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       # taz.de -- Zukunft der Wasserversorgung: Europaweit gegen Privatisierung
       
       > Erstmals ist eine EU-Bürgerinitiative erfolgreich: In acht Staaten hat
       > die Forderung nach einer öffentlichen Wasserversorgung das Quorum
       > erreicht.
       
   IMG Bild: Wohin das Wasser fließt, ist offensichtlich. Wohin die Gewinne fließen, weniger.
       
       BERLIN taz | Der Jubel bei den Initiatoren ist groß: „In nur neun Monaten
       wurde erreicht, was bisher noch keiner europäischen Organisation gelungen
       ist“, heißt es auf der [1][Webseite] von „Wasser ist ein Menschenrecht“.
       Grund für die Freude: Als erste europäische Bürgerinitiative haben die
       Streiter für eine öffentliche, preiswerte Wasserversorgung das notwendige
       Quorum erreicht.
       
       Die Hürden für einen solchen Erfolg sind hoch: Innerhalb von einem Jahr
       müssen mehr als eine Million Menschen online oder auf Papier die Forderung
       unterzeichnen. Zusätzlich muss in mindestens sieben EU-Mitgliedstaaten eine
       Quote erreicht werden, die je nach Land zwischen 0,09 und 0,33 Prozent der
       Einwohnerzahl beträgt.
       
       Die notwendige Gesamtzahl an Unterstützern hatte die Wasser-Initiative
       schon länger erreicht; aktuell liegt sie bei über 1,5 Millionen. In dieser
       Woche wurde dann auch die Länderzahl geknackt: Mit Deutschland, Österreich,
       Belgien, Slowenien, der Slowakei, Luxemburg, Litauen und Finnland ist in
       acht Staaten die Qoute erfüllt.
       
       Eine [2][Übersicht] über über die Unterschriften in den einzlnen
       Mitgliedsstaten zeigt gewaltige Unterschiede: Mehr als vier Fünftel der
       europaweiten Unterstützer stammen aus Deutschland, wo es eine breite
       Berichterstattung über die Petition gab. Frankreich, wo viele Kommunen
       bereits schlechte Erfahrungen mit privatisierten Wasserwerken gemacht
       haben, stellt hingegen nicht mal ein Prozent der Unterschriften und ist
       weit vom Quorum entfernt.
       
       ## EU-Kommission muss sich damit beschäftigen
       
       Weniger ausgeprägt als die formalen Anforderungen an eine Europäische
       Bürgerinitiative sind die realen Konsequenzen, die ein Erfolg hat.
       Vorgeschrieben ist lediglich, dass sich die EU-Kommission mit der Forderung
       beschäftigen muss und es eine Anhörung im Europäischen Parlament gibt.
       
       Ob sich die Politik real ändert, ist hingegen offen. Allerdings dürfte der
       Druck auf EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier zunehmen. Er plant derzeit
       eine neue Richtlinie, die europäische Kommunen in vielen Fällen zur
       Ausschreibung der Wasserversorgung zwingen könnte. Als Reaktion auf die
       europaweite Kritik hat er bereits eine Überarbeitung angekündigt, die den
       Privatisierungsgegnern jedoch nicht weit genug geht.
       
       Auch die nun erfolgreiche Bürgerinitiative fordert, dass die Versorgung mit
       Trinkwasser „nicht den Binnenmarktregeln unterworfen werden“ darf. Um den
       Druck zu verstärken, wollen die Initiatoren trotz der bereits erreichten
       Quorums zunächst weiter Unterschriften sammeln.
       
       Die Bundesregierung hat die EU-Pläne – auch gegen parteiinterne Kritik –
       bisher unterstützt. Die kommunalpolitische Sprecherin der
       Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, hofft nun auf ein Umdenken.
       „Der tolle Erfolg der Bürgerinitiative muss Schwarz-Gelb Anlass zur Mahnung
       sein“, sagte sie. „Kanzlerin Angela Merkel muss jetzt endlich
       Wirtschaftsminister Rösler zurückpfeifen und dafür sorgen, dass die
       Wasserliberalisierung auf EU-Ebene rückgängig gemacht wird.“
       
       8 May 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://right2water.eu
   DIR [2] http://www.right2water.eu/sites/water/files/Latest%20figures%206%20May%202013_9.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
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