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       # taz.de -- Öko-Discounter im Schlecker-Modus: „denn's ist ein Ausbeuterladen“
       
       > Die mächtigste deutsche Öko-Supermarktkette denn's expandiert rasant –
       > auch auf Kosten von Mitarbeitern. Die klagen über Arbeitszeiten und
       > Dumpinglöhne.
       
   IMG Bild: Alles schick für die Bio-Käufer - aber für die Mitarbeiter der Läden?
       
       TÖPEN taz | Bei Deutschlands größter Bio-Supermarktkette [1][denn's] müssen
       Beschäftigte oft länger und in kürzeren Abständen arbeiten als erlaubt. Die
       Löhne liegen teils unter dem Niveau, das Gewerkschafter und Unternehmer als
       Untergrenze für den Einzelhandel vereinbart haben. Das berichten aktuelle
       und ehemalige Angestellte des Öko-Unternehmens aus dem fränkischen Töpen
       der taz.
       
       Die Verkäuferin Ursula Schneider* ist eine der 1.300 Menschen, die bei
       denn‘s arbeiten. Oft steht die Verkäuferin bis 20.15 Uhr in ihrer Filiale,
       um am nächsten Morgen um 6.30 Uhr wieder anzutreten – nach zehneinviertel
       Stunden Pause. Das ist ein Verstoß gegen das [2][Arbeitszeitgesetz]:
       Demnach müssen Beschäftigte zwischen zwei Schichten eine „Ruhezeit von
       mindestens elf Stunden haben.“ Schneider ist kein Einzelfall. Frühere
       denn‘s-Angestellte berichten zum Beispiel von nur achteinhalb Stunden
       Ruhezeit.
       
       Das Gesetz verlangt auch, dass Arbeitnehmer maximal acht Stunden täglich
       arbeiten. Ab und an sind zehn Stunden erlaubt, wenn der Durchschnitt in
       sechs Monaten bei acht Stunden bleibt. Davon können viele Filialleiter bei
       denn‘s nur träumen.
       
       Der ehemalige Ladenchef Rolf Müller* etwa sagt: „Ich habe im Schnitt so elf
       Stunden gearbeitet. Wir haben dann die Personaleinsatzpläne frisiert, dass
       es ordentlich aussieht.“ Sonst könnten die Behörden die Verstöße bei
       Kontrollen ja entdecken. Auch andere frühere Filialleiter erzählen, dass
       sie länger als erlaubt im Markt geständen hätten. Einer von ihnen sagt:
       „denn‘s ist ein Ausbeuterladen.“
       
       Wegen der vielen Beschäftigten und Märkte lasse sich nicht beantworten, ob
       Marktleiter länger als zehn Stunden gearbeitet haben, sagt denn's-Chef
       Thomas Greim, der seit 1974 maßgeblich am Aufbau der Biobranche in
       Deutschland mitgewirkt hat. In Einzelfällen sei dies „garantiert“ so.
       Feststehe aber: „Die Stunden werden erfasst“, seit Mai in allen Läden auch
       mit einer Software, die Verstöße kontrolliere und verhindere. Greim
       bestreitet auch nicht, dass Ruhephasen zu kurz waren.
       
       Zur Frage, ob der Chef nicht mehr unternehmen müsste, um solche Verstöße zu
       verhindern, sagt er: „Wir sind immer ansprechbar in solchen Fällen, es
       melden sich aber nur wenige Mitarbeiter. Es gibt eben nur wenige Verstöße.“
       
       Greim erklärt weiter, dass denn's-Mitarbeiter auch zehn Jahre nach
       Eröffnung der ersten Filiale teils weniger als die Tariflöhne bekämen, die
       Gewerkschafter und Unternehmer für den Einzelhandel als Untergrenzen
       vereinbart haben. „Die Tarifverträge werden für den Mainstream gemacht“,
       begründet Greim das. Für die Discounter zum Beispiel, die viel mehr Umsatz
       pro Mitarbeiter machten als die Bio-Branche. Sein Argument lautet also:
       denn's ist zu arm, um Tarif zu zahlen. Tatsächlich sind die Zahlen der
       denn‘s-Märkte nicht gut.
       
       2012 hat das Unternehmen Greim zufolge etwa 180.000 Euro Gewinn
       erwirtschaftet – gerade mal 0,1 Prozent des Umsatzes. Hätte die Kette alle
       Gehälter auf Tarifniveau gehoben, hätte sie wohl Verlust gemacht.
       
       *Die echten Namen sind der Redaktion bekannt, aber zum Schutz der
       Betroffenen geändert.
       
       25 May 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.denns-biomarkt.de/
   DIR [2] http://www.gesetze-im-internet.de/arbzg/
       
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   DIR Jost Maurin
       
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