# taz.de -- Ausweisungen religiöser Extremisten: Show für die konservative Klientel
> Innenminister Friedrich will Ausweisungen religiöser Extremisten
> erleichtern. Anlass sei die Bedrohung in Deutschland durch „salafistische
> Aktivisten“.
IMG Bild: Türkische Polizisten eskotieren Metin Kaplan zum Gericht. Der „Kalif von Köln“ wurde wegen religiösem Extremismus 2004 abgeschoben.
FREIBURG taz | Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will die Ausweisung
„religiöser Extremisten“ erleichtern. Das hatte er bereits vorige Woche bei
der [1][Innenministerkonferenz] von Bund und Ländern in Hannover
angekündigt. Jetzt liegt der taz sein Referentenentwurf „zur Modernisierung
des Ausweisungsrechts“ vor.
Danach soll ein Ausländer zwingend ausgewiesen werden, wenn er sich „bei
der Verfolgung religiöser Ziele“ an Gewalttätigkeiten beteiligt oder
öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht.
Bisher war dies laut Gesetz nur bei der Verfolgung „politischer Ziele“
vorgesehen.
Anlass sei die zunehmende Bedrohung des friedlichen Zusammenlebens in
Deutschland durch „salafistische Aktivisten“, heißt es in dem Entwurf des
Bundesinnenministers. [2][Salafisten] sind besondere fundamentalistische
Muslime. Nicht alle Salafisten sind gewaltorientiert. Aber die meisten der
jüngst in den Terror abgeglittenen Muslime waren vorher Salafisten.
Allerdings handelt es sich bei der von Friedrich vorgeschlagenen Änderung
nicht wirklich um eine Verschärfung des Ausweisungsrechts. Da der religiöse
Extremismus bisher als politischer Extremismus behandelt wurde, ist die
ausdrückliche Nennung „religiöser Ziele“ eher eine symbolische
Klarstellung.
## Regeln ohne große Bedeutung
Etwas größere praktische Bedeutung haben andere Verschärfungen des
Entwurfs. So soll bei gewaltorientierten extremistischen Ausländern die
Ausweisung nicht mehr nur „in der Regel“, sondern zwingend erfolgen.
Außerdem soll künftig zwingend ausgewiesen werden, wenn ein Ausländer zu
einer einjährigen Freiheitsstrafe (ohne Bewährung) verurteilt wurde,
derzeit liegt die Grenze noch bei drei Jahren Freiheitsstrafe.
Für die meisten Ausländer werden diese Regeln allerdings keine große
Bedeutung haben. EU-Bürger können nur ausgewiesen werden, wenn sie eine
akute Gefahr darstellen. Das Gleiche gilt aufgrund eines
Assoziationsabkommens auch für Türken. Andere Ausländer, die schon mehr als
fünf Jahre rechtmäßig in Deutschland leben, können auch nur nach einer
Ermessensentscheidung ausgewiesen werden. Diese von der Rechtsprechung
entwickelte Einschränkung des Ausweisungsrechts soll nun auch ausdrücklich
im Gesetz erwähnt werden.
Insofern ist die ständige Zunahme der Gründe für eine zwingende Ausweisung
vor allem Show für die [3][konservativen Stammwähler]. Es gibt nur wenige
Fälle, bei denen dieser Automatismus überhaupt anwendbar wäre, zum Beispiel
bei frisch eingereisten afrikanischen Studenten, die straffällig werden.
Innenminister Friedrich rechtfertigt die Verschärfungen vor allem damit,
dass die Hochstufung der Ausweisungsgründe ihr Gewicht bei der Abwägung mit
den Interessen des Ausländers erhöhe.
Ob Friedrichs Vorschläge je im [4][Aufenthaltsgesetz] verankert werden, ist
ohnehin unsicher. Er müsste erst einmal seine Regierungskollegin
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) überzeugen, dass
die Änderungen notwendig sind. Sollten Bundeskabinett und Bundestag
zustimmen, wäre auch noch eine Zustimmung des rot-grün dominierten
Bundesrats erforderlich. Bei der Innenministerkonferenz vorige Woche legte
Friedrich die Vorschläge nur als Tischvorlage vor und verärgerte damit
sogar sein eigenes Lager.
29 May 2013
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## AUTOREN
DIR Christian Rath
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