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       # taz.de -- Ex-Warlord im Bundeswehrkrankenhaus: Gekaufte Freundschaft
       
       > Der afghanische Vizepräsident Qasim Fahim gilt als Kriegsverbrecher. Doch
       > in Deutschland lässt er sich gerne und regelmäßig behandeln – auf
       > Staatskosten.
       
   IMG Bild: Drohnenkönig und Ex-Warlord: Thomas de Maizière zu Besuch bei Qasim in Kabul im November letztes Jahres.
       
       BERLIN taz | Vor Kurzem stieg der afghanische Vizepräsident Mohammed Qasim
       Fahim in Tegel ins Flugzeug. Es ist nicht das erste Mal, dass Fahim, einer
       der reichsten und gefürchtetsten Männer Afghanistans, nach Deutschland
       reist. Dem afghanischen Botschaftsrat Abed Nadjib zufolge kommt er
       regelmäßig hierher, um seine Gesundheit überprüfen zu lassen. „Weil er sich
       hier wohl fühlt“, so Nadjib.
       
       Gut informierten Kreisen zufolge lässt sich Fahim im Bundeswehrkrankenhaus
       in Berlin behandeln. Auf Staatskosten. Zuletzt traf er sich auch mit
       Botschafter Michael Koch, dem Sonderbeauftragten der Bundesregierung für
       Afghanistan, um laut Auswärtigem Amt über die bevorstehenden Wahlen im
       nächsten Jahr und die Perspektiven des deutschen Engagements nach 2014 zu
       sprechen.
       
       Fahim gehört zu den afghanischen Warlords, die sich eigentlich schon lange
       als mutmaßlicher Kriegsverbrecher vor einem internationalen Gericht
       verantworten müssten. Beispiele für Fahim zugeschriebene Gräueltaten findet
       man zuhauf, etwa in dem Bericht „Blood Staines Hands“ der
       Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Eine ihm unterstellte
       Einheit habe 1989 bis 1992 „exklusiv die Verhöre und Folter“ in einem
       Gefangenenlager für politische Gegner organisiert, heißt es darin.
       
       ## Nato verbündet sich mit Ex-Warlords
       
       Doch da sich Fahim im afghanischen Bürgerkrieg als Taliban-Jäger hervortat,
       schaffte er es 2002 zum Verteidigungsminister in der provisorischen
       Regierung von Hamid Karsai. Seit 2009 ist er sein Vize.
       
       Reinhard Erös, ehemaliger Bundeswehrarzt und seit 1998 Leiter der
       Kinderhilfe Afghanistan, kennt die Lage vor Ort. „Wir schicken die Soldaten
       runter, um gegen böse Buben zu kämpfen und einen halbwegs demokratischen
       Staat aufzubauen“, sagt er. „Dann zahlen wir mit Steuergeldern die
       Behandlung eines der größten Kriegsverbrecher in Afghanistan.“
       
       Der ehemalige Warlord Fahim hat im Norden des Landes das Sagen, wo die
       deutschen Soldaten stationiert sind. Laut Afghanistan-Experte Conrad
       Schetter vom International Center for Conversion in Bonn (BICC) ist das der
       Grund, warum man Fahim hier pflegt: „Wenn man ihn hier behandelt, ist das
       eine Möglichkeit, Fahim gewogen zu sein.“
       
       ## Ein Pferd auf die Freundschaft
       
       Für die guten Beziehungen legt sich die Bundeswehr ganz schön ins Zeug: Wie
       aus gut informierten Kreisen zu hören war, durfte sich Fahim bei einem
       Deutschlandbesuch ein Pferd in Brandenburg aussuchen. Das Pferd
       transportierte die Bundeswehr für ihn nach Afghanistan.
       
       Fahim ist nicht der einzige afghanische Politiker, der regelmäßig nach
       Deutschland kommt. Der Milizenführer und Politiker Raschid Dostum hat gut
       informierten Kreisen zufolge in Bitburg einen Alkoholentzug gemacht. Und
       immer wieder kommen Warlords zu Konferenzen nach Deutschland.
       
       ## Warlords konferieren im Hotel „Adlon“
       
       Wie etwa am 7. und 8. Januar 2012. Im Hotel Adlon am Brandenburger Tor in
       Berlin fand an jenem Wochenende eine Konferenz mit illustren Warlords wie
       Sia Massud, Raschid Dostum und Mohammad Mohaqeq statt. Organisiert hatte
       das Treffen der US-Republikaner Dana Rohrabacher, der den Staat Kalifornien
       im Repräsentantenhaus vertritt.
       
       Es war geprägt vom Wahlkampf in den USA – die Republikaner wollten damit
       Obama kritisieren, der sich mit den Taliban zu Gesprächen traf. Eigentlich
       sollten die Warlords auch an einer Konferenz der Konrad-Adenauer-Stiftung
       tags darauf zur innenpolitischen Situation in Afghanistan teilnehmen – doch
       dann wurde die Sache der Stiftung wohl doch zu heikel und man weigerte
       sich, Massud und Co dabeizuhaben.
       
       „Die Bundesregierung bringt sich sehr stark in die Afghanistanpolitik ein
       und stellt den neutralen Boden für Konferenzen“, verteidigt
       Afghanistan-Experte Conrad Schetter die Einladung der afghanischen
       Politiker. „Deutschland ist für die Afghanen ein Partnerland, dem man
       verhältnismäßig stark vertraut.“
       
       Gerne hätte die taz auch mit dem Menschenrechtsbeauftragten der
       Bundesregierung, Markus Löning, darüber gesprochen, inwieweit die
       Verarztung von mutmaßlichen Kriegsverbrechern auf Staatskosten vertretbar
       ist. Leider war er für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
       
       13 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Julia Maria Amberger
       
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