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       # taz.de -- Einfluss der Kirchen: Gottes Tippgeber
       
       > Journalisten beraten Kirchen im Umgang mit Medien. Der
       > Deutsche-Journalisten-Verband kritisiert das und sieht
       > Interessenkonflikte.
       
   IMG Bild: Peter Limbourg (2.v.l.) ist Journalist und Berater der Deutschen Bischofskonferenz.
       
       Dass Peter Limbourg die deutschen Bischöfe in publizistischen Fragen berät,
       verriet die Deutsche Welle, als der Chef des Nachrichtensenders N-24 zum
       neuen Intendanten gewählt wurde. Doch Limbourg will nicht über seine
       Tätigkeit bei der publizistischen Kommission der Deutschen
       Bischofskonferenz sprechen, jedenfalls nicht gegenüber der taz. Wer ist
       drin, was machen die Journalisten da als Berater? Auch die Deutsche
       Bischofskonferenz will das auf Anfrage nicht verraten.
       
       Fast fünf Jahre ist es her, dass eine Pressemitteilung der Bischöfe das
       Gremium erwähnte. Im Herbst 2008 lies es sich wohl nicht vermeiden. Denn
       ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut und der MDR-Onlinechef Georg Maas
       hielten ihre Vorträge zu den Medienstrategien der Kirche nicht in einem
       kleinen Konferenzraum, sondern vor der Vollversammlung der Bischöfe.
       Nachfragen führen bei einzelnen öffentlich-rechtlichen Sendern Namen zu
       Tage.
       
       Claudia Nothelle, Programmdirektorin des RBB, berät die Bischöfe; Georg
       Maas und Thomas Bellut tun es weiterhin. Laut ZDF soll Belluts Nachfolger
       als Programmdirektor, Norbert Himmler, ihn auch bei den Katholiken beerben.
       Auch WDR-Hörfunkdirektor Wolfgang Schmitz folgte dem Ruf der Bischöfe
       (Schmitz: „Man wird berufen“) in das Ehrenamt. Die Kirche stelle sich damit
       „einem offenen und kritischen Dialog mit unabhängigen VertreterInnen der
       Medien“, sagt Schmitz.
       
       Ein anderes Mitglied des Beratergremiums, das ungenannt bleiben will,
       möchte der Kirche dagegen helfen, „in der Gesellschaft Gehör zu finden und
       angenommen zu werden“.
       
       Laut Schmitz sagten die Publizisten beim jüngsten Treffen im März den
       Bischöfen ihre Meinung, wie bei ihnen der Ausstieg des Kriminologen
       Pfeiffer als Gutachter bei den Missbrauchsfällen und die Abweisung
       vergewaltigter Frauen in katholischen Krankenhäusern ankam. Die Kirche
       folge mit der Publizistischen Kommission lediglich der „Praxis vieler
       anderer Institutionen“. Später zieht der WDR-Hörfunkchef seine Zusage
       zurück, der taz die anderen Berater zu nennen. Auch Beispiele für die
       „anderen Institutionen“ mit Journalisten als Berater nennt er nicht.
       
       ## „Private Positionen vergessen“
       
       Hendrik Zörner, Sprecher des Deutschen Journalistenverbands, kritisiert,
       die Beraterkollegen setzten die Unabhängigkeit ihres jeweiligen Mediums
       aufs Spiel. Die bisher genannten sind in leitender Funktion tätig. Und die
       ihnen unterstellten Journalisten „sind massiv betroffen, weil sie bei
       Berichten über die Kirche ihre Glaubwürdigkeit einbüßen“, sagt Zörner.
       
       Manchmal ist der Chef auch direkt selbst betroffen. Beim ZDF moderiert
       Chefredakteur Peter Frey weiterhin Sendungen über Papst und Kirche, obwohl
       er im Zentralkomitee der Deutschen Katholiken sitzt. Kein Problem für Frey,
       er sei „in der Lage, private Positionen zu vergessen und anderen Raum zu
       geben“.
       
       Und bei den Protestanten?
       
       Der NDR-Redakteur Uwe Michelsen verantwortete als Leiter der für
       Kirchenthemen zuständigen TV-Redaktion jahrelang Berichte über Themen, die
       er in der Medienkommission der nordelbischen Kirche und später der
       EKD-Synode mit entschied. Er sieht keinen Interessenkonflikt. Die Kirche
       sei schließlich „eine dienende Institution, deren Ziel nicht auf materielle
       Gewinnmaximierung“ gerichtet sei. Erst 2010, als er zum stellvertretenden
       EKD-Ratsvorsitzenden aufstieg, ließ Michelsen sich von der Leitung der
       Kirchenredaktion entbinden.
       
       Und in welcher Funktion spricht Deutschlandfunk-Chefredakteurin Birgit
       Wentzien auf ihrem Sender über „Die Macht der Religionen“? Sie passt zu
       ihrem Ehrenamt. Im Aufsichtsrat des Gemeinschaftswerks der evangelischen
       Publizistik überwacht Birgit Wentzien protestantische Medienstrategien.
       
       17 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ulli Schauen
       
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