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       # taz.de -- Werder Bremen bleibt erstklassig: Schwarzes Schaaf gesucht
       
       > Bremen bleibt in der 1. Bundesliga, dennoch wird weiter über die Zukunft
       > des Trainers gerätselt. Nur der Zuneigung der Fans darf sich Werder
       > sicher sein.
       
   IMG Bild: Auch er bedankt sich bei den Fans: Thomas Schaaf.
       
       BREMEN taz | Das nennt man eine runde Sache: Die Saison begann mit
       Protesten gegen einen Geflügelmäster auf dem Trikot und endet mit dem
       Spruchband: „Allez Gänsehaut“.
       
       So bedankten sich die Spieler bei den „geilsten Fans der Welt“, die den
       Abstiegskampf in den letzten drei Wochen unter dem Motto „Allez grün“ zur
       Riesenparty gemacht haben. „Es gibt so viele Beispiele, bei denen
       Mannschaften im Abstiegskampf auch ihre Fans verloren haben“, sagte
       Sebastian Prödl gerührt. „Doch bei uns gibt’s das Gefühl, dass wir welche
       dazugewonnen haben.“
       
       Nicht allen war nach Feiern zumute. Während die Anhänger laut Thomas Schaaf
       Grund hatten „vor allem sich selbst“ zu feiern, herrschte in der
       sportlichen Führung gereizte Stimmung. Auslöser der sauertöpfischen
       Reaktionen war die kurz nach Spielschluss von vielen Medien wieder
       aufgeworfene T-Frage. „Seit zwölf Wochen muss ich hier dieselbe Frage
       beantworten. Das ist unerträglich. Das macht mir keinen Spaß“, raunzte
       Sportchef Thomas Eichin einige Journalisten an und ließ sie stehen.
       
       Das war umso erstaunlicher, als ausgerechnet Eichins
       Geschäftsführer-Kollege Klaus-Dieter Fischer vor diesem wichtigen Spiel
       Thomas Schaaf per Bild-Zeitung selbst infrage gestellt hatte. Schaaf, der
       am Wochenende exakt 14 Jahre Werder-Cheftrainer war, mochte sich zum Mangel
       an Taktgefühl seines langjährigen Fürsprechers Fischer nicht äußern.
       
       „Fragen Sie Herrn Fischer“, raunzte er ebenfalls. Und Thomas Eichin scheint
       erstmals eine Ahnung davon bekommen zu haben, dass in Bremen die
       Heckenschützen manchmal von ganz oben zielen.
       
       ## Ohne Plan B
       
       Trotzig bekannte er sich zu Schaaf, wagte sich aber wie der Trainer selbst
       nicht über Standardfloskeln hinaus. Laut einigen Medienberichten ist Schaaf
       schon Trainer bei Red Bull Salzburg und Mehmet Scholl sein Nachfolger in
       Bremen. Wahrscheinlicher ist, dass im Moment wirklich noch niemand weiß, in
       welcher Konstellation Werder in die neue Saison geht.
       
       Zehn Jahre lang hat der akribische Arbeiter Schaaf im Verbund mit der
       Spürnase von Klaus Allofs Werder zur Lieblingsmarke derjenigen gemacht, die
       Anfang des Jahrtausends von deutschem Rumpelfußball und Duselbayern die
       Schnauze voll hatten. Inzwischen hat sich das Fußballgeschäft ohne Werder
       weiterentwickelt, der Anschluss an heutigen Spitzenfußball ist verpasst.
       Trotzdem überraschte Schaaf Anfang dieser Saison die Fußballwelt mit dem
       Kunststück, mit weniger Mitteln wieder besseren, frischeren Fußball spielen
       zu lassen.
       
       Doch das neue System hatte einen Konstruktionsfehler: Es hing mit Marko
       Arnautovic und Eljero Elia von zwei hoch veranlagten, aber unreifen
       Außenstürmern ab. Klaus Allofs suchte rechtzeitig das Weite, und Thomas
       Schaaf stand ohne Plan B da.
       
       ## Ein verschworener Haufen
       
       Erst seit der knappen Niederlage in Leverkusen vor drei Wochen ist aus der
       Mannschaft ein verschworener Haufen geworden – wozu die Suspendierung von
       Elia und Arnautovic beigetragen hat. Auch auf dem Feld hat der Trainer im
       letzten Moment stabilisierende Lösungen gefunden: Er setzte endlich aufs
       Abwehrduo Sokratis/Prödl, setzte Kapitän Clemens Fritz auf seiner
       Stammposition rechts hinten ein und vertraute mit Özkan Yilderim und Felix
       Kroos auf zwei Nachwuchsleute.
       
       Schaaf wird sich trotzdem fragen lassen müssen, wie es zur Zusammenstellung
       des unausgewogenen Kaders kam, in dem viele unbequeme Individualisten
       wenigen abgeklärten Routiniers gegenüberstehen. Und warum er es drei Jahre
       hintereinander nicht geschafft hat, eine spielerische Linie zu kreieren,
       die über eine ganze Saison durchgehalten werden kann.
       
       Unabhängig von der T-Frage hat Werders Trainerstab bereits einen Neuzugang
       bekommen. „Die Fans waren in den letzten Spielen unser Mentalcoach“, sagte
       Sebastian Prödl. Und so wurde in einem sportlich verlorenen Jahr immerhin
       der Beweis angetreten, wie wichtig Fans für einen Verein sein können, wenn
       er sie nicht nur als Kunden, folkloristische Deko oder Objekte unseliger
       Gewaltdebatten behandelt.
       
       12 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Lorenzen
       
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