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       # taz.de -- Völkermordprozess in Guatemala: Rios Montt fühlt sich unschuldig
       
       > Am letzten Tag des Völkermordprozesses gegen Guatemalas Ex-Diktator
       > spricht der 86jährige zum ersten Mal. Jetzt wartet er auf ein Urteil.
       
   IMG Bild: „Ich habe Verantwortung übernommen.“ Efraín Rios Montt im Prozess.
       
       GUATEMALA-STADT taz |30 Jahre nach der blutigsten Phase des Bürgerkriegs in
       Guatemala hat sich der ehemalige Diktator Efraín Ríos Montt zum ersten Mal
       in einem Gerichtsverfahren geäußert. Am Ende des Prozesses, in dem er und
       sein Ex-Geheimdienstchef Rodríguez Sánchez wegen Völkermordes an rund 1.800
       Ixil-Indígenas in den Jahren 1982 und 1983 angeklagt sind, wies er alle
       Vorwürfe zurück. „Ich erkläre mch für unschuldig“, sagte er am Donnerstag
       vor dem Corte Supreme de la Justicia in Guatemala-Stadt. „Ich bin kein
       Völkermörder, ich hatte niemals vor, eine Rasse oder Ethnie zu zerstören.“
       
       Der insgesamt 36 Jahre währende bewaffnete Konflikt soll bis zu 200.000
       Menschen das Leben gekostet haben. Montt, der das Land nach einem Putsch im
       März 1982 etwa 18 Monate lang regierte, gilt als einer der
       Hauptverantwortlichen für eine blutige Offensive im Siedlungsgebiet der
       Ixil-Mayas im Nordwesten des Landes.
       
       Die Staatsanwaltschaft hatte am Donnerstag 75 Jahre Haft für den heute
       86-jährigen Montt gefordert, der an der als antikommunistische
       „Folterschule“ bekannten „US Army School of the Americas“ ausgebildet
       wurde.
       
       Montt erklärte, er habe damals auf einen Notstand reagiert. „Die Subversion
       stand kurz davor, die Macht zu übernehmen. Ich wurde gerufen und ich habe
       Verantwortung übernommen“, sagte er. Guatemala habe vor dem Zusammenbruch
       gestanden. „Die Guerilla hatte unserem Land den Krieg erklärt.“ So
       rechtfertigte er auch seinen Putsch: „Wir musten den Staat neu organisieren
       und konnten in diesem Moment die Verfassung nicht respektieren.“
       
       ## Die Ixiles haben eben Pecht gehabt
       
       Die Ixiles hätten „Pech gehabt“, dass sich in ihrer Region das „Ejército
       Guerrillero de los Pobres“, die linke „Guerilla der Armen“ angesiedelt
       habe, sagte Montt. Doch einen Völkermord habe er niemals angeordnet.
       
       Sein Verteidiger Garcia Gudiel sagte, die Guatemalteken seien Montt
       gegenüber „undankbar“, denn der habe das Land damals „mit Mut und
       Verantwortungsbewusstsein“ gerettet. Es gebe keinen Grund, „heute an ihm
       Rache zu nehmen.“ Er wünsche den Richtern „Erleuchtung, damit ihre
       Entscheidung nicht von Hass geleitet sei“ und beantragte einen „absoluten
       Freispruch“ für den unter Hausarrest stehenden Montt.
       
       Am Ende des Prozesstages sprach der Vertreter der Nebenkläger, Benjamin
       Jéronimo. „Man hat unser Volk Terroristen genannt und uns umgebracht. Wir
       wollen, dass die Verantwortlichen dafür heute verurteilt werden“, sagte er.
       Nur so könne all das Leid, das die Ixiles erduldet hätten, zur
       Vergangenheit werden. „Ich appelliere an das Gericht, für Gerechtigkeit zu
       sorgen und so den Frieden in diesem Land zu sichern.“
       
       Lange hatten die Überlebenden des Bürgerkriegs auf den Beginn der
       juristischen Aufarbeitung des Feldzugs rechter Generäle gegen die linken
       Guerilla gewartet. Der erste Prozess gegen Montt hatte sich unter anderem
       deshalb um Jahre heraus gezögert, weil Montt mit Unterbrechung bis 2012 für
       die rechte „Republikanische Front“ im Parlament sass und deshalb Immunität
       genoss.
       
       Die guatemaltekische Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú hatte 1999
       in Spanien eine Klage gegen die Männer wegen Völkermordes eingereicht. Im
       Juli 2006 erließ Spanien einen internationalen Haftbefehl wegen Verbrechen
       gegen die Menschlichkeit gegen Montt, seinen Nachfolger Lucas García und
       vier weitere hohe Offiziere Guatemalas erlassen. Guatemala lehnte eine
       Auslieferung jedoch ab.
       
       Nur kurz nach seinem Ausscheiden aus dem Parlament, im Januar 2012
       eröffnete die guatemaltekische Justiz jedoch das Vorverfahren gegen ihn.
       Seinen Verteidigern gelang es mit einer Vielzahl von Anträgen, den Prozess
       Mitte April vorerst zu stoppen. In den letzten Tagen wurde das Verfahren
       jedoch wieder aufgenommen und beschleunigte sich deutlich.
       Prozessbeobachter und Nebenkläger hielten es für möglich, dass noch am
       Freitag ein Urteil gesprochen wird.
       
       10 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Jakob
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