URI: 
       # taz.de -- Hochwasser in Deutschland: Rekordpegelstand in Magdeburg
       
       > In Sachsen-Anhalts Hauptstadt drängt die Elbe gegen die Deiche. In
       > Bitterfeld sind 10.000 aufgerufen, ihre Häuser zu verlassen, während sich
       > in Tschechien die Lage entspannt.
       
   IMG Bild: In Magdeburg macht die Elbeflut eine Parkbankrast unmöglich.
       
       BERLIN/DRESDEN/LAUENBURG dpa | Das gewaltige Elbehochwasser hat am Freitag
       Sachsen- Anhalt erreicht. In Magdeburg überstieg der Pegelstand den des
       Hochwassers von 2002. Drei Menschen sind dort bisher beim Kampf gegen die
       Überflutungen ums Leben gekommen. Niedersachsen und Brandenburg rüsteten
       sich für die kommenden Wassermassen, die im Süden und Osten bereits große
       Verwüstungen angerichtet haben.
       
       Nach Angaben des Innenministeriums in Magdeburg liegt der Pegelstand dort
       bei 7 Metern. 2002 waren es 6,72 Meter. Normal sind für die Elbe dort knapp
       2 Meter. Der Scheitel wird für Sonntag erwartet. Nach Angaben der Behörden
       könnte der Pegel bis Sonntag auf 7,20 Meter steigen.
       
       Nach Angaben der Stadt sind die Deiche für diese Höhe ausgelegt. Mit
       großflächigen Überflutungen sei im Stadtgebiet nicht zu rechnen. An
       kritischen Stellen seien Wälle aus Sandsäcken errichtet worden.
       
       In Wittenberg kam am Donnerstagabend ein 74 Jahre alter Helfer ums Leben,
       als ihn ein Radlader erfasste. Zuvor waren zwei Menschen bei Hilfsaktionen
       kollabiert und gestorben.
       
       Im Landkreis Anhalt-Bitterfeld sind 10.000 Menschen aufgerufen, ihre
       Wohnungen zu verlassen und sich in Sicherheit zu bringen. Hier versuchen
       Arbeiter mit schwerem Gerät ein Leck zu schließen, dass sich im
       aufgeweichten Erdreich zwischen zwei Seen gebildet hat. Durch die Arbeiten
       bestehe aber auch die Gefahr, dass sich das Loch vergrößert. Dann könnte
       eine Flutwelle auf Bitterfeld zurollen.
       
       In Halle sinkt derweil der Druck auf die Dämme, bleibt aber nach Angaben
       des Krisenstabs der Stadt enorm hoch. Die Entwicklung sei insgesamt
       positiv, aber weiter sehr ernst, hieß es. Wegen der Sperrung von Gleisen im
       Bereich Pratau/Lutherstadt Wittenberg fahren Fernzüge von Berlin und
       Magdeburg nach Leipzig über Dessau. Der Halt in Lutherstadt Wittenberg
       entfällt.
       
       Bundespräsident Joachim Gauck reist am Sonntag in die Hochwasserregionen an
       Saale und Elbe. In Halle wird der Präsident am Morgen an einem Gottesdienst
       teilnehmen, teilte das Bundespräsidialamt mit. Anschließend sei ein
       Gespräch mit Menschen aus der Region sowie Helfern vorgesehen. Auch an der
       Elbe will Gauck Helfer treffen.
       
       ## Lage in Brandenburg bleibt dramatisch
       
       Die Situation in den Brandenburger Hochwassergebieten bleibt dramatisch.
       Die vom Süden her kommenden Wassermassen haben in der Nacht zum Freitag die
       Deiche stark belastet. Kritisch ist die Lage nach Angaben der
       Koordinierungsstelle Katastrophenschutz vor allem in Mühlberg
       (Elbe-Elster). Dort stieg das Wasser in der Nacht bis auf 9,88 Meter. Am
       Freitagmittag soll der Höchststand erreicht werden. Stündlich nimmt der
       Wasserstand um knapp einen Zentimeter zu. „Die Lage ist ganz, ganz
       schwierig“, sagte Wolfgang Brandt von der Koordinierungsstelle am
       Freitagmorgen.
       
