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       # taz.de -- Champions League-Gewinner: Meins! Meins! Meins!
       
       > Bayern München holt mit einem 2:1-Finalsieg gegen Borussia Dortmund „das
       > Ding“ – und glänzt mit pennälerhafter Besitzerattitüde.
       
   IMG Bild: Jupp Heynckes geht nicht nur auf der Tanzfläche mit dem Erfolg recht ungelenk um.
       
       Seit 1967 gibt es die Trophäe, um die Borussia Dortmund und der FC Bayern
       am Samstag in London gespielt haben. Lange hieß er Europapokal der
       Landesmeister, mit der Einführung der Champions League verlor er seinen
       Namen. In Deutschland wird er, obwohl er hier nicht allzu oft gewonnen
       wurde, kumpelhaft Henkelpott genannt. Seit gestern aber hat die riesige,
       silberne Vase einen neuen Namen. Nach ihrem 2:1-Sieg in einem furiosen
       Finale nannten ihn die Bayernspieler nur noch „das Ding“. Wie kleine Kinder
       klammerten sie sich an die Trophäe: „Meins!“
       
       Nachdem sie das schwerste Spiel dieser ablaufenden Saison gewonnen hatten,
       fiel die Freude merkwürdig aggressiv aus. Es war, als wollten sie zeigen,
       dass ihnen „das Ding“ zusteht. Wie ein trotziger Pennäler meinte Kapitän
       Philipp Lahm nach dem Spiel: „Die Mannschaft ist endlich mal dafür belohnt
       worden, was wir in den letzten Jahren, Monaten und Wochen geleistet haben.“
       Fehlte nur noch, dass er dabei mit einem Fuß auf den Boden stampfte. Wenn
       zwei Kinder im Sandkasten an einem Kuchenförmchen ziehen und eines davon
       laut „Meins!“ schreit, schämen sich die Eltern. Die trotzige
       Besitzerattitüde der Münchner nach ihrem eigentlich so grandiosen Sieg war
       eine Steilvorlage zum Fremdschämen. Das Finale hatte ein beinahe schon
       unwürdiges Nachspiel.
       
       Dabei hätte man mit den Bayern gerne einfach nur über dieses Spiel
       gesprochen, das vor allem in der ersten Halbzeit derart schnell war, dass
       das Zuschauen zum Staunen wurde. Ein irrwitziger Schlagabtausch, bei dem
       die Dortmunder zunächst überlegen waren. Nach einer Saison, in der die
       Bayern selten große Gegenwehr zu spüren bekamen, hatte Manuel Neuer endlich
       wieder einmal die Möglichkeit, zu zeigen, welch guter Torwart er ist.
       
       Das laufintensive Überzahlspiel der Dortmunder zwang die Bayern zu Fehlern,
       wie man sie das letzte Mal bei der 2:5-Klatsche gegen den BVB im
       DFB-Pokalfinale vor einem Jahr zu sehen bekommen hat. Erst langsam kamen
       die Bayern ins Spiel, verteidigten selbst früh und ließen in der zweiten
       Hälfte kaum mehr Dortmunder Passspiel zu.
       
       ## Kindische Arroganz
       
       Die Bayern eroberten sich das Spiel zurück. Und auch wenn BVB-Trainer
       Jürgen Klopp nach dem Abpfiff monierte, dass so manche
       Schiedsrichterentscheidung „auch anders hätte ausfallen können“, so waren
       viele doch froh, dass weder Franck Ribéry nach einem Ellenbogenschlag gegen
       Robert Lewandowski noch Dante nach seinem Foul, das zum Elfmeter und zum
       zwischenzeitlichen Ausgleich für Dortmund geführt hatte, vom Platz gestellt
       worden waren.
       
       Denn dann hätte man vielleicht nicht miterleben können, wie die Bayern doch
       noch zeigten, dass sie in diesem Jahr die beste Mannschaft in Europa
       stellen. Ein Team, welches das Finale durch Tore von Mario Mandzukic und
       Arjen Robben kurz vor dem Abpfiff verdient für sich entschieden hat. Ja,
       darüber hätte man vielleicht wirklich gerne mit den Siegern gesprochen.
       Aber stattdessen gab da es vor allem bei Lahm und Bastian Schweinsteiger
       dieses kindisch-arrogante „Meins!“ zu bestaunen. Die beiden haben endlich
       ihren internationalen Titel und können den Verliererstempel, den man ihnen
       über die Jahre immer wieder aufgedrückt hat, nun abwaschen.
       
       „Meins!“ Jupp Heynckes legte nach dem Finale einen besonders merkwürdigen
       Auftritt hin. Wer ihn auf der Pressekonferenz erlebt hat, der konnte sich
       nicht vorstellen, dass er nach dem Schlusspfiff tatsächlich ein Lächeln auf
       seinem Gesicht gehabt hatte. Er freue sich für seine Mannschaft, sagte er
       mit einer Miene, als hätte man ihn eben nach einer saftigen Niederlage
       rausgeschmissen. Der Rest war Schulterklopfen – auf die eigene Schulter.
       Das Mia-san-mia-Geprotze, das die Spieler nach dem Abpfiff abgeliefert
       haben, wurde bei Heynckes zu einem selbstverliebten „Ich bin ich.“
       
       ## Der beste Trainer der Welt
       
       „Ich übergebe eine perfekt funktionierende Mannschaft“, sagte der
       68-Jährige, der in in einer Woche beim Pokalfinale zum letzten Mal für
       Bayern an der Außenlinie stehen wird. Zwar behauptete er, schon nach dem
       verlorenen Finale von 2013 entschieden zu haben, nach dieser Saison
       aufhören zu wollen, und doch wurde man den Eindruck nicht los, als wolle er
       noch einmal klarstellen, dass er durchaus hätte weitermachen können, dass
       er der beste Trainer der Welt ist und nicht dieser Pep Guardiola. Der hätte
       es ja dann eh leicht, nun, da Mario Götze verpflichtet worden ist und
       „Robert Lewandowski auch nicht mehr lange auf sich warten lassen“ wird. Es
       ist eine gewaltige Hypothek, die er seinem Nachfolger da mitgibt.
       
       Trotzdem wird Guardiola mit dem BVB ein Gegner erhalten bleiben, der weiter
       ganz nach oben will. „Da muss man sich keine Sorgen machen“, sagte Klopp
       nach dem Spiel. Recht hat er. Zwar müsse man jetzt „ein paar Spieler
       kaufen“, aber „dass wir Qualität haben, das ist uns schon auch
       aufgefallen“. Klopp will unbedingt noch einmal ins Champions-League-Finale:
       „Wir sehen uns wieder“, versprach er. „Vielleicht schon nächstes Jahr in
       Lissabon.“ Und wenn es länger dauert mit dem nötigen Umbau der Mannschaft,
       dann eben 2015 in Berlin. Die Lust der Dortmunder ist ungebrochen. Wie sie
       „das Ding“ wohl feiern würden?
       
       26 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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