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       # taz.de -- Bildung: Eine Schule mit zwei Formen
       
       > Eine vom Senat beauftragte Untersuchung gibt der unter Rot-Rot
       > eingeführten Schulstrukturreform gute Noten.
       
   IMG Bild: Ganz prima: Berlin ist zufrieden mit seinem Schulsystem.
       
       Eltern und Schulleiter sind mit Berlins neuem Schulsystem überwiegend
       zufrieden. Dieses Ergebnis präsentierte am Montag der Bildungsforscher
       Jürgen Baumert vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. Auftraggeber
       der Studie war die Bildungsverwaltung des Senats.
       
       Vor zwei Jahren hatte die rot-rote Koalition alle Hauptschulen, Realschulen
       und Gesamtschulen zu „Integrierten Sekundarschulen“ gemacht. Die Plätze an
       den Schulen werden jetzt nicht mehr nach Nähe zum Wohnort vergeben,
       stattdessen entscheidet bei rund zwei Dritteln der Plätze an einer Schule
       die Leistung der Bewerber und beim restlichen Drittel das Los.
       
       ## Mit zwei Formen zufrieden
       
       80 Prozent der Schulleiter von Grundschulen und Sekundarschulen befürworten
       laut der Befragung, dass es jetzt nur noch zwei Schulformen – Gymnasium und
       Sekundarschule – gibt. Bei den Eltern sind es nur 65 Prozent.
       
       94 Prozent der Eltern gaben nach der Grundschule einen oder mehrere Wünsche
       an, auf welche weiterführende Schule ihr Kind gehen soll, zwei Drittel der
       Eltern nutzten die Möglichkeit voll aus und gaben drei Wunschschulen an.
       Unter den Sekundarschulen waren dabei vor allem jene beliebt, die eine
       eigene Oberstufe haben, an der das Abitur abgelegt werden kann.
       
       SPD-Bildungssenatorin Scheeres vermutet als Ursache dafür, dass bei vielen
       Eltern immer noch Unwissen herrscht: „Einen weiteren Punkt, den wir
       verstärkt nach außen kommunizieren müssen, sind die bereits bestehenden
       Kooperationsvereinbarungen zwischen Integrierten Sekundarschulen und den
       Oberstufenzentren“, sagte sie am Montag. Somit führe jede Sekundarschule
       zum Abitur.
       
       98 Prozent der Gymnasiasten kamen laut Untersuchung an eine Schule, die
       ihre Eltern gewünscht hatten. Bei den Sekundarschülern waren es nur 89
       Prozent. Sorgen bereiten Scheeres die 6 Prozent der Eltern, die keinerlei
       Wunschschule angaben: „Diese Eltern müssen wir stärker in den Blick
       nehmen.“
       
       ## Wenig Opposition
       
       Bildungsforscher Baumert lobte, wie Berlin die Schulstrukturreform
       organisiert hat. Das Land „zeigt beispielhaft, wie man zu einem
       Schulfrieden kommt“. Anders als in anderen Bundesländern sei die Reform
       hier vergleichsweise wenig umstritten. „Es sind in Berlin alle Fehler
       vermieden worden, die man in Hamburg begangen hat.“ Dort hatten CDU und
       Grüne 2009 unter anderem die Verlängerung der Grundschule auf sechs Jahre
       beschlossen. Die Reform blieb hochumstritten, ein Volksentscheid kippte sie
       schließlich. In Berlin fehlt es an vergleichbarer Opposition gegen das
       Projekt. Die Reform blieb auch nach dem Regierungswechsel von Rot-Rot zu
       Rot-Schwarz unangetastet.
       
       Besonderes Lob verdiente für Baumert, dass die Gymnasialempfehlungen der
       Grundschullehrer nur von der Leistung und nicht vom sozialen Status der
       Eltern abhängen: „Ein Unikum unter den Bundesländern.“ Allerdings ist die
       Empfehlung der Lehrer in Berlin nicht ausschlaggebend. Immerhin 15 Prozent
       der Eltern ignorieren die Empfehlung und schicken ihr Kind auf die andere
       Schulform.
       
       Am Bildungsniveau hat die Reform übrigens nichts geändert: die Kenntnisse
       in Mathe sind stabil, in Deutsch etwas besser und in Englisch etwas
       schlechter.
       
       10 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sebastian Heiser
       
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