       Angelegt sind die Deiche in der Stadt auf zehn Meter Wasserhöhe, 2002 stieg
       das Hochwasser auf 9,98 Meter. Die 2.100 Einwohner, die die Stadt
       freiwillig verlassen sollten, sind bisher zu großen Teilen geblieben.
       Innenminister Dietmar Woidke (SPD) wird am Freitag erneut in der Stadt
       sein. Er hat bisher eine Zwangsevakuierung abgelehnt.
       
       Das größte Problem ist laut der Koordinierungsstelle nicht die Höhe des
       Wasserstandes, sondern die Dauer des Hochwassers. Brandt rechnet damit,
       dass es noch etwa eine Woche lang Druck auf die Deiche ausüben wird. Je
       Quadratmeter drückten sechs Tonnen Gewicht dagegen. Der Krisenstab
       befürchtet, dass das Wasser an einzelnen schwachen Stellen durchkommt.
       
       ## Gebrochener Deich wieder geschlossen
       
       Nach wie vor angespannt ist auch die Lage an der Schwarzen Elster. Der
       gebrochene Deich in Herzberg ist aber mittlerweile durch Sandsäcke, die die
       Bundeswehr per Hubschrauber antransportiert hat, geschlossen worden. Sorgen
       bereitet auch hier der anhaltend hohe Wasserstand. Ein abgerutschter Deich
       verursachte am Donnerstagabend keine größeren Probleme.
       
       Auch an der Elbe im Landkreis Prignitz steigt das Wasser. Der Höchststand
       wird am Samstag erwartet. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hatte
       am Donnerstagabend den Kreis besucht. „Wir gehen von dem Schlimmsten aus –
       hoffen aber, dass es nicht eintrifft“, sagte er. Seit Donnerstag sind neben
       150 Bundeswehrsoldaten zusätzlich 200 Feuerleute aus dem Barnim und der
       Uckermark.
       
       Das Hochwasser steigt auch an der Spree. In Cottbus sind die
       Fußgängerbrücken über den Fluss gesperrt worden. Die Stadt warnt vor
       Besuchen am Ufer, weil Bäume auf den Deichen umstürzen könnten.
       
       ## Hochwasserscheitel hat Dresden erreicht
       
       Der Hochwasserscheitel der Elbe hat Dresden erreicht. Mit einem Höchststand
       von 8,76 Metern schwoll der Fluss am Donnerstag aber weniger stark an als
       in ungünstigsten Prognosen vorhergesagt. Die Behörden waren von einem
       Höchststand von „um die neun Meter“ ausgegangen. Normal sind knapp zwei
       Meter, bei der Jahrhundertflut 2002 wurden 9,40 Meter gemessen.
       
       Das Wasser werde jedoch nur langsam abfließen, sagte ein Sprecher des
       Landeshochwasserzentrums. Auch wenn es ein erstes Aufatmen gab, dass nicht
       mehr Wasser aus Tschechien kommen wird, war auch klar: Dresden und den
       anderen Elbstädten steht noch tagelang Hochwasser bevor. Die Lage in den
       überschwemmten Gebieten blieb angespannt.
       
       Der hohe Wasserstand halte vier bis fünf Tage an, sagte Innenminister
       Markus Ulbig (CDU) am Donnerstag. „Entscheidend ist die Sicherheit der
       Sandsackwälle.“ In Dresden gab es weitere Evakuierungen, nach Angaben der
       Stadt waren rund 9000 Haushalte ohne Strom. In Meißen war die Elbe nur noch
       auf einer Fußverbindung passierbar. Schottenbergtunnel und Elbtalbrücken
       seien seit Mittwochabend gesperrt, sagte eine Sprecherin. Auch die Altstadt
       ist fast unpassierbar. In Pirna (Sächsische Schweiz) sind bisher mehr als
       8500 Menschen ausquartiert und der Bahnverkehr eingestellt worden.
       
       Der nächste Verteidigungspunkt an der Elbe werde Torgau sein, sagte der
       Hochwasserexperte im Umweltministerium, Martin Socher. Dort müsse das
       Deichsystem geprüft werden. GebrochenerIn Torgau stieg das Wasser am
       Donnerstag noch an. Die Stadt Leipzig schickte 30.000 Sandsäcke in die
       nordsächsische Stadt, damit Helfer Schutzwälle errichten konnten.
       
