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       # taz.de -- Nelson Mandela im Krankenhaus: Beten für die Ikone
       
       > Der fast 95-jährige Vater der Nation soll am liebsten unsterblich sein.
       > Südafrika hält den Atem an, wenn er in ein Krankenhaus eingeliefert wird.
       
   IMG Bild: Mitglieder einer Kirchengemeinde beten auf einem Hügel in Johannesburg für Nelson Mandela.
       
       JOHANNESBURG taz | Nelson Mandela, die Ikone des Anti-Apartheid-Kampfes und
       Südafrikas Expräsident, liegt seit Samstag mit Lungenentzündung in einem
       Krankenhaus in Pretoria. „Sein Zustand hat sich in der Nacht auf Samstag
       verschlechtert“, sagte Regierungssprecher Mac Maharaj.
       
       Daher wurde der fast 95-jährige Befreiungsheld um 1.30 Uhr ins Krankenhaus
       gebracht. Mandela musste schon viermal in den vergangenen sieben Monaten
       ins Krankenhaus eingeliefert werden. Der Sprecher bezeichnete seinen
       Zustand als „ernst, aber stabil“. Mandelas Ehefrau Graca Machel soll an
       seiner Seite sein.
       
       „Der Kern der Angelegenheit ist sehr einfach“, sagte Maharaj: „Madiba ist
       ein Kämpfer. Und solange er in seinem Alter kämpft, wird er gute
       Fortschritte machen.“ Der Sprecher nannte Mandela respektvoll bei seinem
       Stammesnamen. Er atme selbst, fügte Maharaj hinzu.
       
       Doch auch das beruhigte niemanden mehr in Südafrika. Zu oft war Mandela
       schon im Krankenhaus, er leidet seit seiner 27-jährigen Gefängniszeit an
       Entzündungen der Atemwege. Er wird in seinem Haus im Johannesburger
       Wohnviertel Houghton ständig von Ärzten betreut.
       
       ## Versorgt im Militärhospital
       
       Erst im April war Mandela wegen Lungenentzündung behandelt worden. Es
       dauerte Wochen, bis er sich erholt hatte. Er wurde nicht in sein Heimatdorf
       Qunu im Ostkap zurückgeflogen, sondern lebte seither in Johannesburg in der
       Nähe zu Pretoria. Dort wird er in der Regel im Militärhospital versorgt. Wo
       genau, ist unklar. Die Regierung hält den Ort geheim, um einen
       Medienansturm zu verhindern.
       
       Immer wenn der weltweit als Ikone für Frieden und Demokratie verehrte
       Mandela ins Krankenhaus muss, hält Südafrika den Atem an. Wünsche der
       baldigen Genesung überfluten die sozialen Netzwerke. Die Menschen beten für
       Madiba. Wie bei jedem bisherigen Krankenhausaufenthalt hat Präsident Jacob
       Zuma auch jetzt wieder aufgerufen, Mandela in Gedanken und Gebete
       einzuschließen. US-Präsident Barack Obama schickt wie stets seine
       Genesungswünsche. Aus aller Welt kommen Botschaften.
       
       Südafrikas Regierung tut sich stets schwer, über Mandelas Zustand zu
       informieren. Nun ist die Strategie, aus dem Krankenhaus einmal täglich über
       Mandelas Zustand aufzuklären. Ansonsten soll die Privatsphäre der Familie
       respektiert werden. Viele Südafrikaner finden das auch. „Der Medienzirkus“
       sei nur zu bedauern, der alte Mann solle in Ruhe gelassen werden und im
       Kreis seiner Familie sterben.
       
       ## Es fällt ihr schwer, loszulassen
       
       Doch sosehr die Nation akzeptieren will, dass in diesem Zustand und hohen
       Alter genau das zu erwarten ist, es fällt ihr doch schwer, loszulassen.
       Allein das Wissen, dass Mandela noch da ist, auch wenn er sich nicht mehr
       zu Wort meldet und geistig weniger präsent ist, scheint für viele Menschen
       ein Trost zu sein. Der Vater der Nation, dem sie die Befreiung vom
       Apartheidregime verdanken und der für ihre Gleichberechtigung ins Gefängnis
       ging, soll am liebsten unsterblich sein.
       
       Auch die Ungewissheit über die Zeit nach seinem Tod macht Angst. Politisch
       ist das Land stabil. Aber mit Mandela werden die Ideale der
       Befreiungsbewegung, des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) gehen. Das
       Erbe Mandelas leidet an den Krankheiten Korruption, Arbeitslosigkeit und
       Machtkämpfen.
       
       Seine zerstrittene und geldgierige Familie trägt zum Frust bei: Nach seinem
       letzten Krankenhausaufenthalt schlossen sich Angehörige zusammen, um gegen
       seine langjährigen Freunde, den Anwalt George Bizos und den Politiker Tokyo
       Sexwale, zu klagen.
       
       Sie wollten sie von ihren Direktorenposten bei Firmen Mandelas beenden und
       direkten Kontenzugang erwirken. Mandela hatte seine Freunde vor Jahren
       eingesetzt, um Geld aus Verkäufen von Fotos der lebenden Legende Mandela zu
       verwalten.
       
       9 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martina Schwikowski
       
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