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       # taz.de -- Gottesdienste für gefallene Soldaten: Hausrecht für Feldjäger
       
       > Das Militär will bei Trauergottesdiensten für gefallene Soldaten selbst
       > für Sicherheit sorgen. Der Militärbischof empfiehlt, das Hausrecht an die
       > Feldjäger zu übertragen.
       
   IMG Bild: Abschied in der Kirche: hier bei der Trauerfeier für drei in Afghanistan getötete Soldaten in Hannover.
       
       HAMBURG taz | Kirchengemeinden sollen den Feldjägern ihr Hausrecht
       übertragen, wenn sie die zentralen Trauerfeiern für gefallene Soldaten
       ausrichten. Das hat der evangelische Militärbischof Martin Dutzmann in
       einer Handreichung empfohlen, die die evangelische Landeskirche Hannovers
       Mitte Mai an ihre Gemeinden weitergeleitet hat. Das Friedensbüro Hannover
       nannte das einen Skandal. „Wir fordern die Landeskirche auf, diese
       Empfehlung rückgängig zu machen“, heißt es in einer Erklärung des Vereins.
       
       Seit die deutschen Streitkräfte sich wieder an Kriegen beteiligen, ist die
       Frage aktuell geworden, wie den Opfern dieser Einsätze auf angemessene
       Weise gedacht werden kann. Seit einigen Jahren organisiert das
       Bundesverteidigungsministerium zentrale Trauerfeiern, an denen Mitglieder
       des Bundeskabinetts teilnehmen.
       
       Nach Auskunft des Evangelischen Kirchenamtes für die Bundeswehr bestehen
       diese Feiern aus einem Gottesdienst und einem Staatsakt, die beide unter
       dem Dach einer Kirche stattfinden. Die Gesamtverantwortung trage das
       Bundesverteidigungsministerium.
       
       Dazu gehöre auch die Verantwortung für die Sicherheit der Teilnehmenden.
       „Aus Gründen der Gefahrenabwehr und um Störungen vermeiden zu können, wird
       der Kirchenvorstand in der Regel gebeten, für die Dauer der Trauerfeier das
       Hausrecht an die Feldjäger der Bundeswehr zu übertragen“, schreibt
       Militärbischof Martin Dutzmann. An das Schreiben hängte er einen passend
       vorformulierten Brief an die Feldjäger.
       
       „Das Hausrecht der Kirche und das darauf beruhende Asylrecht fußen auf dem
       ’Heiligtumsasyl‘ und gehören zu den ältesten kulturellen Errungenschaften
       der Menschheit überhaupt“, protestierte das Friedensbüro Hannover.
       
       Das Kirchenasyl habe unzähligen Menschen das Leben gerettet, weil es vom
       Staat unabhängig sei. Mit der Übergabe des Hausrechts an die Bundeswehr
       würde „ohne Not eine Grenze überschritten, die selbst in der DDR und in der
       Nazizeit nicht angetastet wurde“, erklärt der Verein.
       
       Bei der Empfehlung des Militärbischofs handele es sich um eine Hilfe für
       den Fall, dass sich eine Gemeinde plötzlich mit einer solchen Trauerfeier
       konfrontiert sehe, teilte die Landeskirche Hannover mit. „Es war in diesen
       Krisensituationen sehr schwierig, die protokollarischen Fragen zu klären“,
       sagte deren Sprecher Johannes Neukirch. Deshalb habe die Landeskirche die
       Handreichung an die Gemeindevorstände weitergeleitet. Bislang hat es keine
       Zwischenfälle bei Trauerfeiern gegeben.
       
       ## Bundeswehr-Pressestelle ist überrascht
       
       Bei der Pressestelle der Bundeswehr zeigte man sich überrascht von der
       Annahme, dass die Feldjäger das Hausrecht in der Kirche beanspruchten. Eine
       verbindliche Auskunft konnte man dazu nicht geben. Landeskirchensprecher
       Neukirch versicherte jedoch, es handele sich um eine Absprache zwischen dem
       Verteidigungsministerium und der Militärseelsorge.
       
       Der Kirche sei an einer sauberen Trennung gelegen zwischen dem
       Gottesdienst, den nur die Kirche feiern könne und dem Staatsakt, der Sache
       der Bundesregierung sei, sagte Walter Linkmann, der Sprecher des
       Militärbischofs. Die Verantwortung für die Sicherheit trügen die Feldjäger,
       die daher offenbar auch handlungsfähig sein wollten. „Die eigentliche
       Irritation entsteht dadurch, dass Bundeswehr und Kirche einen Anlass haben,
       plötzlich etwas gemeinsam zu machen“, sagte Linkmann.
       
       Das Friedensbüro hält diese Zusammenarbeit für fragwürdig. „Statt sich
       ausgiebig damit zu befassen, wie bei Trauergottesdiensten die Kirche am
       besten geschützt werden kann, ist es Aufgabe der Kirche, sich gegen den
       Krieg und das Töten von Menschen starkzumachen“, kritisierte der Verein.
       Die Bundeswehr stehe der von Jesus gepredigten Gewaltlosigkeit fern.
       
       4 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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