       ## Niedersachsen: Prognosen nach unten korrigiert
       
       In Niedersachsen hoffen die Menschen wieder: Nachdem die Prognosen für die
       höchsten Pegelstände zwei Tage in Folge nach unten korrigiert wurden,
       setzen jetzt viele Anwohner darauf, dass es für sie diesmal doch nicht so
       schlimm kommt wie bisher befürchtet. In der besonders bedrohten Kleinstadt
       Hitzacker werden nun für Dienstag und Mittwoch Höchststände von 7,65 Metern
       erwartet - 1,15 Meter weniger als noch vor zwei Tagen.
       
       Auch die Bewohner der Lauenburger Altstadt können zunächst einmal wieder
       aufatmen. Die Flutwelle der Elbe wird dort nach den jüngsten Prognosen der
       Behörden ebenfalls niedriger ausfallen als zunächst befürchtet. Statt auf
       mehr als neun Meter soll das Wasser am Wochenende nur noch auf 8,20 Meter
       steigen. Der Krisenstab des Kreises Herzogtum Lauenburg hat deshalb die
       ursprünglich für Sonnabend geplante Evakuierung der Altstadt ausgesetzt.
       
       „Aufgeschoben heißt aber nicht aufgehoben“, sagte der Sprecher des
       Krisenstabes, Peter Schütt. „Die laufenden Vorbereitungen gehen weiter,
       damit wir schnell reagieren können, wenn sich die Hochwasserprognose
       ändert“, sagte er. Doch bis auf weiteres könnten die Menschen in ihren
       Häusern bleiben.
       
       Nach der Vorhersage der Hochwasservorhersagezentrale in Magdeburg vom
       Donnerstag soll das Hochwasser am Pegel Hohnstorf bei Lauenburg am
       kommenden Mittwoch mit 9,20 Metern seinen Höchststand erreichen und danach
       langsam sinken. Bei diesem Wasserstand laufen zwar in der tief liegenden
       Unterstadt Keller voll, aber eine generelle Gefahr besteht nach Auskunft
       des Krisenstabes nicht mehr.
       
       ## DIHK: Schaden höher als 2002
       
       Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) fürchtet, dass der
       durch die Flut verursachte Schaden höher ausfallen wird als 2002. „2002
       betrug der durch das Hochwasser hervorgerufene volkswirtschaftliche Schaden
       rund elf Milliarden Euro“, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer der in
       Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post vom Freitag. „In einigen Regionen
       dürfte das Ausmaß der Schäden eher größer sein als 2002.“
       
       Allerdings sei die Lage noch „zu unübersichtlich, um das Ausmaß der Schäden
       abschließend beziffern zu können“, betonte Schweitzer. Wichtig sei jetzt,
       den Betrieben schnell und unbürokratisch zu helfen. Nach den
       Aufräumarbeiten gelte es für die Unternehmen, mit ihren Geschäften und
       ihrer Produktion wieder neu zu starten.
       
       Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte am Donnerstag in der
       ZDF-Sendung „Maybrit Illner“, die von der Kanzlerin angekündigte
       Unterstützung in Höhe von 100 Millionen Euro werde „sicher nicht das letzte
       Wort sein“. Auch die Regierungen der betroffenen Bundesländer haben
       inzwischen Hilfsprogramme aufgelegt. Experten gehen davon aus, dass das
       bisher bereitgestellte Geld nicht ausreichen wird.
       
       ## Lage in Tschechien beruhigt sich
       
       In Tschechien hat sich die Hochwasserlage deutlich entspannt. Die
       Pegelstände gingen am Freitag kontinuierlich an allen Flüssen im
       Einzugsgebiet von Elbe und Moldau zurück, wie der Wetterdienst in Prag
       mitteilte. Der Wasserstand in der hart getroffenen Industriestadt Usti
       (Aussig) schwankte am Morgen knapp über der Zehn-Meter-Marke. Mit den
       Aufräumarbeiten kann dort nach Angaben der Behörden frühestens am Sonntag
       begonnen werden.
       
       Bis im Land alle Schäden beseitigt sind, könnten nach Einschätzung von
       Präsident Milos Zeman zwei Jahre vergehen. In Prag waren alle U-Bahn-Linien
       wieder in Betrieb. Stationen am Ufer wurden von den Zügen jedoch ohne Halt
       durchfahren. Angekündigte Niederschläge bereiteten Sorge. „Die
       Rückhaltefähigkeit der Landschaft ist praktisch gleich null“, teilte
       Ministerpräsident Petr Necas mit.
       
