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       # taz.de -- Artenschutz-Debatte: Habeck und die heulenden Jäger
       
       > Der Landesjagdverband Schleswig-Holstein möchte, dass der Wolf ins
       > Jagdgesetz aufgenommen wird. Der grüne Umweltminister Habeck hält das für
       > „Unsinn“.
       
   IMG Bild: Mag Wölfe und füttert sie sogar: Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne).
       
       HAMBURG taz | Die Zahl der Wölfe, die bisher in Schleswig-Holstein
       gesichtet wurden, ist äußerst überschaubar: Von zwei Tieren gibt es den
       dokumentierten Nachweis, dass sie im Land waren. Doch dieses kleine
       Vorkommen löst große Begehren aus: Der Landesjagdverband wirbt dafür, dass
       der Wolf in das Landesjagdgesetz aufgenommen wird. Für diese Position
       plädierte vor kurzem auch Peter Harry Carstensen auf dem Landesjägertag.
       Käme diese Gesetzesreform, wären die Jäger hochoffiziell zuständig für das
       Tier. Eine solche Gesetzesreform würde aber nicht bedeuten, dass die Wölfe
       sofort gejagt werden dürfen. Denn für sie gilt bisher eine ganzjährige
       Schonfrist.
       
       Vorkämpfer für solch eine Reform ist der Präsident des Landesjagdverbands,
       Klaus-Hinnerk Baasch. Er argumentiert mit „ordnungsrechtlichen Gründen“.
       Wenn der Wolf im Landesjagdgesetz aufgenommen sei, dürften sich Jäger auch
       im Straßenverkehr um schwer verletzte Tiere kümmern – „sie von ihren Qualen
       erlösen“. Auch sei den Jägern bisher bei kranken Tieren ein Einschreiten
       nicht möglich. Außerdem könnten die Jäger sich um den Lebensraum für Wölfe
       kümmern und sich stärker beim Monitoring beteiligen. Baasch sagt: „Wir
       wollen das nicht in meuchlerischer Absicht.“ Schließlich kümmerten sich
       Jäger auch um Uhus und Seeadler. So lange es keinen guten Erhaltungszustand
       einer Tierart gebe, werden sie nicht gejagt. Baasch glaubt: „Ohne Jäger
       gibt es keinen erfolgreichen Wolfsschutz.“
       
       Das alles überzeugt Robert Habeck (Grüne), den zuständigen Landesminister,
       nicht. Er erteilte Carstensens und Baaschs Ansinnen eine klare Absage: „Es
       ist blanker Unsinn, Wölfe in Schleswig-Holstein ins Jagdrecht aufnehmen zu
       wollen“, sagt er. Eine Bejagung verbiete schon allein das Artenschutzrecht
       der EU und des Bundes. Die Landesregierung setzte mit dem Wolfsmanagement
       das gute Programm um, das seine Amtsvorgängerin Juliane Rumpf durchgesetzt
       habe – „offenbar auch gegen ihren Regierungschef Peter Harry Carstensen“,
       sagt Habeck.
       
       Der Nabu-Landesverband, der sich im Wolfsschutz engagiert, hält die
       Diskussion um die Gesetzesänderung für „unsäglich“, wie Sprecher Ingo
       Ludwichowski sagt. „Rechtlich ändert sich überhaupt nichts, wenn der Wolf
       ins Landesjagdgesetz aufgenommen würde.“ Den Gnadenschuss dürften Jäger
       auch dann verletzten Tieren nicht geben, das verbiete das
       Naturschutzgesetz. Ludwichowski glaubt auch nicht, dass Jäger bei der
       Pflege der Lebensräume helfen könnten. Das sei eine „Überschätzung der
       eigenen Möglichkeiten“. Schließlich sei das Jagen für die Jäger nur ein
       Hobby. Der Nabu befürchte vielmehr, dass Übergriffe auf Tiere zunehmen
       würden, wenn das Tier erstmal im Jagdgesetz auftaucht, weil sich Jäger dann
       irgendwie doch zuständig und legitimiert fühlen könnten.
       
       Worum geht es also in der Diskussion? Bei Baasch und Carstensen klingt
       durch, dass ihnen die wolfsfreundliche Stimmung nicht passt, für die
       Umweltverbände werben. Für Baasch zum Beispiel ist der Wolf „ein weiteres
       Tier in der Landschaft – dessen Wert übersteigert wird“. Carstensen sagte
       laut shz.de: „Wenn vier oder fünf Wölfe in den letzten Wochen gesehen
       wurden, und zwei auf den Straßen tödlich überfahren wurden, ist
       Schleswig-Holstein sicherlich kein Wolfsbiotop.“ Baasch will lieber darüber
       reden, wie viele Wölfe Schleswig-Holstein verträgt, wo im Land diese
       Wildart sichere Lebensbedingungen vorfindet. Klar ist: Am Ende einer
       solchen Debatte könnte es eine Grenze geben, ab der die Tiere wieder gejagt
       werden dürfen.
       
       Ansatzpunkt war laut Baasch die Entwicklung in Sachsen. Dort gibt es mehr
       Wölfe (siehe Kasten) – und erstmalig eine umstrittene Änderung des
       Landesjagdgesetzes. Der Wolf kommt nun darin vor.
       
       Doch es gibt hin und wieder auch ganz explizite Forderungen, den Wolf
       wieder zu jagen: Die CDU in Mecklenburg-Vorpommern forderte das im
       vergangenen November – nach einem mutmaßlichen Angriff eines Wolfs auf eine
       Schafsherde. In Mecklenburg-Vorpommern sind bisher drei Wölfe nachgewiesen.
       
       In Niedersachsen ist die Stimmung eine andere: Seit Anfang 2012 ist dort
       die Landesjägerschaft für das Wolfsmonitoring zuständig. Eine Änderung des
       Jagdgesetzes gab es vorher nicht.
       
       6 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Kummetz
       
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