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       # taz.de -- Ex-„Kindersoldat“ beim Kirchentag: Im Namen des Herrn
       
       > James Odong wurde gezwungen für den Rebellenführer der Lord's Resistance
       > Army, Joseph Kony, zu kämpfen. Auf dem Kirchentag erzählt er davon.
       
   IMG Bild: Schätzungen gehen von über 250.000 Menschen weltweit aus, die ein Leben als Kindersoldaten führten oder es noch tun.
       
       HAMBURG taz | Das Gespräch mit einem Mann wie James Odong hinterlässt, bei
       aller Beklemmung über sein Schicksal in Afrika, auch diesen Eindruck: Er
       scheint seine Geschichte schon hunderte Male erzählt zu haben. In knapper
       Form geht sie so: Der Mann aus Uganda war 19 Jahre alt, als er 1989 von der
       Rebellengruppe „Lords Resistance Army“ (LRA) im eigenen Land entführt und
       zum Soldaten gemacht wurde. Er selbst bezeichnet sich allerdings als
       ehemaligen „Kindersoldaten“.
       
       Schätzungen internationaler Organisationen gehen von über 250.000 Menschen
       weltweit aus, die ein Leben als Kindersoldaten führten oder es noch tun.
       James Odong hat eine Botschaft zum Kirchentag mitgebracht. Er sagt: „Helft
       den Kindersoldaten!“ Er wiederholt wie eine Formel, dass wir Deutsche
       verantwortlich für die Länder seien, in denen es Kindersoldaten gibt.
       
       Eine schwere Last, die er übertragen möchte. Doch irgendwie fällt es
       schwer, sie zu übernehmen, an ihr Anteil zu nehmen. Allzu abgeklärt wirkt
       Odong. Und denkt man dies, schreibt man dieses Gefühl auf, stellt sich ein
       kleines schlechtes Gewissen ein: Darf man, selbst aus dem gesicherten
       Herzen Europas kommend, einem Überlebenden wie ihn daran messen, dass er
       eine in Deutschland sehr bekannte Botschaft mitteilen möchte?
       
       Jedenfalls: Odong arbeitet inzwischen bei den Vereinten Nationen im
       kenianischen Nairobi als Berater für Frieden und Entwicklung. In solche
       Positionen gelangen die meisten der ehemaligen Kindersoldaten nie. Odong
       hat Glück gehabt.
       
       ## Kony ist bis heute frei
       
       Kindersoldaten sind weit weg in unserer alltäglichen Wahrnehmung. Im
       vorigen Jahr sorgte [1][die Kampagne „Kony 2012“] für einiges Aufsehen. Die
       Organisation „Invisible Children“ forderte die Verhaftung des
       Rebellenführers Joseph Kony. Bis in die Nachrichten der großen TV-Anstalten
       wurde von dieser Aktion berichtet. Die Aufregung war jedoch schnell vorbei.
       Joseph Kony ist bis heute frei.
       
       Als Odong von seiner Gefangennahme durch die Rebellen der LRA erzählt,
       fesselt er einen für einen Moment. Als er entführt wurde, bekam er ein
       Gewehr in die Hand gedrückt – und schon sollte es losgehen. Erst nach vier
       Monaten gelang ihm die Flucht. Andere Soldaten im Kinderalter verbringen
       Jahre in den Händen der Truppen in Uganda, im Kongo oder in Somalia.
       
       „Meine Augen haben viele Morde gesehen. Wer flüchtet, wird zurück gebracht
       und getötet“, sagt Odong, als er von dem Abend erzählt, an dem er es
       geschafft hat, zu entkommen: Es war auf einem Marsch zum neuen Nachtlager,
       als er sich kurz von der Gruppe entfernte und in einem Fluss in der Nähe
       versteckte, bis die Rebellen weiterzogen. Bis in die Nacht wartete er, um
       den Patrouillen zu entwischen.
       
       Zurück zu Hause gab es viele Probleme: Angst vor den Rebellen, die ihn
       weiter suchen würden, und Streit mit der Familie, die nicht glauben konnte,
       den Totgeglaubten wiederzusehen.
       
       James Odong hat seine Botschaft mit auf den Kirchentag gebracht. Eine
       Ausstellung in der Halle B7 in den Hamburger Messehallen zeigt das Leid der
       Kinder, die keine Soldaten sein sollten. Das bleibt hängen, zumindest für
       einen Augenblick.
       
       4 May 2013
       
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