URI: 
       # taz.de -- Kolumne Die rätselhafte Welt des Sports: Konsonanten-Monster Tmschtschk
       
       > Dem fleischgewordenen Mitlaut Ntlj Tmschtschk hat der FC Bayern alles zu
       > verdanken. In einem Jahr werden alle flehen: Komm bitte zurück, du
       > Rflgsgrnt!
       
   IMG Bild: Blaugelber Lendenschurz: Ersatzspieler Anatoliy Tymoshchuk (rechts) jubelt mit Torschütze Mandzukic.
       
       Achtung: Dies ist eine historische Rubrik! Noch nie zuvor hat ein Münchner
       Autor an einem 6. Juni 2013 in einer taz eine Sportkolumne veröffentlicht.
       Wahnsinn!
       
       Historisch ist natürlich auch „Ciao, Capitano!“, der Abschied vom
       markenrechtlich geschützten Sachsen Michael Ballack®©?. Ebenfalls
       historisch ist das Triple des FC Bayern München, so was gab’s noch nie.
       Oder wie Franck Ribéry nach dem Abpfiff des Pokalfinales in Berlin sagte:
       „Das ist Historiker!“
       
       Historiker war auch das, was Bundeskanzlerin Merkel bei der so noch nie
       dagewesenen Jahrtausendflut vor Ort in Passau sagte („Ihnen allen alles
       Gute!“) oder letzte Woche vor dem Londoner Finale: „Ich bin für Borussia
       Dortmund und Bayern München.“ Das ist so wie: „Meine Lieblingsjahreszeit
       ist Sommer und Winter. Ach ja, und Frühling und Herbst, natürlich.“ Oder:
       „Ich bin aus voller Überzeugung Vegetarierin, aber zu einem knusprigen
       Schweinebraten sage ich auch nicht Nein.“
       
       DFB-Präsident Wolfgang Niersbach hatte sich sogar vor dem Finale in Wembley
       zu der tollkühnen Aussage verstiegen: „Ich bin heute für Deutschland.“
       Leider hat dann die Ukraine gewonnen. Diesen Eindruck konnte man zumindest
       gewinnen, wenn man Ntlj Tmschtschk nach dem Spiel mit seiner ukrainischen
       Fahne als Lendenschurz herumtänzeln sah.
       
       ## Auf der Ersatzbank alles gegeben
       
       Der fleischgewordene Konsonant war zwar nur Ersatzspieler
       (Erkennungszeichen: totblondierte Jesusfrisur), stand aber in London
       bereits zwei Hundertstelsekunden nach dem Schlusspfiff in Trikot und kurzer
       Hose auf dem Platz, so als hätte er 90 Minuten alles gegeben, und hat sich
       dafür von den Fans bejubeln lassen.
       
       Bei der historischen Triple-Feier am vergangenen Sonntag auf dem
       Rathausbalkon in München hat dann der quietschfidele Ukrainer in erster
       Reihe lautstark gefeiert, als wäre er mit seinen geschätzten fünf
       Saisoneinsätzen die alles entscheidende Säule des Erfolgs der Bayern
       gewesen. Aber vielleicht ist es ja wirklich so – vielleicht war tatsächlich
       Tmschtschk, der tapfere Staubsauger vor der Abwehr, die allentscheidende
       Figur dieser Saison, nur es hat keiner gemerkt.
       
       Wahrscheinlich gehen mit seinem Wechsel zurück zu Zenit St. Petersburg die
       gesamte Ordnung, die Hierarchie und die Technik verloren und in einem Jahr
       wird nach überstandenem Abstiegskampf alles sagen: Komm bitte zurück,
       Tmschtschk, du Rflgsgrnt (russisch für: Erfolgsgarant)!
       
       Vielleicht wird aber auch der neue Trainer Pep Guardiola mit den Bayern
       nicht nur das Triple holen, sondern das Quadruple, Quintruple, Sextuble,
       Septuple, Octuple oder gar Nonuple, bestehend aus Meisterschaft, Pokal,
       Champions League, Supercup, Weltcup, Liga Cup, Nordkap, Batschkapp und Kap
       Verden. Und dann ist Frührentner Jupp endgültig Geschichte, quasi Historie.
       
       ## Spielerfrau des Jahres
       
       Übrigens bietet jetzt ein bayerisches Münzkontor für nur 49,95 Euro eine
       „historische Gedenkmünze“ zum Sieg der Bayern an, in „höchster
       Prägequalität polierte Platte“. Klingt so, als hätten Arjen Robben und
       Matthias Sammer höchstpersönlich mitgeprägt.
       
       Den wichtigsten Titel allerdings haben den Bayern dann doch noch die
       Dortmunder weggeschnappt. Bei einer (vermutlich historischen) Gala in
       München wurde vom Promimagazin Closer die „Spielerfrau des Jahres“ gewählt,
       dazu mussten die Damen mit langem Haar und High Heels auflaufen und
       irgendwas mit Charity machen.
       
       Cathy Fischer (lange Haare, High Heels), die Freundin von Mats Hummels,
       gewann knapp vor Mesut Özils Freundin Mandy (lange Haare, High Heels) und
       sagte zur Ehrenrettung ihres Berufsstandes: „Wir Spielerfrauen sind nicht
       nur Modepüppchen.“ Man beachte das „nur“. Cathy (Hobbys: „Mode und
       Fußball“) hat übrigens als erste Spielerfrau diesen Titel geholt.
       Hysterisch, äh – historisch!
       
       5 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Achim Bogdahn
       
       ## TAGS
       
   DIR Triple
   DIR Historie
   DIR Fußball
   DIR Doping
   DIR Uli Hoeneß
   DIR Sponsoring
   DIR Mario Balotelli
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kolumne Die rätselhafte Welt des Sports: Sieg oder Sarg
       
       Nur ein Spiel kann für Fußballtrainer das Aus bedeuten, manchmal reichen
       aber auch schon zehn Minuten. Den Entlassenen folgen ihre Vorgänger.
       
   DIR Kolumne Die rätselhafte Welt des Sports: NSA, übernehmen Sie!
       
       In Frankreich rollt der Tour-Tross durch die sommerliche Landschaft. Grund
       genug um an die dümmsten Doping-Dussel des Radsports zu erinnern.
       
   DIR Abschiedsspiel in Leipzig: Mit Mourinho gegen die Flut
       
       Noch einmal glänzte Michael Ballack. An seinem Abend trug der Ex-Kapitän
       der deutschen Nationalmannschaft drei Tore zu seinem Abschiedsmatch bei.
       
   DIR Kolumne Die rätselhafte Welt des Sports: Uli kann auch Fifa
       
       Die drei Millionen Euro Steuerhinterziehung sind so etwas von Wurscht –
       zumal dahinter ein großer Plan steht: Hoeneß will oberster Fußball-Chef
       werden.
       
   DIR Kolumne Die rätselhafte Welt des Sports: In Your Coface!
       
       DKB, SGL, Wirsol: Neue Stadionnamen überall. Und wenn statt für
       Plastikmännchen für Gummibärchen geworben wird, erklärt das vielleicht so
       manche Spielweise.
       
   DIR Kolumne Die rätselhafte Welt des Sports: Bungatellis U-Wäsche-Faible
       
       Symbiotische Verbindungen gehören eigentlich ins Tierreich. Doch
       mittlerweile machen mit Profikickern liierte Dessousmodels dem Madenhacker
       Konkurrenz.