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       # taz.de -- Arbeitsbedingungen in Bangladesch: Mitsprache nicht erwünscht
       
       > Die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) hat an dem
       > Abkommen für die Textilindustrie in Bangladesch mitgearbeitet. In wessen
       > Interesse?
       
   IMG Bild: Die Trümmer der eingestürzten Rana-Plaza-Textilfabrik in Dhaka werden weggeräumt.
       
       BERLIN taz | Die Erzählungen über die Rolle der Bundesregierung nach dem
       Einsturz der Rana-Plaza-Textilfabrik in Bangladesch, der rund 1.100 Tote
       und 2.400 Verletzte forderte, gehen auseinander.
       
       Die Variante des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ): Die Mitarbeiter der
       Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) arbeiten in
       Bangladesch an einem „Konzept, wie sich Unternehmen beim Brandschutz
       künftig besser aufstellen“ können.
       
       Das erklärte Gudrun Kopp (FDP) im Ausschuss für wirtschaftliche
       Zusammenarbeit des Bundestages schon im Februar dieses Jahres. Kopp ist
       parlamentarische Staatssekretärin im BMZ, dem die GIZ untersteht.
       
       Die Variante der Kritiker: Die deutschen Entwicklungshelfer kamen den
       Unternehmen dabei entgegen, Sicherheitsauflagen „total zu verwässern“
       (Heiner Köhnen, Beschäftigten-Netzwerk tie Germany). Sie hätten an einer
       „Version light“ gearbeitet (Gisela Burckhardt, Kampagne für saubere
       Kleidung). Und sie hätten „Bemühungen der örtlichen Gewerkschaften und
       Nichtregierungsorganisationen untergraben“ (Uwe Kekeritz,
       Entwicklungsexperte der Grünen).
       
       Man könnte den Streit als überholt ansehen: Inzwischen haben 38 Unternehmen
       zugesagt, ein verbindliches Brand- und Gebäudeschutzabkommen zu
       unterzeichnen. Darunter Aldi, H & M, Primark. Und die GIZ sagte der taz,
       sie werde den Prozess „unterstützen“.
       
       Die Kampagne für saubere Kleidung und hiesige Gewerkschaften hatten seit
       Jahren für dieses Abkommen geworben. Bis zur Katastrophe in Bangladesch
       waren Tchibo und PVH die einzigen Unterzeichner.
       
       ## Konzerninteressen haben Vorrang
       
       Für den Grünen Uwe Kekeritz ist aber noch nicht alles gut. „Der Fall zeigt,
       dass sich die deutsche Entwicklungspolitik derzeit nicht nach dem Wohl der
       Menschen, sondern nach den Interessen der Konzerne richtet.“
       
       Der „Fall“ nahm seinen Anfang im November 2012. Da schaltete sich die GIZ
       in die Verhandlungen über das Brandschutzabkommen ein. Sie hält viel von
       runden Tischen und davon, Prozesse zu moderieren – und den „niedrigsten
       Nenner“ festzuzurren, sagt Köhnen.
       
       Köhnen war dabei, als die GIZ am 29. April Unternehmer nach Eschborn lud,
       um über eine „Brandschutz-Allianz“ zu beraten. Geladen waren viele große
       Firmen, etwa Adidas, Ikea und Walmart.
       
       ## Hinter geschlossenene Türen
       
       Köhnen gefiel die Diskussion nicht: „Für uns wäre das Abkommen, das dort
       rauskommen sollte, eine Katastrophe gewesen“, sagt er: Berichte über die
       Sicherheitsinspektionen in den Fabriken hätten nicht öffentlich werden
       sollen. Im GIZ-Vorschlag, der am 29. April auf dem Tisch lag, heißt es nur,
       dass sich über „Feedbackrunden“ „gelernte Lektionen“ und „Beispiele guter
       Praxis“ durchsetzen sollen.
       
       Auch eine Liste der Zulieferbetriebe, die unter das Brandschutzabkommen
       fallen, sollte es nicht gegeben. Vor allem ärgerte Köhnen aber, dass die
       ArbeiterInnen nicht mitreden sollten, welche Reparaturen und Renovierungen
       nötig sind. Und GewerkschafterInnen sollten bei Schulungen gar nicht erst
       dabei sein.
       
       Ob es tatsächlich so gekommen wäre, blieb nach dem Treffen zwar unklar.
       Burckhardt, die im Rahmen der Kampagne für saubere Kleidung seit Jahren die
       Entwicklungen in Bangladesch beobachtet, aber sagt: „So ist das häufig. Die
       GIZ spielt sich in den Vordergrund. Sie gibt vor, alle mit ins Boot zu
       holen, lässt aber die Beschäftigten außen vor.“ Sie kooperiere vor allem
       mit den Unternehmen, die dafür zahlten.
       
       ## GIZ und Lidl
       
       So unterstütze die GIZ den Discounter Lidl dabei, Boni an die ArbeiterInnen
       eines Zulieferers in Bangladesch auszuzahlen. An der niedrigen Bezahlung
       sei aber grundsätzlich nichts geändert worden. Tarifverhandlungen würden
       nicht eingeführt, Gewerkschaften nicht in die Fabrik gelassen.
       
       Auch arbeite die GIZ mit dem Verband der Bekleidungshersteller und
       -exporteure an besseren Sozial- und Umweltstandards, dort seien
       Gewerkschafter aber ebenso wenig einbezogen.
       
       Das Bundesentwicklungsministerium sieht in all dem kein Problem.
       Staatssekretärin Kopp antwortete erst im März auf eine kleine Anfrage der
       Grünen: Die Zahlung von Boni sei „grundsätzlich nicht zu beanstanden“. Und:
       Die Einbeziehung von Gewerkschaften sei „zwar keine Voraussetzung“, werde
       aber „grundsätzlich angestrebt“.
       
       26 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hanna Gersmann
       
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