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       # taz.de -- Mehr Kontrolle in Lüneburg: Libeskind-Bau unter Aufsicht
       
       > Nach Unstimmigkeiten bei der Auftragsvergabe für das neue Zentralgebäude
       > könnte die EU der Leuphana-Universität Fördermittel streichen.
       
   IMG Bild: Im Visier von EU-Antikorruptionsermittlern, Landesrechnungshof und jetzt auch Niedersachsens Wissenschaftsministerin: der geplante Libeskind-Bau der Lüneburger Uni.
       
       HANNOVER taz | Niedersachsens Wissenschaftsministerin Gabriele
       Heinen-Kljajic (Grüne) zweifelt am Finanzierungskonzept des Libeskind-Baus
       der Leuphana-Universität in Lüneburg. Anfangs mit 60 Millionen Euro
       veranschlagt, hat die Uni dafür bereits 7,7 Millionen Mehrkosten beim
       Wissenschaftsministerium angemeldet. Sie rechne zudem damit, dass die EU
       bereits bewilligte Fördergelder nicht zahlen wird, sagte Heinen-Kljajic am
       Donnerstag im Landtag in Hannover – wegen Unstimmigkeiten bei der
       Auftragsvergabe.
       
       Das ist ihre erste Einschätzung eines vertraulichen Vorabberichts der
       EU-Antikorruptionsbehörde Olaf zu dem geplanten Bau eines
       Uni-Zentralgebäudes nach Plänen des Starachitekten Daniel Libeskind. Seit
       2010 bereits untersucht Olaf das Vorhaben der Lüneburger
       Stiftungsuniversität. Über 10 Millionen Euro soll Brüssel zu dem Bau
       beisteuern, 21 Millionen das Land Niedersachsen. Der offizielle
       Olaf-Abschlussbericht wird in Hannover quasi minütlich erwartet, bislang
       liegt der rot-grünen Landesregierung nur ein vertraulicher Entwurf vor.
       
       Inhaltlich kommentieren dürfe sie diesen nicht, sagte
       Wissenschaftsministerin Heinen-Kljajic, auch um mögliche
       „staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht vorzugreifen“. Zu erwarten
       seien aber „finanzielle Konsequenzen“, so Heinen-Kljajic. Wie der
       Weser-Kurier bereits aus dem Papier zitierte, erkennen die EU-Ermittler
       eine ganze Reihe von Verstößen an dem Bauprojekt, das Hochschul-Präsident
       Sascha Spoun und sein Vize Holm Keller kurz nach ihrem Antritt in Lüneburg
       2006 angeschoben hatten.
       
       Aufträge sind demnach unzulässigerweise gestückelt und freihändig vergeben
       worden, Ausschreibungspflichten verletzt. Etwa bei der Berufung von
       Architekt Libeskind zum nebenberuflichen Professor 2007: Auf den
       renommierten Architekten „zugeschnitten“ habe man die Stelle. 90.000 Euro
       im Jahr gab es für die Professur, zudem einen 500.00 Euro-Vertrag für
       „baukünstlerische Begleitung“ – aus Sicht von Olaf möglicherweise „Hinweise
       auf eine Vorteilsnahme im Amt oder Untreue“.
       
       Beanstandet hatte dieses Konstrukt zuvor schon Niedersachsens
       Landesrechnungshof (LRH). Der hatte sich 2011 mit dem Finanzierungskonzept
       für das Zentralgebäude befasst – und es für nicht gesichert befunden. Im
       März legte der LRH mit einer Prüfung der Vergabepraxis nach: Er stieß auf
       21 Beraterverträge über insgesamt 1,23 Millionen Euro (taz berichtete).
       Einzelne Auftragnehmer seien dabei durch „besondere Zahlungsmodalitäten“
       und „nicht nachvollziehbare Vergütungen“ begünstigt worden, rügte der LRH.
       
       Neben Libeskind profitierte demnach auch der Münchener Architekt Robert
       Ketterer – beide sind geschäftlich mit der Uni-Leitung verwickelt. Ketterer
       war einst Geschäftspartner der von Vizepräsident Holm betriebenen,
       zwischenzeitlich aufgelösten Proportion GmbH. Die vermarktete wiederum
       Villen von Libeskind – und fungierte beim Lüneburger Neubau als Sponsor.
       Proportion-Geschäftspartner Ketterer erhielt seinerseits von der Uni einen
       200.000 Euro-Auftrag, ohne dass dem LRH konkrete Leistungsnachweise
       vorgelegt werden konnten.
       
       Wissenschaftsministerin Heinen-Kljajic kündigte nun eine stärkere Kontrolle
       des Lüneburger Bauvorhabens an. Künftig sollen ihr Ministerium und die
       Oberfinanzdirektion die Bauausführung enger begleiten. Zudem fordert sie
       ein strikteres Finanzcontrolling vom Stiftungsrat der Uni, die zwar unter
       der Rechtsaufsicht des Wissenschaftsministeriums steht, aber weitgehend
       eigenständig wirtschaftet.
       
       „Irritiert“ zeigte sich Heinen-Kljajic darüber, dass die Vorgängerregierung
       derlei Maßnahmen nicht schon früher ergriffen hat: Erste Hinweise auf
       Unstimmigkeiten gab es bereits 2009. Noch 2011 erklärte aber die damalige
       Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU), heute
       Bundesbildungsministerin, alle Vorgänge seien „völlig korrekt“ gelaufen –
       die Olaf-Ermittlungen waren da schon im Gange.
       
       Die Hochschule selbst erklärte, stets nach gesetzlichen Vorschriften
       gehandelt zu haben. Um diesem Standpunkt „Geltung zu verschaffen“, werde
       man „jedes zur Verfügung stehende Rechtsmittel ausschöpfen“.
       
       30 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Teresa Havlicek
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