URI: 
       # taz.de -- Verhältnis von Ungarn und Deutschland: Sorgen nach Orbans Nazi-Vergleich
       
       > Nach seinem Nazi-Vergleich steht Premier Viktor Orban nun auch in Ungan
       > in der Kritik. Spitzenvertreter deutscher Parteien waren zuvor empört.
       
   IMG Bild: Nazi-Vergleich: Früher standen sich Orban und Merkel näher.
       
       BUDAPEST dpa | Nach dem umstrittenen Nazi-Vergleich von Ungarns
       Ministerpräsident Viktor Orban zeigen sich Teile der ungarischen Presse
       besorgt um das Verhältnis zu Deutschland. „Praktisch hat der liebe Führer
       der Nation die mit Panzern erfolgte Nazi-Besetzung Ungarns mit der heutigen
       deutschen Politik gleichgesetzt. Faktisch hat er den wichtigsten
       Verbündeten des Landes in die Nazi-Ecke gestellt. (...) Demokratische
       deutsche Politiker wird man wahrscheinlich nicht schlimmer beleidigen
       können“, so die oppositionelle Budapester Tageszeitung „Nepszava“ am
       Dienstag
       
       In Berlin hatte Orban zuvor Entrüstung ausgelöst. Bundesaußenminister Guido
       Westerwelle sprach am Montag von einer Entgleisung. Auch Spitzenvertreter
       von CDU, SPD und Grünen reagierten empört. Orban hatte in seinem
       wöchentlichen Rundfunk-Interview gesagt, Deutschland habe schon einmal - in
       der Zeit des Nationalsozialismus - Panzer nach Ungarn geschickt und möge es
       nicht erneut tun.
       
       Ungarns rechts-nationaler Regierungschef bezog sich auf eine Äußerung von
       Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Donnerstag beim WDR-Europaforum
       gesagt hatte: „Wir werden alles tun, um Ungarn auf den richtigen Weg zu
       bringen, aber nicht gleich die Kavallerie schicken.“
       
       Merkel reagierte damit auf eine Bemerkung von SPD-Kanzlerkandidat Peer
       Steinbrück, der einen möglichen EU-Ausschluss Ungarns angesprochen hatte,
       und spielte zugleich auf dessen bekanntes Kavallerie-Zitat an. Im
       Steuerstreit mit der Schweiz hatte Steinbrück 2009 im Scherz damit gedroht,
       die Kavallerie gegen das Alpenland in Stellung zu bringen, wenn dieses
       weiter deutsche Steuerhinterzieher schütze.
       
       ## Orban: „Bitte keine Panzer schicken“
       
       Orban hatte in seinem Freitags-Interview gesagt: „Die Deutschen haben schon
       einmal eine Kavallerie nach Ungarn geschickt, in Form von Panzern. Unsere
       Bitte ist, sie nicht zu schicken. Es war keine gute Idee, sie hat sich
       nicht bewährt.“ Der ungarische Regierungschef spielte auf die Besetzung
       Ungarns 1944 („Operation Margarethe“) an. Allerdings hatte es sich dabei
       durchaus um keine feindliche Besetzung gehandelt. Ungarn war ein enger
       Verbündeter Hitler-Deutschlands.
       
       Westerwelle kritisierte Orbans Vergleich scharf. „Das ist eine bedauerliche
       Entgleisung, die wir klar zurückweisen“, erklärte der FDP-Politiker am
       Rande eines Besuchs in Belgrad.
       
       Auch Spitzenpolitiker von CDU, SPD und Grünen äußerten sich bei Spiegel
       Online besorgt über Orban. „Er belastet zunehmend das traditionell gute
       Verhältnis zwischen Deutschland und Ungarn“, sagte CDU-Außenpolitiker
       Ruprecht Polenz. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) erklärte: „Ich
       bin mir sicher, dass er sehr wohl verstanden hat, dass die Kanzlerin eher
       eine ironische Ermahnung Richtung Ungarn geschickt hat - aber seine
       populistischen Neigungen halten ihn nicht einmal von einer Attacke gegen
       seine Parteifreundin Merkel ab“. Orbans Partei Fidesz gehört wie die CDU
       zur Europäischen Volkspartei EVP.
       
       Axel Schäfer, Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion, forderte: „Es wäre
       allerhöchste Zeit, dass man endlich Klartext mit Orban redet.“ Ähnlich
       äußerte sich auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin.
       
       Ungarn steht wegen der Regierungsmethoden Orbans in der europäischen
       Kritik. Die neue Verfassung mitsamt jüngst beschlossener Änderungen sowie
       zahlreiche Gesetze schränken die Demokratie, das Verfassungsgericht, die
       Unabhängigkeit der Justiz und die Medienfreiheit ein. Gegen Ungarn laufen
       in der EU mehrere Vertragsverletzungsverfahren. Linke, liberale und grüne
       Parteien im Europaparlament verlangten zuletzt, dass Ungarns Stimmrechte in
       den EU-Gremien auf der Grundlage von Artikel 7 der EU-Verträge ausgesetzt
       werden sollen.
       
       21 May 2013
       
       ## TAGS
       
   DIR Viktor Orbán
   DIR Schwerpunkt Angela Merkel
   DIR Ungarn
   DIR Guido Westerwelle
   DIR Martin Schulz
   DIR Ungarn
   DIR Ungarn
   DIR Viktor Orbán
   DIR Ungarn
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Oppositionelle Ungarn in Deutschland: Jenseits von Orbanistan
       
       Immer mehr Ungarn halten es unter der Orbán-Regierung nicht mehr aus und
       verlassen das Land. Viele kommen nach Deutschland.
       
   DIR Human Rights Watch rügt Ungarn: Rechtsstaat in Gefahr
       
       Zu wenig Minderheitenschutz, eine Justiz, die um ihre Unabhängigkeit bangt
       und Medien am Gängelband: Human Rights Watch fordert die EU auf, Ungarn zu
       sanktionieren.
       
   DIR Jüdischer Weltkongress in Budapest: Orbáns verpasste Gelegenheit
       
       Wegen der aktuellen Entwicklungen tagte der Jüdische Weltkongress in
       Budapest. Eine Verurteilung antisemitscher Vorfälle durch Ungarns
       Ministerpräsident blieb aus.
       
   DIR Warnung vor Rückfall in Faschismus: Hilferuf aus Ungarn
       
       Der Schriftsteller György Konrád warnt vor autokratischen Tendenzen im
       Osten. Insbesondere die Entwicklung in Ungarn bereitet ihm Sorgen.