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       # taz.de -- Sächsische Imagekampagne: Teurer Spaß ohne Spaß
       
       > Die Landesregierung investiert 32 Millionen Euro in eine umstrittene
       > Werbeaktion. Die ist weitgehend witzlos und wird selbst in
       > Regierungsfraktionen kritisiert.
       
   IMG Bild: Sächsische Vielfalt: Im Erzgebirge gibt es mehr als Nussknacker.
       
       DRESDEN taz | In Sachsen ist die bislang teuerste Imagekampagne des
       Freistaats schon vor ihrem geplanten Start Mitte Juni unter Beschuss
       geraten. Nach Medienberichten wird sogar in den regierungstragenden
       Fraktionen von CDU und FDP Ummut laut, nachdem erste Details
       durchsickerten.
       
       So ärgere sich der FDP-Fraktionsvorsitzende Holger Zastrow, selber
       Werbefachmann, laut Leipziger Volkszeitung (LVZ) über „flotte Sprüche“ und
       „bunte Bildchen“. Zastrow erwartet stattdessen Ideen, „wie man seriös, mit
       Niveau und Substanz, mit Fakten, Erfolgen und Perspektiven über Sachsen
       informiert“. Ein Kabinettsbeschluss zur Kampagne steht noch aus.
       
       Unter dem Slogan „So geht sächsisch“ setzt der Entwurf auf
       Negativabgrenzungen. So spielt „Kraft ohne Hannelore“ auf
       Nordrhein-Westfalen an, „Elbphilharmonie ohne Verstimmung“ auf Hamburg. Das
       Gemälde der Sixtinischen Madonna wird als „Madonna ohne Skandale“
       präsentiert, und das Foto eines Tagebausees bei Leipzig ist als „Baden ohne
       Württemberg“ untertitelt.
       
       Der schwarz-gelbe Koalitionsvertrag von 2009 sieht eine neue Dachmarke und
       eine Imagekampagne für Sachsen vor. Seit Herbst 2011 wird darüber
       diskutiert. „Das ist eine Aufgabe, die jedes Land einfach zu erledigen
       hat“, erklärte FDP-Generalsekretär Torsten Herbst bei einer Landtagsdebatte
       im Juni 2012, und verglich sie mit der Pflege von Schlössern und Gärten im
       Freistaat.
       
       ## Sprüche statt Straßenbau
       
       Im Februar dieses Jahres erhielt nach einer europaweiten Ausschreibung die
       weltweit agierende Kommunikationsagentur Ketchum Pleon den Zuschlag unter
       20 Bewerbern. Für die auf vier Jahre angelegte Offensive will die
       Landesregierung 32 Millionen Euro bereitstellen.
       
       Diese hohe Summe sähen nun hinter vorgehaltener Hand auch CDU-Kreise in
       Kommunen oder beim Straßenbau besser angelegt. Offizielle Kritik gibt es
       noch nicht. Die Grünen-Fraktionschefin im Landtag, Antje Hermenau, nannte
       die Witzchen aber „geistlos“, die SPD sprach von einer „Steilvorlage für
       uns“.
       
       Hermenau wittert hinter der Kampagne bereits den Auftakt zum Wahlkampf für
       die in gut einem Jahr anstehenden Landtagswahlen. Sie solle überregional
       bekannte sächsische Defizite wie den Umgang mit Nazis, Handy-Überwachung
       oder eine rückständige Klimapolitik kompensieren.
       
       Staatskanzleichef Johannes Beermann hatte im Herbst des vorigen Jahres in
       einem LVZ-Gespräch die Kampagne hingegen verteidigt und bestritten, dass
       sie eine Antwort auf das schlechte Image sei, das dem Freistaat beim Umgang
       mit dem Rechtsextremismus anhaftet.
       
       ## Nussknacker, Frühaufsteher, Denkfabrik
       
       Sie solle weniger Großinvestoren anlocken als vielmehr Zielgruppen wie
       Studierende und gesuchte Fachkräfte ansprechen, darunter auch die dringend
       benötigten Lehrer. Gerade diesen Erfolg bezweifeln aber die Grünen.
       Imagekampagnen speziell der ostdeutschen Länder waren in der Vergangenheit
       stets umstritten und sorgten eher für Spott.
       
       So setzte Sachsen 2006 schon einmal die Kampagne „Sachsen. Ein Land von
       Welt“ wegen eines peinlichen Spruchs über erzgebirgische Nussknacker aus.
       Sachsen-Anhalt versucht in diesem Jahr eine Rettung seiner
       Frühaufsteher-Kampagne und forderte die Bürger zur Einsendung eigener
       Filmclips auf.
       
       84 Prozent der Deutschen hatten auch nach neun Jahren Laufzeit noch nie
       etwas von einer „Denkfabrik Thüringen“ gehört. Die Thüringer
       Nachfolgekampagne hatte das Wirtschaftsministerium nach Bekanntwerden der
       NSU-Mordtaten im November 2011 vorübergehend ausgesetzt.
       
       22 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Bartsch
       
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