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       # taz.de -- Queerfeminismus und Sprache: „Warum kann ich leben, wie ich lebe?“
       
       > Gemeinsam mit Leah Bretz hat Nadine Lantzsch, Bloggerin von
       > maedchenmannschaft.net, ein Buch über ihren Alltag als Queerfeministin
       > veröffentlicht.
       
   IMG Bild: Sexualkunde: „Die Lehrkräfte sollten nicht einfach davon ausgehen, dass Dinge wie Heterosexualität normal sind“.
       
       sonntaz: Euer Buch ist ja so was wie eine kleine Fibel des Queerfeminismus.
       Erst geht es um theoretische Ansätze, dann geht es aber um Möglichkeiten
       der Umsetzung im Alltag. Wie kamt ihr auf dieses Format? 
       
       Nadine Lantzsch: Wir wollten keine Dinge aufschreiben, die mit unserer
       Lebensrealität vielleicht gar nichts zu tun haben. Unser Zugang liegt in
       unserem Alltag. Die theoretischen Grundlagen unserer Arbeit sind auch in
       der Literaturliste notiert, uns geht es aber eher darum, das Wissen in
       politische Handlungen zu transformieren.
       
       Was kann man als sehr privilegierter Mensch, zum Beispiel als weißer,
       heterosexueller Mann ohne Handicap, gegen Diskriminierung tun? 
       
       Man kann zum Beispiel die Räume, die man selber selbstverständlich nutzen
       kann, anderen zur Verfügung stellen. Das muss kein physischer Raum sein,
       sondern das kann auch einfach Redezeit bedeuten. Man kann Platz in einem
       Raum schaffen, den man mit einer Selbstverständlichkeit nutzt.
       
       Es ist wichtig, sich die Frage zu stellen, was diskriminierende
       Verhältnisse mit der eigenen Lebensweise zu tun haben. Warum kann ich so
       leben, wie ich lebe, was hat das mit Diskriminierung zu tun? Vielleicht
       kann man auch die eigene Peergroup weiterbilden.
       
       Das wäre im Prinzip das Sinnvollste, denn ich brauche keinen weißen Typen,
       der mir irgendwas über meine Unterdrückungserfahrung erzählt oder wie
       Feminismus richtig funktioniert. Das haben andere tausendfach
       aufgeschrieben.
       
       Sind das Denkstränge, die in aktuellen heterosexistischen Debatten fehlen,
       wie zum Beispiel beim „Knutschverbot“? 
       
       Es geht nicht darum, anderen Menschen Dinge zu verbieten. Man sollte sich
       erst mal die Selbstverständlichkeit bewusst machen, mit der man als
       heterosexuelles Paar seinen Alltag gestaltet. Weil viele Leute, die sich
       selbstverständlich in Räumen bewegen können, gar nicht wissen, dass es ein
       Privileg ist.
       
       Und man kann sich bewusst machen, was Diskriminierungen mit einem selbst zu
       tun haben. Immer wenn ich Raum einnehme, heißt es automatisch, dass ich
       auch anderen Raum wegnehme. Da wäre es schön, zu überlegen, wie man
       Rücksicht auf die verschiedenen Lebensrealitäten nehmen kann.
       
       Die Sensibilität in der Sprache fehlt oft schon im frühem Alter, wenn
       beispielsweise „schwul“ oder „behindert“ als Schimpfwörter benutzt werden.
       Wie könnte man das verhindern? 
       
       Ich hätte mir in meiner Schulzeit gewünscht, dass mir auch einfach andere
       Leben gezeigt werden. Im Sexualkundeunterricht beispielsweise. So dass ganz
       selbstverständlich über verschiedene Formen des Zusammenlebens gesprochen
       wird.
       
       Die Lehrkräfte sind nicht unbedingt angehalten, das vorzuleben, doch
       sollten sie nicht einfach davon ausgehen, dass Dinge wie Heterosexualität
       oder Nichtbehindertsein normal sind. Schimpfwörter sollte man nicht einfach
       verbieten, sondern einen kreativen Umgang mit Sprache vorleben.
       
       ## Nadine Lantzsch, Leah Bretz: „Queerfeminismus“. Unrast, Münster 2013, 92
       S., 7,80 Euro
       
       19 May 2013
       
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