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       # taz.de -- Gelungenes Comeback: Wahnsinn in der Nische
       
       > Peter Neururer hat es geschafft, dem VfL Bochum neues Leben einzuhauchen.
       > Jetzt träumt er sogar schon vom Aufstieg.
       
   IMG Bild: Mit ihm kam der Wahnsinn nach Bochum: Peter Neururer am Spielfeldrand
       
       BOCHUM taz | Es gibt den Moment, an dem Peter Neururer endgültig klar
       wurde, dass sich an seinem beschaulichen Leben als TV-Experte und
       Hobbygolfer dringend etwas ändern musste. „Das war, als ich unserer
       Putzfrau beibringen wollte, wie man den Staubsauger anders hält“, erzählt
       der bekannteste Schnauzbartträger des deutschen Fußballs vom Tiefpunkt
       seines Hausdrachendaseins – aus dem er vor gut drei Wochen tatsächlich noch
       einmal befreit wurde. Vom VfL Bochum, einem seiner zahlreichen Exklubs, der
       kurz vor dem Sturz in die dritte Liga stand und händeringend nach einem
       Notarzt mit Trainerschein fahndete.
       
       Und so startete Peter Neururer am 8. April seinen Rettungseinsatz an der A
       40. Als leidenschaftliche Plaudertasche verbot er gleich zu Beginn seiner
       Tätigkeit das Tragen jener dicken Kopfhörer, die sich auch Bochums Spieler
       jenseits des Platzes so gern über die Ohren stülpen. Handys waren in Kabine
       und Mannschaftsbus ab sofort ebenfalls tabu. Damit, so die simple Erklärung
       des Trainers, seine Spieler wieder mehr miteinander sprechen.
       
       Doch beim VfL wird nun nicht mehr nur mehr kommuniziert, sondern auch mehr
       gewonnen. Drei Mal stand der zuvor hoffnungslose Haufen seit Neururers
       Dienstantritt auf dem Platz. Es gab drei Siege, kein Gegentor – eine
       hübsche Serie, die gegen den 1. FC Köln Samstagmittag fortgeführt werden
       soll. Es ist ein Duell mit pikanter Note. Schließlich geht es für die
       Domstädter um den Aufstieg, zudem ist der Geißbockklub ein Teil von
       Neururers persönlicher Dreifaltigkeit.
       
       ## Der Besondere unter den Besonderen
       
       „Es gibt drei Vereine, für die ich alles tue – Bochum, Schalke und Köln“,
       nennt der gebürtige Marler die emotionale Essenz aus einem
       Vierteljahrhundert als Trainer. Als Student in Köln verdingte er sich einst
       als Kellner, um den FC bei seinen Auswärtsspielen im Uefa-Cup begleiten zu
       können. In seiner kurzen Zeit als Chefcoach im Kölner Grüngürtel litt die
       Liebe dann etwas – so dass der VfL Bochum für den 58-Jährigen längst der
       besondere unter den besonderen Klubs ist: Denn nur hier brachte er es auf
       seinen inzwischen 14 Trainerstationen – bei 12 verschiedenen Vereinen – zu
       einem längeren Engagement.
       
       Von 2001 bis 2005 zog sich die erste Neururer-Schleife an der Castroper
       Straße in Bochum hin, alle Höhen und Tiefen inklusive. 2004 gelang die
       Qualifikation für den Uefa-Cup, 2005 folgte der Abstieg aus der Bundesliga.
       Gleichgültig stand ihm damals keiner gegenüber: Viele mochten Neururer und
       seine unverfälschte Art, die so gut nach Bochum zu passen schien. Doch in
       seiner ersten Amtszeit beim VfL gab es auch Schlägereien in der eigenen
       Fankurve.
       
       Inzwischen aber neckt Neururer („Einstellung schlägt Aufstellung“) Gegner
       Köln wieder mit gewohnt eingängigen Sprüchen – und gibt in Bochum den
       coachenden Volkstribun. Das erste Heimspiel nach seinem Neueinstieg fand
       vor Saison-Rekordkulisse statt, gegen Köln ist das Stadion ausverkauft.
       „Dieses Wir-Gefühl müssen wir mitnehmen“, betont Neururer – und Torwart
       Andreas Luthe staunt: „Ich bin seit zwölf Jahren im Klub, aber die
       Außenwirkung von Neururer habe selbst ich völlig unterschätzt. Das ist ein
       Wahnsinn.“
       
       Der Wahnsinn soll mit dem näher gerückten Klassenerhalt aber längst nicht
       beendet sein. Neururer, der im Juni 2012 auf einem Gelsenkirchener
       Golfplatz einen Herzinfarkt erlitt, denkt schon weiter, träumt von 20.000
       verkauften Dauerkarten für die nächste Saison. Auch wenn seine zweite Runde
       in Bochum erst einmal nur für sechs Partien angelegt ist. Der neue alte
       Coach jedenfalls, zuvor dreieinhalb Jahre ganz aus dem Geschäft, kann sich
       eine Fortsetzung seines Engagements beim VfL gut vorstellen – und macht das
       Klub-Gefolge verbal schon mal heiß. „Langfristig“, sagt er, „gehört Bochum
       in die erste Bundesliga.“ Und: „Die Nische zwischen Dortmund und Schalke
       ist groß genug.“
       
       4 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Morbach
       
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