# taz.de -- Cyberkriminelle im Internet: Die Sowjetunion virtuell wiederbelebt
> Hacker und Spammer haben sich in einem vergessenen Winkel des Netzes
> breitgemacht: auf der Domain der Sowjetunion. Dort agieren sie weitgehend
> unbehelligt.
IMG Bild: Wahrscheinlich arbeiten echte Cyberkriminelle mit mehr Licht: Mann mit Computer.
MOSKAU ap | Die Sowjetunion mag vor zwei Jahrzehnten untergegangen sein,
ihre Internetdomain mit der Endung „.su“ ist jedoch quicklebendig. Beliebt
ist sie aber nicht etwa bei Kommunismus-Nostalgikern, sondern bei
Cyberkriminellen, Hackerbanden und Spammern, die das Internet mit
unerwünschten Werbemails überfluten. Der Grund: Die Hürden für eine
Registrierung sind viel niedriger als etwa bei der aktuellen russischen
Top-Level-Domain „.ru“.
Oren David von der Internet-Sicherheitsfirma RSA zufolge begannen Ende 2011
massenhaft Betrüger aus Russland, die verwaiste Domain ".su" zu bevölkern –
weil die Administratoren der regulären russischen Domain härtere Saiten
gegenüber Kriminellen aufzogen. Ähnlich beliebt seien auch andere obskure
Ecken des Netzes, etwa die Domain „.tk“ der drei Mini-Atolle Tokelau im
Südpazifik.
Group-IB, eine der beiden offiziellen Kontrollinstanzen in Russland,
berichtet, die Zahl der zwielichtigen Websites in der alten Sowjet-Domain
habe sich in den Jahren 2011 und 2012 jeweils mehr als verdoppelt. „Die
Domain hat massive Probleme“, resümiert Andrej Komarow von Group-IB. „Nach
meinem Eindruck benutzen inzwischen mehr als die Hälfte aller
Cyberkriminellen die Top-Level-Domain der UdSSR.“
Ein Beispiel ist die inzwischen stillgelegte Seite „Exposed.su“, die
angeblich Kreditkarteninformationen von Michelle Obama,
US-Präsidentschaftskandidat Mitt Romney, Donald Trump sowie Tiger Woods und
Beyonce veröffentlicht hat. Wieder andere Sowjet-Sites werden missbraucht
um sogenannte Botnetze zu steuern – damit können etwa massenhaft Spam-Mails
versendet oder Angriffe auf fremde Rechner ausgeführt werden.
## Neue Sicherheitsrichtlinien im Sommer
Einfach abschalten ist aber auch keine Lösung, denn auf „.su“ enden zurzeit
mehr als 120.000 Homepages. Komarow sagt: „Das wäre, als wenn man „.com“
oder „.org“ blockieren wollte. Es gibt eben auch viele, viele legale
Betreiber dort.“
Auch der Betreiber der Top-Level-Domain, die Moskauer Stiftung für
Internetentwicklung, hat das Problem erkannt. „Im Sommer setzen wir neue
Sicherheitsrichtlinien in Kraft“, verspricht ihr Leiter Sergej Owscharenko.
Bis dahin bleibt „.su“ zumindest in Teilen ein „Reich des Bösen“ – so wie
Ronald Reagan zur Zeit des Kalten Kriegs einst die UdSSR gescholten hatte.
31 May 2013
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