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       # taz.de -- Hochwasser in Niedersachsen: Erst erschöpft, dann entspannt
       
       > Im niedersächsischen Bleckede haben sich die Helfer routiniert auf die
       > Elbeflut vorbereitet. Jetzt verteidigen sie Deiche.
       
   IMG Bild: Auch Magdeburg steht unter Wasser.
       
       In der niedersächsischen Kleinstadt Bleckede, 20 Kilometer nordöstlich von
       Lüneburg direkt an der Elbe gelegen, wird dieser Tage eifrig Rasen gemäht.
       Die Anwohner hinter dem Deich bereiten sich darauf vor, dass die Elbe
       überschwappt. Zwar versichert die Einsatzleitung im Bleckeder
       Feuerwehrhaus, die Deiche würden halten.
       
       Doch sicher ist sicher: Wer will sich schon tagelang damit befassen, das
       Treibsel aus dem Gras zu pulen, wenn das Hochwasser mal weg ist. Hochwasser
       – das kennen die Bleckeder zur Genüge, aber dieses Mal wird es ernst. In
       der Region liegen die Pegel aktuell etwa 35 Zentimeter über dem bisherigen
       Rekord aus dem Jahr 2011.
       
       Andrea Harnisch, die eine Pension direkt hinterm Deich betreibt, hatte die
       Elbe schon so manches Mal im Garten und weiß, dass es auch auf
       Kleinigkeiten ankommt. „Alles, was schwimmen kann, muss festgemacht
       werden“, sagt sie – oder in Sicherheit gebracht. Das reicht von den
       wichtigen Papieren, die zur Verwandtschaft gebracht werden müssen, bis zum
       Öltank im Keller, der tunlichst gefüllt werden sollte, damit er nicht
       davonschwimmt.
       
       Dass einige Keller in niedrig gelegenen Stadtteilen volllaufen werden, ist
       normal. Doch diesmal wurden die Einwohner auf eine mögliche Evakuierung
       eingestellt. Die wird nun wohl nicht nötig sein. Die Deiche werden nicht
       brechen, da ist sich Hermann Blanquett, der stellvertretende
       Stadtbrandmeister, am Dienstagmorgen ziemlich sicher.
       
       Der Laptop seiner Kollegin zeigt, wie sich der Hochwasserpegel in den
       vergangenen Tagen entwickelt hat. Die Kurve ist nach einem steilen Anstieg
       abgeflacht. Der jüngste Wert liegt bei 11,80 Metern. Dafür sind die Deiche
       hoch genug.
       
       ## Warten auf den Höchststand
       
       Die Frage nun: Sind sie auch fest genug? „Wir warten auf den Höchststand
       und darauf, dass es Schwachstellen im Deich gibt“, sagt Feuerwehrsprecher
       Carsten Schmidt. In 6-Stunden-Schichten patrouillieren Deichläufer-Pärchen.
       Sie beobachten: Ist der Deich unversehrt? Treibt ein Baumstamm im Strom,
       der eine Bresche schlagen könnte? Wie sieht das Wasser aus, das hinterm
       Deich aus der Wiese drückt?
       
       „Klares Wasser ist kein Problem“, sagt Schmidt. Wird das Wasser aber
       sandig, droht der Deich sich aufzulösen. Die Helfer haben für diesen Fall
       Tausende Sandsäcke auf Paletten gestapelt. Mit ihnen lässt sich so eine
       Stelle ringförmig einschließen, so dass das Wasser darin steht und einen
       Gegendruck erzeugt.
       
       Überall am Deich sind im Abstand von ein paar Dutzend Metern Paletten mit
       Sandsäcken verteilt, so dass die Helfer direkt eingreifen können, sollte
       ein Schaden sichtbar werden oder die Deichkronen aufgestockt werden müssen.
       Allein 750 Paletten mit 60 bis 70 Säcken haben die Helfer am Bleckeder
       Feuerwehrhaus – Feuerwehr, Technisches Hilfswerk, Soldaten, Freiwillige –
       auf Reserve gepackt.
       
       Die Vorbereitungen für den großen Kampf um die Stabilität der Deiche sind
       in Bleckede am Montagabend abgeschlossen. Die Männer von der Freiwilligen
       Feuerwehr sitzen vor der Tür mit einem Bier in der Hand. „Wir sitzen hier
       zum ersten Mal entspannt“, sagt der Ortsbrandmeister Axel Bormann.
       
       ## Einsatz ohne Pause
       
       Seit einer Woche sind sie im Einsatz, mit einer Pause am Freitag und
       Samstag. Feuerwehrmann Jan Schuhart, der 36 Stunden lang mit dem
       Gabelstapler Sandsackpaletten über den Platz gefahren hat, zeigt Fotos von
       der Flut: Wie die Kamera-Drohne des NDR über den breiten Strom flitzt, ein
       totes Kalb im Wasser, braun, das Bein mit einem Strick angebunden.
       
       Drinnen im Gebäude trinken die Frauen der Feuerwehrleute Sekt aus
       Henkelgläsern. Sie schmieren Brote, kochen Kaffee und backen Kuchen.
       „Herkommen und helfen – das beruhigt“, sagt Bormanns Frau Susann. Haus und
       Firma seien Gott sei Dank versichert.
       
       Andrea Harnisch, direkt hinterm Deich, kann derweil zusehen, wie das Wasser
       in ihrem Garten steigt. Sie erinnert sich, wie tückisch das Hochwasser sein
       kann. 2006 führte sie in ihrem Autohaus in der Nähe ein Verkaufsgespräch,
       als das Wasser zum Haus hochstieg. Avisiert war die Welle drei Tage später.
       
       11 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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