       Vielerorts waren Straßen und Zufahrtswege überschwemmt. „Wir sind eine
       trockene Insel in einem Meer“, sagte die Bürgermeisterin von Theresienstadt
       (Terezin), Ruzena Cechova, der Agentur CTK. Doch in einem Vorort der
       früheren Festung standen 50 Häuser rund einen Meter tief unter Wasser.
       
       7 Jun 2013
       
       ## TAGS
       
   DIR Hochwasserschutz
   DIR Hochwasser
   DIR Elbe
   DIR Deiche
   DIR Lauenburg
   DIR Bahn
   DIR Donau
   DIR Hochwasser
   DIR Hochwasser
   DIR Hochwasser
   DIR Hochwasser
   DIR Hochwasser
   DIR Flut
   DIR Hochwasser
   DIR Deutschland
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Bahnstrecke Hannover-Berlin: Demnächst wieder freie Fahrt
       
       Ab Anfang November fahren die Züge wieder auf der wegen Hochwasserschäden
       gesperrten Strecke Hannover-Berlin. Die Restarbeiten sollen jetzt schnell
       beendet werden.
       
   DIR Hochwasser in Deutschland: Eine Flut an Freiwilligen
       
       Ob Magdeburg, Wittenberge oder Deggendorf: In den vom Hochwasser
       betroffenen Gebieten packen engagierte Bürger mit an. Viele davon sind
       Studierende.
       
   DIR Hochwasser der Elbe: Lauenburgs Altstadt geräumt
       
       Im Norden wartet man mit Bangen auf den Scheitelpunkt der Elbefluten,
       während der ICE-Fernverkehr weiter gestört bleibt. Budapest leidet unter
       dem Hochwasser der Donau.
       
   DIR Hochwasser in Deutschland: Kritische Lage in Magdeburg
       
       In den nördlichen Bundesländern steigen die Pegel. Die Havel wurde durch
       kontrollierte Flutung entlastet. In Hitzacker muss die Altstadt evakuiert
       werden.
       
   DIR Hochwasser der Elbe: Die Helfer kommen an ihre Grenzen
       
       Magdeburg kämpft gegen die Fluten an. Andernorts gaben Deiche dem Wasser
       längst nach. Die Altstadt Wittenberges wird evakuiert. Schäuble sichert
       weitere Gelder zu.
       
   DIR Hochwasser in Deutschland: Gaffern droht Zwang zur Mithilfe
       
       Der Deutsche Feuerwehrverband will Katastrophentouristen zum Kampf gegen
       die Flut verpflichten. In Sachsen-Anhalt und Brandenburg drückt die Elbe
       gegen die Deiche.
       
   DIR Ökologischer Hochwasserschutz: Begrenzte Wirkung
       
       Höhere Deiche und starke Staudämme helfen nicht gegen die Fluten. Können
       die Betroffenen von ökologischen Maßnahmen Hilfe erwarten?
       
   DIR Vorsorgliche Evakuierungen: Die Angst vor weichen Deichen
       
       Am niedersächsischen Elbufer wird eine Rekordflut befürchtet. Deiche werden
       erhöht und Städte evakuiert. Naturschützer mahnen Überflutungsflächen an.
       
   DIR Hochwasser in Deutschland: Die Flut bleibt länger
       
       Finanzminister Schäuble kündigt Hilfen für Flutopfer an. Unterdessen hat
       die Scheitelwelle der Elbe Dresden erreicht. Die Lage an Saale und Donau
       bleibt kritisch.
       
   DIR Hochwasser in Sachsen: „Lieber Wasser im Wohnzimmer“
       
       In Roßwein haben Bürgerproteste eine Flutschutzwand verhindert – sie hätte
       den Blick versperrt. Nun steht die mittelsächsische Kleinstadt unter
       Wasser.
       
   DIR Hochwasser in Deutschland: Rekordflut an der Saale
       
       In Halle steht die Saale so hoch wie seit 400 Jahren nicht mehr. Rund
       30.000 Menschen sollen ihre Häuser verlassen. Gefahr droht auch in Dresden.