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       # taz.de -- Kolumne Macht: Verplauderte Beamte
       
       > Auch wenn kein Zweifel daran besteht, dass er sich strafbar gemacht hat:
       > Uli Hoeneß genießt einen gesetzlichen Anspruch auf das Steuergeheimnis.
       
   IMG Bild: Wer zu viel quatscht, muss vor Gericht.
       
       Staatliche Übergriffe werden nicht dadurch besser, dass sie Leute treffen,
       denen man Ungemach von Herzen gönnt. Prominente Steuerbetrüger
       beispielsweise.
       
       Es besteht kein Zweifel daran, dass Uli Hoeneß sich strafbar gemacht hat.
       Jahrelang. Die Selbstanzeige erspart ihm vielleicht das Gefängnis, ändert
       aber nichts am Tatbestand. So wenig wie seine hohen Spenden. Seltsam, dass
       manche seiner Freunde die guten Taten jetzt als Entlastung ins Feld führen.
       Von Bescheinigungen abgesehen, hat das eine mit dem anderen nichts zu tun.
       Andernfalls bedeutete das, Begüterte dürften sich den Verwendungszweck
       ihrer Steuern persönlich aussuchen. Der Manager als Duodezfürst.
       
       Es ist aufschlußreich, dass Vorstandsmitglieder zahlreicher Dax-Unternehmen
       an Uli Hoeneß als Chef des Aufsichtsrates vom FC Bayern München unbeirrt
       festhalten. Deutlicher hätten sie nicht ausdrücken können, was sie vom
       Staat halten und wer ihrer Ansicht nach darin über die wahre Macht verfügt.
       Sie und ihresgleichen nämlich. Mir san mir, und mir san oben. Wenigstens
       darin sind sie ehrlich. Die Öffentlichkeit nimmt es hin, Umfragen zufolge
       teilweise sogar bewundernd. Auch aufschlußreich. Der Staat hat offenbar ein
       Akzeptanzproblem.
       
       Aber all das rechtfertigt keinen staatlichen Gesetzesbruch. Das
       Steuergeheimnis, das Finanzbehörden zur Verschwiegenheit verpflichtet,
       basiert auf dem Prinzip des Datenschutzes und - weiter reichend - auf den
       Grundrechten zur freien Entfaltung der Persönlichkeit und dem Schutz der
       Menschenwürde. Albern? Keineswegs. Wer wofür wie viel Steuern zahlen muß:
       Das kann viel über ein Leben erzählen. "Herr Müller hat dem jungen Herrn
       Maier eine Million hinterlassen, und der muß jetzt Erbschaftssteuer zahlen?
       Da schau her. Na, ich hab's ja immer gesagt: die sind vom anderen Ufer."
       
       ## Demokratische Errungenschaften
       
       Es ist eine demokratische Errungenschaft, dass die Amtsverschwiegenheit
       kein absolutistisches Recht mehr ist, das den Staat vor berechtigten
       Informationswünschen der Bevölkerung schützt. Sondern ein Grundrecht, also
       ein Abwehrrecht gegenüber dem Staat. Uli Hoeneß hat Steuern hinterzogen,
       und vielleicht geht er deshalb ins Gefängnis. Aber er hat deshalb nicht
       seinen Anspruch auf Grundrechte verloren.
       
       Deprimierend, dass dies kaum noch jemanden zu interessieren scheint - und
       das in einem Land, in dem vor wenigen Jahrzehnten erfolgreich für besseren
       Datenschutz bei einer Volkszählung gekämpft wurde. Übrigens hat es auch
       kaum jemanden interessiert, dass Akten im Fall des ehemaligen
       Bundespräsidenten Christian Wulff widerrechtlich veröffentlicht wurden.
       
       Inzwischen wird so getan, als bedeute ein Freispruch für Wulff, dass sein
       Rücktritt der Hatz von Medien geschuldet war und überflüssig gewesen wäre.
       Das trifft nicht zu. Der Bundespräsident mußte zurücktreten, weil er
       zwischen den Anforderungen seines politischen Amtes und der
       Bussi-Gesellschaft nicht zu unterscheiden verstand. Das ist kein
       strafrechtliches Problem. Sondern eines der politischen Moral.
       
       Aber Uli Hoeneß und Christian Wulff behalten ihren Anspruch auf ihre
       Bürgerrechte, wie immer die Justiz entscheidet. Diese Rechte sind nämlich
       unveräußerlich. Wer geplaudert hat, sollte ebenfalls vor Gericht gestellt
       werden. Nicht nur im Interesse der Angeklagten, sondern in unser aller
       Interesse.
       
       11 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bettina Gaus
       
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