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       # taz.de -- Urheberrecht gilt nun 70 Jahre: „Soll Kim Schmitz doch selber singen“
       
       > Leistungsschutzrechte für Tonträger sind nun bis 70 Jahre nach der
       > Erstveröffentlichung gültig. Kritik kommt vom Verband unabhängiger
       > Musikunternehmen.
       
   IMG Bild: Nicht jeder hält hierzulande viel von Urheberrechten.
       
       BERLIN taz | Die Musikindustrie ist kein Kind der fünfziger Jahre, aber
       erst in der Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs nach dem Zweiten
       Weltkrieg begann ihr weltumspannender Aufstieg in Sachen
       Massenunterhaltung. Die Produktion von Tonträgern wurde auch durch
       technische Neuerungen angekurbelt, wie etwa Jukeboxen und die Erfindung der
       12-Zoll Langspielplatte.
       
       In der Zeit bis 1970 wurden Singles und Alben millionenfach verkauft. In
       den kommenden zehn Jahren verlieren nun zahlreiche dieser im Zeitraum
       zwischen 1957 und 67 aufgenommenen Songs ihren Urheberrechtsschutz.
       Betroffen sind rund 7.000 Künstler in jedem größeren EU-Mitgliedsland
       (Frankreich, Großbritannien oder Deutschland), die in Form von
       Lizenzeinnahmen und Tantiemen entlohnt werden. Etwa, wenn ihre Songs im
       Radio gesendet werden.
       
       Dies sei als historischer Hintergrund angeführt zu dem, was der deutsche
       Bundestag am späten Donnerstagabend mit den Stimmen der Regierungskoalition
       beschlossen hat: Einer EU-Richtlinie folgend, wird die Schutzfrist von
       Leistungsschutzrechten der Tonträgerindustrie von 50 auf 70 Jahre
       verlängert. Auch ein Grüner votierte für die Regelung. „Mit
       Bauchschmerzen“, wie [1][Jerzy Montag, der rechtspolitische Sprecher der
       Grünen-Bundestagsfraktion], betont.
       
       „Überlange Fristen sind ein Fehler in der modernen
       Informationsgesellschaft“, sagte er. Andererseits müsse EU-Recht umgesetzt
       werden. Ausdrücklich begrüßt Montag dagegen flankierende Maßnahmen, die mit
       der Verlängerung der Schutzfrist einher gehen: Die Musikindustrie wird
       durch das Gesetz dazu verpflichtet, dass ihre Künstler für jedes Jahr nach
       dem 50. Jahrestag der Erstveröffentlichung von Tonträgern mit 20 Prozent
       der Einnahmen vergütet werden.
       
       ## Rechte digital kaum durchsetzbar
       
       Die Musikindustrie zeigt sich skeptisch: „Mit der Verlängerung des
       Leistungsschutzrechts sind Musiker und Labels nur scheinbar besser gestellt
       worden. Sehr wahrscheinlich werden neben marginalen zusätzlichen Einkünften
       neue bürokratische Pflichten auf sie zukommen, deren Ausmaß wir erst nach
       der Implementierung einschätzen können,“ sagt [2][Eva Kiltz,]
       Geschäftsführerin des [3][Verbandes unabhängiger Musikunternehmen].
       
       Tatsächlich könnten Musiker und Labels diese Rechte bei Verletzung im
       digitalen Raum nicht durchsetzen. „Die Bundesregierung prüft hier nicht
       einmal mögliche Vorschläge, anstatt diejenigen Unternehmen in die
       Verantwortung zu nehmen, die sich an den massenhaften Rechtsverletzungen
       bereichern“, findet Kilz.
       
       Ihre Kritik zielt auf den – vergangene Woche von der schwarz-gelben
       Koalition ins Parlament eingebrachten – Gesetzvorschlag im Hinblick auf
       „unseriöse Geschäftspraktiken“. Der Vorschlag richtet sich insbesondere
       gegen Kanzleien und Rechtsanwälte, die mit inflationär [4][versandten
       Abmahnungen (illegale Downloads)] viel Geld verdienen.
       
       Als „Verlängerung der Galgenfrist“ beurteilt der [5][Berliner Musiker
       Kristof Schreuf], die Entscheidung der Bundesregierung zur Verlängerung .
       „Es wirkt, als würde man einen Ozean beruhigen wollen, in dem man einen
       Holzpflock in den Meeresboden rammt.“ Schreuf ist sich sicher, dass das
       Urheberrecht in der digitalen Welt verändert werden muss. Aber: „Künstler
       durch Urheberrechte zu bezahlen, ist weiterhin zeitgemäß. Falls nicht, soll
       der [6][Filesharer Kim Schmitz] in Zukunft selbst singen.“
       
       26 Apr 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.jerzy-montag.de/
   DIR [2] http://www.c-o-pop.de/cnb-convention/programm/item/257-eva-kiltz
   DIR [3] http://vut.de/vut/
   DIR [4] /Kommentar-Urheberrecht/!115204/
   DIR [5] http://www.buback.de/konzerte/kristof-schreuf.php
   DIR [6] /Megaupload-Gruender-vs-USA/!112048/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Julian Weber
       
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