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       # taz.de -- Risse in Irans Atomkraftwerk: Sicherheitsstufe unklar
       
       > Das einzige AKW des Landes liegt in einem Gebiet, in dem regelmäßig die
       > Erde bebt. Diplomaten zufolge sollen an der Anlage nun erstmals Schäden
       > entdeckt worden sein.
       
   IMG Bild: Wo genau die Risse entstanden sein sollen, ist bisher unklar.
       
       BERLIN taz | Erdbeben haben möglicherweise das [1][Atomkraftwerk im
       iranischen Buschehr] beschädigt. Die Nachrichtenagentur AP berichtet unter
       Berufung auf zwei Diplomaten aus dem Umfeld der Internationalen
       Atomenergiebehörde (IAEO), dass Risse von mehreren Metern Länge entstanden
       seien.
       
       Offiziell wollte die Behörde den Unfall bislang nicht bestätigen. „Wir sind
       uns dieser Berichte bewusst und befragen den Iran“, so eine
       IAEO-Sprecherin. Auch wo genau die Risse entstanden sein sollen, ist bisher
       unklar. Inspektoren der IAEO können aufgrund der Rechtslage in Buschehr
       lediglich das nukleare Material prüfen, aber keine Sicherheitschecks
       durchführen.
       
       Auf den Vorschlag von IAEO-Chef Yukiya Amano, Experten der internationalen
       Atomaufsicht zu entsenden, ging Teheran nicht ein. Die Behörden bestreiten
       Schäden in Buschehr. „Es ist nicht gesagt, dass aus den Rissen
       Radioaktivität austritt“, sagt Frank Roth vom Deutschen
       Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam. „Für die Statik kommt es auf die
       Tiefe an und auch darauf, ob die Stahlarmierung im Beton beschädigt ist“,
       so Roth.
       
       Ausgelegt ist das AKW Buschehr iranischen Angaben zufolge für Erdbeben der
       Magnitude 8. Allerdings liege der Iran in einem „Erdbebengürtel, der vom
       Mittelmeer bis nach Asien reicht“, so Gottfried Grünthal vom GFZ. Im
       Umkreis von 200 Kilometern um das AKW wurden in den letzten zweieinhalb
       Monaten mehr als 30 leichte und mittlere Erdbeben registriert.
       
       ## Leitungen müssen erdbebentauglich sein
       
       Ob die vom Iran angegebene Sicherheitsstufe für Beben gilt, die direkt
       unter der Anlage stattfinden oder in einiger Entfernung, ist allerdings
       unklar. Auch ob die Angaben nur die Reaktorummantelung betreffen. Mit der
       Kernschmelze nach dem Beben von Fukushima wurde deutlich, dass es auch auf
       die Erdbebentauglichkeit von Rohr- und Elektroleitungen sowie die
       Notstromaggregate ankommt. Experten bezweifeln, dass dies in Buschehr
       berücksichtigt wurde.
       
       Für ein ähnlich starkes Beben wie in Fukushima würde die angegebene
       Erdbebensicherheit aber ohnehin nicht ausreichen. „Denn ein Beben der
       Magnitude 9 strahlt 30-mal mehr Energie ab als ein Beben der Magnitude 8“,
       so Roth: „Die Folgeschäden sind so groß und langwierig, dass der Bau von
       Kernkraftwerken in einem Erdbebengebiet wie dem Iran eigentlich nicht zu
       verantworten ist.“
       
       Die internationale Gemeinschaft sorgt sich nicht nur darum, ob der Iran mit
       einem Atomprogramm die Entwicklung nuklearer Waffen anstrebt, sondern auch
       um die Sicherheit des einzigen AKWs des Landes. Das nukleare Kraftwerk
       liegt nur rund 17 Kilomter außerhalb der 160.000-Einwohner-Stadt Buschehr.
       
       Gefährdet wären bei einem nuklearen Unfall zudem auch die wenige hundert
       Kilometer entfernten Golfstaaten. Der Reaktor in Buschehr im Süden Irans am
       Persischen Golf wurde bereits 1975, noch zu Zeiten des Schahs, von Siemens
       und anderen deutschen Unternehmen begonnen.
       
       Da die Deutschen nach der Islamischen Revolution von 1979 den Bau nicht
       fortführen wollten, übernahm Russland 1995 das Projekt. Buschehr war über
       Jahre eine Bauruine und wurde auch durch Luftangriffe während des Kriegs
       mit dem Irak in den 80er Jahren beschädigt. Erst 2011 ist es mit großer
       Verspätung und nach zahlreichen Zwischenfällen ans Netz gegangen.
       
       9 Jun 2013
       
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