# taz.de -- Kommentar Bangladesch: Zieht sie zur Rechenschaft!
> Die Hinterbliebenen der Opfer und die Überlebenden der Fabrikeinstürze in
> Bangladesch kriegen viel zu wenig Geld. Und die Regierung deckt die
> Verantwortlichen.
IMG Bild: Einsturzstelle am 7. Mai. Auch jetzt noch werden Leichen geborgen.
Wie viel ist ein Menschenleben wert? Man möchte sich eigentlich gar nicht
mit der Frage beschäftigen, denn natürlich sind Leben unbezahlbar. Die
eingestürzten Fabriken in Savar haben bereits jetzt mehr als 900 davon
gefordert. Hunderte Überlebende werden wegen ihrer Verletzungen nie mehr
arbeiten können, Tausende haben ihre Existenzgrundlage verloren.
Wie viel ist ein Menschenleben wert? Auf jeden Fall mehr als 1.000 Euro.
Genau das aber ist die Summe, die im Gespräch ist, wenn es um die
Entschädigung der Hinterbliebenen oder Schwerverletzten der Unglücke in der
bengalischen Textilindustrie geht. Je nachdem, wie man rechnet, sind das
anderthalb bis drei Jahresgehälter der Arbeitenden in den Fabriken. Die
Gewerkschaften fordern hingegen etwa das Zwanzig- bis Dreißigfache. Das
steht den Opfern auch per Gesetz zu.
Es ist ein Märchen moderner Wirtschaftstheorie, dass Kapital dorthin
fließt, wo man besonders effizient arbeitet. Tatsächlich fließt es dorthin,
wo es die meisten Gewinne bringt. Wo man plündern kann, ohne zur
Rechenschaft gezogen zu werden.
## Eine Milliarde Gewinn
Bangladesch wird weiterhin geplündert von bengalischen und ausländischen
Kapitalisten. Von den 15 Milliarden Euro, die im vergangenen Jahr an
Textilien exportiert wurden, haben Fabrikbesitzer dort vermutlich eine
Milliarde an Gewinn kassiert, ihre Käufer im Ausland ein Vielfaches davon.
Aber es sind nicht die einheimischen und ausländischen Textilbosse, die
Hilfe geleistet haben. Wahrscheinlich werden auch nicht sie die
ArbeiterInnen und Hinterbliebenen entschädigen. Zumindest nicht angemessen.
Hunderte DorfbewohnerInnen und Arbeitende haben tagelang ohne
Schutzkleidung und im Risiko, selbst begraben zu werden, Überlebende aus
den Trümmern gezogen; Ärzte haben die Verletzten tagelang und pausenlos
versorgt; Freiwillige haben die Apotheken des Landes leergekauft; die
Menschen standen Schlange, um Blut zu spenden; Armee und Feuerwehr haben
ausgebadet, was Geschäftsleute mit Leichtigkeit hätten verhindern können.
Wenn nun die Regierung von Bangladesch ankündigt, die Behandlungskosten der
Verletzten zu übernehmen, deckt sie die Ausbeuter, anstatt sie zur
Rechenschaft zu ziehen. Würden diese die wahre Rechnung bezahlen, sähen die
Fabriken in Bangladesch vermutlich sehr schnell sehr anders aus. Wenn
Verluste drohen, ist das Kapital schnell äußerst effizient.
9 May 2013
## AUTOREN
DIR Lalon Sander
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