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       # taz.de -- Brasilien setzt WTO-Kandidaten durch: Bali als „Feuerprobe“
       
       > Die Welthandelsorganisation wird erstmals von einem Lateinamerikaner
       > geführt. Ein US-kritischer Brasilianer setzte sich gegen den
       > mexikanischen Kandidaten durch.
       
   IMG Bild: Staatsmännisch: Der neue WTO-Chef Roberto Azevêdo.
       
       GENF/BRASILIA/MEXIKO-STADT dpa | Nach langem Ringen hat sich der
       Brasilianer Roberto Azevêdo im Rennen um den prominenten Chefposten bei der
       Welthandelsorganisation (WTO) durchgesetzt. Der US-kritische
       Karrierediplomat konnte eine klare Mehrheit der 159 WTO-Mitgliedstaaten
       hinter sich bringen und seinen mexikanischen Mitbewerber Herminio Blanco
       auf den letzten Metern aus dem Feld schlagen. Offiziell soll das Ergebnis
       an diesem Mittwoch in Genf mitgeteilt werden.
       
       Doch das Resultat wurde in Brasília und in Mexiko-Stadt schon als offiziell
       kommentiert. Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff nahm die Nachricht mit
       „Genugtuung“ auf, betonte aber: „Das ist kein Sieg für Brasilien, auch
       nicht für eine Gruppe von Ländern, aber für die Welthandelsorganisation.“
       Es liege in den nächsten Jahren bei der WTO, einen neuen und ausgewogenen
       Impuls für den Welthandel zu geben, damit die Weltwirtschaft in eine neue
       Phase des Wachstums und der sozialen Gerechtigkeit eintrete.
       
       Brasiliens Außenminister Antonio Patriota lobte die Fähigkeiten des
       künftigen WTO-Generaldirektors und sprach seinerseits unverhohlen von
       „einem Sieg für Brasilien und für Azevêdo“, der über außergewöhnliche
       professionelle Fähigkeiten und eine große Dialogfähigkeit verfüge. Sein
       Gegenkandidat, der mexikanische Ex-Handelsminister Blanco (62), war von den
       USA und der EU unterstützt worden.
       
       Auch Mexiko erkannte den Entscheidung für den bisherigen WTO- Botschafter
       Brasiliens an. „Der brasilianische Anwärter ... war der bevorzugte Kandidat
       der WTO-Mitglieder. Die mexikanische Regierung beglückwünscht Botschafter
       Roberto Azevêdo zu seiner Wahl“, hieß es aus dem Wirtschaftsministerium.
       
       ## Schnell etwas Vorzeigbares
       
       In Brasiliens Medien wurde die anstehende Welthandelskonferenz in Bali im
       Dezember als „Feuerprobe“ für den designierten WTO-Chef bezeichnet. Die
       Amtsübernahme erfolgt am 31. August. Für das Amt als WTO-Generaldirektor
       und Nachfolger des Franzosen Pascal Lamy (67) muss Azevêdo noch formell von
       der WTO bestätigt werden.
       
       Die US-Handelskammer sicherte Azevêdo ihre Unterstützung zu. „Wir brauchen
       die WTO dringender denn je. Die Organisation steht an einem Scheideweg“,
       betonte Kammerpräsident Thomas J. Donohue. Die Konferenz in Bali müsse
       etwas Vorzeigbares bringen, insbesondere eine Vereinbarung über
       Handelserleichterungen.
       
       Bei der amtlichen brasilianische Nachrichtenagentur Agência Brasil hieß es,
       Azevêdo sei unter anderem von den BRICS-Staaten (Brasilien, Russland,
       Indien, China, Südafrika) und den portugiesischsprachigen Ländern
       unterstützt worden. Auch Staaten in Lateinamerika, Asien und Afrika hätten
       sich für ihn eingesetzt.
       
       Azevêdo hatte sich bei der WTO unter anderen gegen Agrarsubventionen in
       westlichen Staaten ausgesprochen, er kämpfte gegen US-Subventionen für
       Baumwolle ebenso wie EU-Subventionen für Zucker. Als Kandidat für den
       höchsten Posten der internationalen Handelsdiplomatie betonte er jedoch, er
       wolle in diesem Amt strikt neutral und unparteiisch wirken. Seine Amtszeit
       dauert vier Jahre.
       
       8 May 2013
       
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