zweifel, ob
       die Seleção schon reif für große Titel ist.
       
       Auffallend zurückhaltend äußern sich die Brasilianer vor dem Testlauf für
       die Fußball-Weltmeisterschaft über ihren eigentlichen Nationalstolz. Es ist
       eine junge, den Brasilianern teilweise noch fremde Mannschaft. Kein
       Ronaldinho, kein Kaka, kein Lucio, nicht mal Robinho oder Pato haben in ihr
       noch Platz. Mit diesen Spielern gewann Brasilien zumindest die letzten
       beiden Auflagen des Confederations Cup, auch wenn die folgenden
       Weltmeisterschaften jeweils im Viertelfinale endeten.
       
       In seiner glorreichen Fußballvergangenheit hatte Brasilien stets
       Superstars, das Land liebt die glänzenden Individualisten, für die es
       überall bewundert wird. Sie stiften Identität und Stolz. Der aktuellen
       Generation fehlt diese unantastbare Klasse.
       
       Ein Grund, weshalb sich alles auf den Hoffnungsträger fokussiert, obwohl
       auch der nicht über jeden Zweifel erhaben ist. Überdimensionale
       Werbeplakate schmücken Hochhäuser in Rio, und das Fernsehen kennt zurzeit
       nur einen Helden: Neymar. Auch wenn er einfach nur für einen Gag über seine
       vielen Frisuren herhält, um für ein Auto zu werben.
       
       ## Die Kritiker bleiben skeptisch
       
       Zu leicht, zu weich, lautet bislang das europäische Urteil über den
       21-jährigen Stürmer vom FC Santos mit dem verschmitzten Jungengesicht.
       Weder bei den Olympischen Spielen im vorigen Jahr noch bei den zahlreichen
       Testländerspielen konnte Neymar die Kritiker restlos überzeugen. Doch auf
       der anderen Seite ist dieser Neymar unbestritten hochtalentiert, wie nicht
       nur [2][seine zahlreichen Tricks auf YouTube] zeigen.
       
       Dem FC Barcelona waren diese Tricks 57 Millionen Euro Ablöse wert, und auch
       Pep Guardiola soll sich für seinen Einstieg beim FC Bayern München
       eigentlich Neymar – nicht Mario Götze – als Willkommensgeschenk gewünscht
       haben.
       
       Sollte es neben Neymar noch einen zweiten Namen geben, der Hoffnung
       versprüht, ist es der von Luiz Felipe Scolari, den in Brasilien alle nur
       Felipão nennen. Der neue alte Trainer, der Brasilien 2002 zum bis heute
       letzten Weltmeistertitel führte. Er setzt auf Spieler, die sich in Europa
       bewährt und durchgesetzt haben. Außer Topstar Neymar werden wohl nur
       Paulinho (Corinthians São Paulo) und Angreifer Fred (Fluminense, früher
       Lyon) aus der heimischen Liga in der Startformation spielen.
       
       Scolari übernahm die Mannschaft erst vor wenigen Monaten von Mano Menezes.
       Der sollte nach dem Viertelfinal-Aus bei der Weltmeisterschaft 2010 in
       Südafrika eine neue Mannschaft aufbauen. Weil er aber weder die Copa
       America 2011 noch die Olympischen Spiele 2012 gewann, scheiterte er
       zwangsläufig in Brasilien, wo selbst ein Finale ohne Titel nichts zählt.
       
       Entscheidend für Menezes’ Abgang war auch, dass sein größter Fürsprecher,
       der ebenso umtriebige wie umstrittene Verbandspräsident Ricardo Teixeira im
       vorigen Jahr wegen seiner Verstrickung in den Skandal um den
       Sportrechtevermarkter ISL zurücktreten musste. Scolari kam – angesichts
       seiner vergangenen Erfolge wurde sogar darüber hinweggesehen, dass er
       gerade mit dem Traditionsklub Palmeiras in die zweite brasilianische Liga
       abgestiegen war.
       
       ## Nur drei sind übrig
       
       Sportlich hat Scolari in seinen ersten Monaten den Weg von Menezes
       fortgeführt. Nur Torhüter Júlio César sowie Kapitän Thiago Silva und
       Rechtsverteidiger Dani Alves waren schon bei der WM 2010 dabei. Das
       deutlich verjüngte Team weiß bislang aber nur selten zu überzeugen. Da kam
       es gerade recht, dass im letzten Test vor dem Confederations Cup Frankreich
       mit 3:0 besiegt wurde – trotz eines schwachen Neymars.
       
       Abseits des Trubels um Neymar haben mit Dante und Luiz Gustavo vom
       Champions-League-Sieger Bayern München nach langer Zeit mal wieder
       Bundesliga-Spieler eine realistische Chance auf einen festen Platz in der
       Selecão.
       
       Vor allem Luiz Gustavo hat sich kurz vor dem Turnier mit zwei stabilen,
       starken Auftritten im zentralen Mittelfeld in die erste Elf gespielt. In
       Südafrika standen übrigens auch zwei Bundesliga-Spieler im brasilianischen
       Kader: Josué und Grafite vom VfL Wolfsburg. Allein das klingt, obwohl erst
       drei Jahre her, nach einer lange vergangenen Zeit.
       
       Die Zukunft soll wieder Titel bringen – am liebsten glanzvoll, aber vor
       allem dann, wenn auch die Bauarbeiten in den Städten fertig sind: 2014.
       
       15 Jun 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://de.fifa.com/confederationscup/index.html
   DIR [2] http://www.youtube.com/results?search_query=neymar+tricks&oq=neymar+&gs_l=youtube.3.2.0l3j0i3j0l6.217.1786.0.3586.7.5.0.2.2.0.91.252.5.5.0...0.0...1ac.1.11.youtube.yNUUta4rjFA
       
       ## AUTOREN
       
   DIR John Hennig
       
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