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       # taz.de -- 1. Mai in Europa: Alle Fähren stehen still ...
       
       > In vielen europäischen Ländern wird am 1. Mai demonstriert und gefeiert.
       > In der Türkei hat es gekracht, in Griechenland geht nichts mehr, Putin
       > verleiht Ehrentitel.
       
   IMG Bild: Heraus zum roten 1. Mai: Ausschreitungen in Istanbul
       
       ATHEN / ISTANBUL / MOSKAU rtr/dpa/ap/afp | Mit einem 24-stündigen Streik
       haben Arbeitnehmer in Griechenland am Tag der Arbeit gegen das Sparprogramm
       der Regierung protestiert. In Athen blieben Busse und Bahnen in ihren
       Depots, Fährverbindungen wurden gestrichen.
       
       Auch Mitarbeiter von Banken und Krankenhäusern schlossen sich dem Ausstand
       an, der von den beiden größten Gewerkschaften des Landes ausgerufen worden
       war. „Unsere Botschaft ist klar“, sagte der Generalsekretär der
       ADEDY-Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst, Ilias Iliopoulos, der
       Nachrichtenagentur Reuters: „Wir haben genug von dieser Politik die nur die
       Menschen trifft und sie ärmer macht.“
       
       Geplant war ein Demonstrationszug zum Parlamentsgebäude, wo es in der
       Vergangenheit immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kam. Rund
       1.000 Polizisten waren im Einsatz. Es wurde damit gerechnet, dass die
       Beteiligung an den Kundgebungen geringer ausfallen würde als im vergangenen
       Jahr als rund 100.000 Menschen zum Syntagma-Platz marschierten.
       
       Ministerpräsident Antonis Samaras hat sich bei der Durchsetzung des
       Sparprogramms kompromisslos gezeigt. Damit demonstriert er den
       internationalen Geldgebern gegenüber Entschlossenheit, die von ihnen
       geforderten unpopulären Reformen in dem hoch verschuldeten Land umzusetzen.
       
       Wegen eines Streiks der Seeleute ist in Griechenland vor allem die
       Seeschifffahrt lahmgelegt. Durch den Streik, der jedes Jahr zum 1. Mai
       stattfindet, waren die Verbindungen zu den Inseln unterbrochen. Die
       Gewerkschaft der Seeleute, die zu dem Ausstand aufgerufen hatte, erinnerte
       in einer Mitteilung an den Ursprung des Mai-Feiertags, der auf einen
       Arbeiteraufstand am 1. Mai 1886 in Chicago zurückgeht. Dieser Aufstand habe
       „den Weg des Kampfes gegen die moderen Sklaverei gezeigt“, hieß es.
       
       ## Krawalle in Istanbul
       
       Bei Protesten zum Tag der Arbeit ist es in Istanbul am Mittwoch zu
       Krawallen gekommen. Die Polizei feuerte mit Tränengas auf Hunderte
       Demonstranten, die versuchten eine Absperrung zu durchbrechen, um zum
       Taksim-Platz im Zentrum der Stadt zu gelangen. Mindestens zwei
       Demonstranten wurden festgenommen, wie das Büro des Gouverneurs von
       Istanbul mitteilte.
       
       Die Regierung hatte den Taksim-Platz für die Proteste am 1. Mai aus
       Sicherheitsgründen gesperrt. Dort finden derzeit große Bauarbeiten statt.
       Unter anderem fuhren mehrere U-Bahnen und Buslinien sowie Fähren über den
       Bosporus am Mittwoch nicht, um zu verhindern, dass sich große
       Menschenmengen auf dem Platz versammeln.
       
       Der Taksim-Platz hat für die Proteste zum Tag der Arbeit hohen symbolischen
       Wert. Dort hatte ein unbekannter Schütze am 1. Mai 1977 das Feuer auf die
       dort versammelte Menschenmenge eröffnet und Dutzende Demonstranten getötet.
       
       ## Putin verleiht Ehrentitel
       
       Mehr als 20 Jahre nach dem Ende der Sowjetunion hat Kremlchef Wladimir
       Putin den einst auch in der DDR bekannten Ehrentitel „Held der Arbeit“
       erstmals wieder verliehen. Prominentester der fünf Ausgezeichneten am Tag
       der Arbeit ist der Stardirigent Waleri Gergijew. Das Abzeichen aus Gold
       erhielten im Konstantinpalast in St. Petersburg am Mittwoch auch ein Arzt
       sowie drei Arbeiter aus dem Bergbau, der Landwirtschaft und der
       Metallverarbeitung, wie der Kreml mitteilte.
       
       Kritiker werfen Putin seit langem vor, er wolle einen Staat nach dem
       Vorbild der Sowjetunion wiedererrichten. Die Auszeichnung stammt aus der
       Zeit des Sowjetdiktators Josef Stalin, der so besonders staatstreue
       Genossen belohnen ließ. Der Pultstar Gergijew, der das Mariinski Theater in
       St. Petersburg leitet und 2015 Chef der Münchner Philharmoniker wird, ist
       ein enger Freund von Ex-Geheimdienstchef Putin. Er feiert an diesem
       Donnerstag seinen 60. Geburtstag.
       
       Die neue Auszeichnung besteht aus einer sternförmigen Medaille aus Gold mit
       einem Gewicht von 15,25 Gramm samt russischer Flagge aus Seide. Dazu gibt
       es für die Geehrten eine Urkunde und Anspruch auf eine Bronzebüste in ihrer
       Heimatstadt. Laut Putins Erlass vom 29. März werden mit dem Titel
       „besondere Arbeitsleistungen vor dem Staat und dem Volk“ gewürdigt.
       
       1 May 2013
       
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