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       # taz.de -- Kommentar zu den Wahlen in Bulgarien: Ein Schlag ins Gesicht
       
       > Im ärmsten Land der EU lag die Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen
       > nur knapp über 50 Prozent. Die Krise dürfte weitergehen.
       
   IMG Bild: Immerhin er war da. Doch 47 Prozent der Wahlberechtigten blieben Zuhause.
       
       Das Ergebnis der vorgezogenen [1][Parlamentswahlen in Bulgarien] ist ein
       Schlag ins Gesicht der gesamten politischen Klasse des Landes. Der Umstand,
       dass nur knapp etwas mehr als die Hälfte der Wähler von ihrem Stimmrecht
       Gebrauch gemacht haben, lässt nur einen Schluss zu: dass sich viele
       Bulgaren der Politik mittlerweile gänzlich verweigern.
       
       Sie fühlen sich weder durch die „alten“ Parteien repräsentiert, noch sehen
       sie in den neuen Gruppierungen eine ernst zu nehmende Alternative, die zu
       tiefgreifenden Reformen willens und in der Lage wären.
       
       Und genau deshalb können sich der ehemalige Premier Bojko Borissow, der im
       vergangenen Februar im Zuge von Massenprotesten gegen astronomisch hohe
       Stromrechnungen [2][zurücktreten musste], und seine rechtsliberale Partei
       Gerb nicht als Sieger fühlen.
       
       Zwar wurde Borissow nicht wie alle seine Vorgängerregierungen seit den 90er
       Jahren nach einer Amtszeit gnadenlos abgestraft und in die Opposition
       verwiesen. Doch die 31 Prozent Zustimmung, die Gerb zur stärksten Partei im
       neuen Parlament machen, bedeuten alles andere als einen Wählerauftrag zur
       Regierungsbildung.
       
       Im Gegenteil: Noch nie war eine führende politische Kraft so isoliert. Denn
       eine Koalition mit den Sozialisten ist genauso unwahrscheinlich wie eine
       Zusammenarbeit mit der nationalistischen Partei Ataka oder der „Bewegung
       für Rechte und Freiheiten“, die die Interessen der türkischen Minderheit
       vertritt. Somit ist eine politische Blockade vorprogrammiert – für
       Bulgarien, den ärmsten EU-Staat mit einer nach wie vor grassierenden
       Korruption die schlechteste aller Varianten.
       
       Wütende Demonstranten, die am Wahlabend unter „Mafia-Rufen“ von der Polizei
       nur mit Mühe davon abgehalten werden konnten, in den Nationalen
       Kulturpalast einzudringen, geben einen kleinen Vorgeschmack davon, was noch
       kommen könnte. Und so ist, unabhängig davon, ob doch noch eine Regierung
       zustande kommt oder demnächst Neuwahlen anstehen, derzeit nur eins sicher:
       Dem Land stehen unruhige Zeiten bevor.
       
       13 May 2013
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Oertel
       
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