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       # taz.de -- Fehlverhalten von Ärzten: Vorläufig ohne Befund
       
       > Ärzte halten wenig von Transparenz, das legt eine Linken-Anfrage nahe.
       > Wer sich in der Ärzteschaft um Fehlverhalten kümmert, ist unklar.
       
   IMG Bild: Findet, das „sogenannte Hinweisgeber-Formular“, rufe regelrecht zu Missbrauch und Verunglimpfung der Ärzte auf: KBV-Chef Andreas Köhler
       
       BERLIN taz| Das Verhältnis zwischen niedergelassenen Ärzten und
       Krankenkassen ist seit jeher angespannt. Besonders, wenn es um
       Unappetitliches geht: Fehlverhalten etwa, Abrechnungsbetrug oder gar
       Korruption im Gesundheitswesen.
       
       Am 19. April aber war für die Ärzte das Maß des Erträglichen überschritten:
       Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung GKV hatte auf
       [1][seiner Internetseite ein Online-Formular eingerichtet], das die Abgabe
       von Verdachtsmeldungen ermöglicht, und zwar anonym.
       
       Prompt [2][erklärte] Andreas Köhler, Vorstandsvorsitzender der
       Kassenärztlichen Bundesvereinigung KBV und damit Cheflobbyist der 140.000
       Praxisärzte und Psychotherapeuten: „Das sogenannte Hinweisgeber-Formular,
       das jeder mit wenigen Klicks und anonym im Internet ausfüllen kann, ruft
       regelrecht zu Missbrauch und Verunglimpfung der Ärzte und Psychotherapeuten
       in Deutschland auf.“ Köhler forderte eine sofortige Änderung: „Wer ein
       Vergehen melden möchte, sollte sich auch zu erkennen geben und für
       Rückfragen zur Verfügung stehen.“
       
       Keine Frage, der Mann hat alles verstanden in Sachen Schutzbedürftigkeit
       von Whistleblowern. Dabei hätte man es belassen können, aber Kathrin
       Vogler, Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, wollte [3][in einer kleinen
       Anfrage] an die Bundesregierung wissen, was die Ärzte denn selbst so
       beitragen zur Aufklärung von Missbrauch im Gesundheitswesen. Denn dazu sind
       sie – genau wie die Kassen – gesetzlich verpflichtet, und zwar schon seit
       2004.
       
       ## „Fehlverhaltensbekämpfung“
       
       Ziel ist, das bestätigt die Bundesregierung in ihrer druckfrischen Antwort,
       so „den effizienten Einsatz von Finanzmitteln in der gesetzlichen
       Krankenversicherung zu stärken und die Transparenz über die Verwendung der
       Finanzmittel zu erhöhen.“ Und: „Auch die Kassenärztlichen (…) Vereinigungen
       (…) sind verpflichtet, Stellen zur Fehlverhaltensbekämpfung einzurichten
       und alle zwei Jahre über die Tätigkeit dieser Stellen zu berichten.“
       
       Allein: Über Arbeitsweise und -ergebnisse dieser Stellen wahre die
       Kassenärztliche Bundesvereinigung absolute Anonymität, erklärt Vogler. Es
       sei nicht einmal eindeutig zu ermitteln, ob diese Anti-Korruptions-Stellen
       überhaupt existieren. Auf der KBV-Internetseite werde eine solche Stelle
       nicht genannt. Auch im KBV-Organigramm suche man vergeblich.
       
       Das Bundesgesundheitsministerium weicht aus, anstatt zu sagen, weshalb auch
       in den diversen Berichten der Bundesregierung zu den
       Anti-Korruptions-Stellen nur auf die Arbeit der Krankenkassen eingegangen
       wird, nicht aber auf die der Ärzte. Immerhin stellt das Ministerium von
       FDP-Minister Daniel Bahr in Aussicht: „Die Übermittlung der zugesagten
       Stellungnahmen erfolgt alsbald.“ Vermutlich wird das wohl auch anonym
       passieren.
       
       28 May 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.gkv-spitzenverband.de/service/fehlverhalten_im_gesundheitswesen/fehlverhalten_im_gesundheitswesen
   DIR [2] http://www.kbv.de/presse/43437.html
   DIR [3] http://www.bundestag.de/presse/hib/2013_05/2013_257/06.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Heike Haarhoff
       
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