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       # taz.de -- Die Knigge-Frage: Dürfen Kinder Alkohol essen?
       
       > Von wegen „Alkohol verfliegt beim Kochen“ – Forscher haben diese These
       > kürzlich widerlegt. Also: Dürfen Kinder Gulasch mit Rotweinsoße essen?
       
   IMG Bild: Wird sie spätestens an ihrem 18. Geburtstag zum Flatrate-Säufer?
       
       Nein, früher war nicht alles besser. Früher zum Beispiel hat man
       Kleinkindern Cognac in die Milch geschüttet, damit sie während langer,
       unruhiger Nächte in Luftschutzkellern friedlich schlafen, anstatt alarmiert
       zu schreien.
       
       Heute sind die Zeiten für Eltern und Kind nicht mehr ganz so gefährlich wie
       in Zeiten des Zweiten Weltkriegs. Doch umso größer werden nun die Ängste.
       Kinder sollen, nein müssen vor wirklich allem beschützt werden. Und so hört
       man an Stätten öffentlicher Gastlichkeit nun des Öfteren die bange,
       manchmal auch gestrenge Elternfrage: „Ist das Gulasch mit Rotwein gekocht“?
       
       Die alte Volksweisheit „Alkohol verfliegt beim Kochen“ hat sich nämlich als
       falsch herausgestellt: Eine mit einem alkoholischen Getränk versetzte
       Flüssigkeit, die eine halbe Stunde gesiedet hat, enthält immer noch 35
       Prozent des ursprünglichen Alkoholgehalts, nach zweieinhalbstündigem Sieden
       sind immer noch 5 Prozent des Alkohols nachweisbar. Das haben Forscher der
       Universität von Idaho (USA), die zufälligerweise im
       prohibitionistisch-puritanischen Bible Belt liegt, in Studien nachweisen
       können.
       
       Natürlich kann sich nun jeder auch ohne Taschenrechner ausrechnen, wie viel
       Alkohol am Ende auf dem Tellerchen eines Kleinkindes landet, wenn das eine
       Stunde geschmorte Gulasch mit zwei Gläsern Rotwein versetzt war. Kinder,
       die schon feste Nahrung zu sich nehmen können, schweben nicht gleich in
       Lebensgefahr, weil sie ein bisschen Boeuf bourguignon essen – es geht eher
       um das Prinzip beziehungsweise folgendes Argument: Die Kinder sollen nicht
       frühzeitig an den Geschmack von Alkohol gewöhnt werden.
       
       Es besteht also die Angst, dass Kinder, die schon auf ihrem
       Kindergeburtstag Rotweinkuchen zu sich genommen haben, spätestens an ihrem
       18. Geburtstag zum Flatrate-Säufer geworden sind.
       
       Ob dem tatsächlich so ist? Die Erfahrung zeigt eher, „Kokowääh“, dass
       Kinder den Geschmack von Alkohol so wenig mögen wie sie Kaffee zu schätzen
       wissen oder sagen wir: Oliven, Spargel, Rohmilchkäse. Dafür ist Alkohol
       auch in reifen Bananen, Weißbrot und Traubensaft enthalten – alles beliebte
       Kinder-Snacks.
       
       Man darf also ruhig ein bisschen Rotwein in den Schmortopf gießen. Es sei
       denn, Sie haben tatsächlich streng gläubige Muslime zu Besuch, dann wäre
       eine solche Art der Zubereitung in der Tat unhöflich.
       
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       10 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Reichert
       
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