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       # taz.de -- Prozess gegen Offenburger Neonazi: Einfach draufgehalten
       
       > Ein Rechter überfährt einen Antifaschisten - angeblich aus Notwehr. Er
       > wird freigesprochen. Nun rollt der Bundesgerichtshof den Fall neu auf.
       
   IMG Bild: „Strafloser Notwehrexzess“? Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat Zweifel
       
       Der Prozess gegen einen südbadischen Neonazi, der einen jungen Linken
       schwer verletzt hatte, muss neu verhandelt werden. Das entschied nun der
       Bundesgerichtshof (BGH). Der Freispruch aus erster Instanz wurde
       aufgehoben.
       
       Im Oktober 2011 wartete der Offenburger Neonazi an einem Parkplatz bei
       Freiburg. Der damals 29-Jährige sollte Besucher zu einer rechten Szeneparty
       lotsen. Die Antifa hatte jedoch Wind davon bekommen und versuchte, das zu
       verhindern.
       
       Eine Gruppe von fünf jungen Leuten lief vermummt auf Stech zu. Stech
       startete seinen Wagen und fuhr auf die Gruppe zu. Ein 21-jähriger Schüler
       wurde dabei frontal erfasst und schwer verletzt. Wochenlang musste er in
       einer Reha-Einrichtung das Sprechen wieder lernen.
       
       Wenige Tage zuvor hatte Stech, der damals NPD-Mitglied war, in einer
       Facebook-Kommunikation davon geschwärmt, wie schön es wäre, eine „Zecke“ in
       Notwehr zu töten: „ich warte ja nur darauf, dass einer mal angreift! dann
       kann ich ihn endlich mal die klinge fressen lassen!“
       
       Die Staatsanwaltschaft Freiburg klagte Stech daraufhin wegen versuchter
       Tötung an. Doch das Freiburger Landgericht sprach ihn im Juli 2012 frei. Da
       Stech rechtswidrig angegriffen wurde, habe eine Notwehrsituation bestanden
       
       ## Einfach in eine andere Richtung fahren können
       
       Dabei hätte er zwar in eine andere Richtung wegfahren können – und auch
       müssen, um keine Lebensgefahr für die Angreifer zu verursachen. Diese
       Überschreitung der zulässigen Notwehr sei jedoch in Panik erfolgt,
       argumentierte Stech. Das Landgericht hielt das für nicht widerlegbar und
       billigte Stech einen straflosen „Notwehrexzess“ zu.
       
       Über die Revision der Staatsanwaltschaft und der Antifa-Nebenkläger
       verhandelte jetzt der BGH. „Mit solchen Urteilen ist dem Faustrecht Tür und
       Tor geöffnet“, argumentierte Nebenklägeranwalt Jens Janssen. Stechs Anwalt
       Ulf Köpcke, ein liberaler Strafverteidiger, betonte: In der Revision müsse
       die Beweiswürdigung des Landgerichts akzeptiert werden.
       
       Der BGH hob den Freispruch auf. Das Landgericht habe sich nicht mit der
       Frage auseinandergesetzt, ob Stech überhaupt mit Verteidigungswillen
       gehandelt hat. Nach den Gewaltfantasien sei es „nicht fernliegend, dass er
       den Angriff nur zum Anlass genommen hat, um selbst Gewalt auszuüben“, sagte
       Richter Norbert Mutzbauer.
       
       Das Landgericht Freiburg muss nun ganz neu verhandeln.
       
       25 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
       ## TAGS
       
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