# taz.de -- Österreichs Integrationspolitik: Phrasen aus der Wertefibel
> Die Regierung will das Ausländerrecht modernisieren und beim
> Staatsbürgerschaftstest weniger Wissen abfragen. Viele Regelungen bleiben
> schikanös, so die Kritik.
IMG Bild: Ist, wer gerne Sachertorte isst, schon integriert?
WIEN taz | Was muss man über sein neues Heimatland wissen, wenn man sich um
die Staatsbürgerschaft bewirbt? Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz
(ÖVP) stellte vergangene Woche ein Reformprogramm vor. Das Datum der
zweiten Türkenbelagerung, so Kurz, solle nicht mehr abgefragt werden. Bei
seinem Plan, das Staatsbürgerschaftsrecht zu modernisieren, setzt er auf
eine Politik der kleinen Schritte. Der sehr kleinen Schritte, wie seine
Kritiker bemerken.
2012 wurden in Österreich nur 7.107 Menschen eingebürgert. Vor zehn Jahren
waren es noch über 45.000. In dieser Zeit ist das Fremdenrecht ständig
verschärft worden. Mit der Konsequenz, dass inzwischen Tausende in
Österreich leben, die zu ihrem Ursprungsland keinerlei Beziehung mehr haben
oder als Ausländer hier zur Welt kamen.
Kurz, der seit zwei Jahren die Funktion des Integrationsstaatssekretärs
bekleidet, sah Handlungsbedarf. Unterstützt wird er von der
Unternehmerschaft, die mit Sorge sieht, wie qualifizierte Zuwanderer einen
großen Bogen um Österreich machen.
## Sechs Jahre legaler Aufenthalt
Statt zehn Jahre legalen Aufenthalts muss man künftig nur noch sechs Jahre
nachweisen, wenn man sich um die Staatsbürgerschaft bewirbt. Voraussetzung
ist, dass der Bewerber sechs Jahre erwerbstätig war und Steuern bezahlt
hat, ohne dabei Sozialhilfeleistungen in Anspruch zu nehmen.
Deutschkenntnisse sind auf Abiturniveau der ersten Fremdsprache
nachzuweisen. Gefordert wird auch ein mindestens dreijähriges Engagement in
einem Ehrenamt, etwa bei der Freiwilligen Feuerwehr. Nicht gewürdigt wird
ein Einsatz beim türkischen Kulturverein, obwohl Integrationsexperten darin
eine gewollte Schikane sehen.
Als schikanös wird auch die Einkommensgrenze von 1.000 Euro monatlich
betrachtet. Beim Staatsbürgerschaftstest sollen weniger Wissensfragen
gestellt werden. Es gehe um Werte, dozierte Kurz und stellte eine
„Österreichische Wertefibel“ vor, die Migrantinnen und Migranten mit
heimischen Gepflogenheiten vertraut machen soll.
Die Kommunikationstrainerin Manuela Reimann hat sich diese angeschaut und
fragt sich in der Tageszeitung Der Standard vom Montag: „Als Österreicherin
lese ich einen Forderungskatalog an Zuwanderinnen, der ummantelt ist von
hohlen Phrasen“. Die Neuerungen sind mit dem Koalitionspartner SPÖ
weitgehend abgestimmt und sollen demnächst dem Parlament zugeleitet werden,
damit sie im Juli in Kraft treten können.
30 Apr 2013
## AUTOREN
DIR Ralf Leonhard
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